21.11.2024
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Dokument-Nr. 17008

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Urteil18.09.2013Amtsgericht Erfurt910 Js 1195/13 48 Ds
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NStZ 2014, 160Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2014, Seite: 160
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Amtsgericht Erfurt Urteil18.09.2013

Anblasen mit Zigarettenrauch: Glaswurf zur Beendigung eines Rauchangriffs vom Notwehrrecht gedecktAnblasen mit Zigarettenrauch stellt Körper­ver­letzung und Beleidigung dar

Wer jemanden aus nächster Nähe Zigarettenrauch ins Gesicht bläst, begeht sowohl eine Körper­ver­letzung als auch eine Beleidigung. Dem Opfer steht in einem solchen Fall daher ein Notwehrrecht zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Erfurt hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2012 beobachtete eine Studentin in einer Diskothek, dass zwei Gäste trotz des Rauchverbots rauchten. Sie ging daher zu den Rauchern hin und forderte sie auf das Rauchen zu unterlassen. Die Raucher ignorierten jedoch die Studentin, so dass diese ihre Aufforderung wiederholte. Daraufhin kam einer der Raucher aggressiv auf sie zu und blies ihr aus einer Entfernung von unter einem Meter spürbar feuchten Zigarettenqualm ins Gesicht. Um eine weiteren Rauchangriff abzuwehren, warf sie ein in ihrer Hand befindliches Glas auf den Raucher. Das Glas traf diesen oberhalb der rechten Augenbraue, so dass er eine Prellung erlitt. Aufgrund dieses Vorfalls erhob die Staats­an­walt­schaft gegen die Studentin Anklage wegen gefährlicher Körper­ver­letzung.

Keine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körper­ver­letzung

Das Amtsgericht Erfurt verneinte eine Strafbarkeit der Studentin wegen gefährlicher Körper­ver­letzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) aufgrund des Wurfes mit dem Glas. Zwar habe sie den Straftatbestand verwirklicht. Sie habe jedoch in Notwehr und damit nicht rechtswidrig gehandelt.

Glaswurf vom Notwehrrecht gedeckt

Notwehr ist die Verteidigung, so das Amtsgericht weiter, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich abzuwenden (§ 32 StGB). Ein rechtwidriger Angriff sei in dem provozierenden Anrauchen mit zuvor bereits inhalierten und damit mit Atemluft und Speichel vermengten Zigarettenrauch gegen das Gesicht der Studentin zu sehen gewesen. Es habe nicht nur eine hinzunehmende Bagatelle, sondern eine Beein­träch­tigung des körperlichen Wohlbefindens und der Gesundheit vorgelegen. Denn mit Spucke versehener Zigarettenrauch enthalte nicht nur krebserregende Stoffe, sondern auch potentielle Viren und Bakterien (LG Bonn, Urt. v. 09.12.2011 - 25 Ns 555 Js 131/09 - 148/11). Daher stelle das Anrauchen mit Zigarettenqualm aus nächster Nähe nicht nur eine Beleidigung, sondern auch eine Körper­ver­letzung dar.

Glaswurf war geeignet und erforderlich zur Beendigung des Angriffs

Der Glaswurf sei zudem nach Auffassung des Amtsgericht geeignet und erforderlich gewesen den Rauchangriff erfolgreich und dauerhaft zu beenden. Der Studentin habe auch kein milderes und gleich effektiveres Mittel zur Abwehr zur Verfügung gestanden. Ein demütigendes Zurückweichen sei dem Angegriffenen jedenfalls nicht zuzumuten. In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten gewesen, dass im Rahmen des Notwehrrechts keine Abwägung zwischen den betroffenen Rechtsgütern stattfindet.

Quelle: Amtsgericht Erfurt, ra-online (vt/rb)

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