Dokument-Nr. 18988
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- RRa 2007, 125Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa), Jahrgang: 2007, Seite: 125
Amtsgericht Bruchsal Urteil18.10.2006
Kein kostenloses Stornierungsrecht bei einzelnem Terroranschlag in ägyptischen BadeortTerroranschlag in Ägypten keine unvorhersehbare höhere Gewalt
Kommt es in einem ägyptischen Badeort zu einem Terroranschlag, so rechtfertigt dies nicht eine kostenlose Stornierung der Reise gemäß § 651 j Abs. 1 BGB. Insofern liegt keine unvorhersehbare höhere Gewalt vor. Dies hat das Amtsgericht Bruchsal entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2005 buchte eine Frau für sich und drei weitere Mitreisende eine Pauschalreise nach Hurghada. Dabei handelt es sich um einen ägyptischen Badeort am Roten Meer. Einige Tage später ereignete sich in einem anderen Badeort in Ägypten ein Sprengstoffanschlag auf ein Hotel, ein Café und einem Basar. Dabei starben mindestens 64 Menschen. Die Frau stornierte daraufhin die Reise. Die Reiseveranstalterin machte aufgrund der Stornierung Kosten in Höhe von 717 EUR geltend. Die Frau sah nicht ein für die Kosten aufzukommen. Sie verwies darauf, aufgrund höherer Gewalt die Reise habe kostenlos stornieren zu dürfen. Die Reiseveranstalterin erhob schließlich Klage auf Zahlung.
Anspruch auf Kostenerstattung
Das Amtsgericht Bruchsal entschied zu Gunsten der Reiseveranstalterin. Ihr stehe ein Anspruch auf die geltend gemachten Kosten zu. Ein Kündigungsrecht aufgrund einer erheblichen Gefährdung der Reise infolge unvorhersehbarer höherer Gewalt habe nicht bestanden.
Vorliegen höherer Gewalt für ganz Ägypten zweifelhaft
Zwar können Terroranschläge als höhere Gewalt zu werten sein, so das Amtsgericht. Es sei aber aufgrund des auf einen örtlich begrenzten Bereich verübten Anschlags zweifelhaft, ob ein Vorliegen höherer Gewalt für ähnlich strukturierte Touristengebiete in Ägypten oder gar für ganz Ägypten bejaht werden könne.
Terroranschläge in ägyptischen Touristengebieten nicht unvorhersehbar
Zudem sei eine Gefährdung von Reisenden durch Anschläge nach Auffassung des Amtsgerichts nicht unvorhersehbar. Denn es sei allgemein bekannt, dass es aufgrund der politischen Verhältnisse in Ägypten immer wieder zu Terroranschlägen in Touristengebieten komme. Ein Tourist müsse in Ägypten damit rechnen, dass sich immer wieder einmal ein terroristischer Anschlag in dieser Größenordnung ereignet.
Erneuter Terrorakt in kurzem Zeitabstand unwahrscheinlich
Nach Ansicht des Amtsgerichts sei darüber hinaus die Reise nicht erheblich gefährdet gewesen. Denn es sei wenig wahrscheinlich, dass bereits kurze Zeit nach Terroranschlägen in einem großen Badeort in einem anderen großen Badeort derartige Anschläge versucht werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.03.2018
Quelle: Amtsgericht Bruchsal, ra-online (vt/rb)
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