23.11.2024
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Amtsgericht Düsseldorf Urteil31.01.2019

Ankunfts­ver­spätung von über drei Stunden aber unter vier Stunden rechtfertigt keine Kürzung der EntschädigungFlugge­sell­schaft kann sich nicht auf Art. 7 Abs. 2 c) der Flug­gast­rechte­verordnung berufen

Erreicht ein Flug sein Ziel mit einer Verspätung von über drei Stunden aber noch unter vier Stunden, so rechtfertigt dies keine Kürzung der Ent­schädi­gungs­zahlung um 50 %. Die Flugge­sell­schaft kann sich nicht auf Art. 7 Abs. 2 c) der Flug­gast­rechte­verordnung (VO) berufen. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall erreichte im August 2018 ein Flug aus Florida seinen Zielort Düsseldorf mit einer Verspätung von über drei Stunden. Vier Fluggäste beanspruchten daraufhin von der Fluggesellschaft eine Entschä­di­gungs­zahlung von jeweils 600 Euro. Die Flugge­sell­schaft wies dies zurück. Ihrer Meinung nach könne sie die Entschä­di­gungs­zahlung wegen der Verspätung gemäß Art. 7 Abs. 2 c) VO um 50 % kürzen, da der Flug nicht mehr als vier Stunden verspätet war. Die Flugge­sell­schaft zahlte daher nur jeweils 300 Euro. Die Fluggäste waren damit nicht einverstanden und erhoben daher Klage auf Zahlung des Restbetrages.

Anspruch auf volle Entschä­di­gungs­zahlung

Das Amtsgericht Düsseldorf entschied zu Gunsten der Kläger. Ihnen stehe gemäß Art. 7 Abs. 1 c) VO ein Anspruch auf jeweils 600 Euro als Entschädigung für die Verspätung zu. Die Beklagte dürfe die Entschä­di­gungs­zahlung nicht gemäß Art. 7 Abs. 2 c) VO um 50 % kürzen.

Kein Recht zur Kürzung der Entschädigung um 50 %

Unmittelbar komme Art. 7 Abs. 2 c) VO nicht zur Anwendung, so das Amtsgericht, da die Vorschrift eine Nicht­be­för­derung oder Annullierung voraussetze. Bei einer nur verspätet durchgeführten Beförderung liege aber keine Nicht­be­för­derung oder Annullierung vor. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Zwar stehen nach einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil v. 19.11.2009 - C-402/07 und C-432/07 -) die Beein­träch­ti­gungen eines Fluggastes bei einer Verspätung ab drei Stunden denen einer Annullierung gleich. Dies rechtfertige aber nicht den Anwen­dungs­bereich der Vorschrift auf Fälle der großen Verspätung zu erweitern.

Keine entsprechende Anwendung von Art. 7 Abs. 2 c) VO

Eine entsprechende Anwendung von Art. 7 Abs. 2 c) VO für Flugver­spä­tungen würde nach Ansicht des Amtsgerichts zunächst im Wesentlichen nur für Langstre­ckenflüge gelten, während sie für Kurzstre­ckenflüge gar nicht und für Mittel­stre­ckenflüge nur eingeschränkt zur Anwendung kommen würde. Es sei aber nicht nachvollziehbar, weshalb die Flugge­sell­schaft nur bei einer bestimmten Art von Flügen eine Privilegierung erhalten solle. Eine solche Differenzierung sei nicht sachgerecht und stelle Reisende, die von einer Flugverspätung betroffen seien, nicht vollständig mit Reisenden gleich, welche von einer Annullierung oder Nicht­be­för­derung betroffen seien. Eine solche Gleichstellung habe der Gerichtshof der Europäischen Union mit seiner Entscheidung jedoch erreichen wollen.

Kein Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke

Es fehle nach Auffassung des Amtsgerichts auch an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn die Lücke sei nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union entstanden. Der Gesetzgeber habe trotz der Entscheidung keine inhaltlichen Änderungen an der Flugga­st­rech­te­ver­ordnung vorgenommen.

Kürzung des Anspruchs korrespondiert mit Erhöhung des Anspruchs bei längerer Verspätung

Schließlich gab das Amtsgericht zu bedenken, dass man bei Kürzung des Entschä­di­gungs­an­spruchs aufgrund einer Verspätung unter vier Stunden konse­quen­terweise denn Reisenden auch eine Erhöhung des Anspruchs zubilligen müsse, wenn die Verspätung weit über drei Stunden hinausgehe.

Quelle: Amtsgericht Düsseldorf, ra-online (vt/rb)

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