18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 12591

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Amtsgericht Bremerhaven Urteil26.05.1992

Veraltetes Heizungssystem begründet Mietmangel - Fehlende Hoftür, defekter Treppen­licht­schalter, undichte Wohnungs­ein­gangstür und nicht abschließbare Hoftür sind BagatellenMieter können Anpassung an moderne Standards vom Vermieter erwarten / 10 % Mietminderung

Auch die Mieter von Altbauwohnungen mit offensichtlich veralteten Standards im Bereich der Beheizbarkeit dürfen eine allmähliche Anpassung an heutige Standards von ihrem Vermieter verlangen. Andernfalls sind sie zu einer Minderung der Miete berechtigt. Gleichzeitig darf der Vermieter Mieterhöhungen nach erfolgten Moder­ni­sie­rungs­a­r­beiten erheben. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bremerhaven hervor.

Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter, die sich zu einer Mietminderung aufgrund unzureichender Beheizbarkeit der Wohnung berechtigt sahen. In den kalten Monaten Februar und März seien in der Küche 16 Grad Celsius, im Vorraum zum Balkon Null Grad Celsius und in der Toilette 10 Grad Celsius gemessen worden. Dies beruhe vor allem darauf, dass die Heizkörper nicht am jeweiligen Fenster, sondern an einer Seitenwand des jeweiligen Raumes installiert seien. Die Vermieter stimmten einer Neuinstallation der Heizkörper nur unter der Bedingung zu, dass die Umlage der Kosten auf die Miete akzeptiert werde. Dies lehnten die Mieter ab und minderten die monatlichen Mietzahlungen seitdem um 20 Prozent. Die Vermieter klagten daraufhin auf Zahlung der ausstehenden Miete.

Kläger behauptet, Mieter verlange mietzins­neutrale Modernisierung

Die Kläger erklärten, die angeführten Mängel seien nicht zum ersten Mal in dem von den Beklagten angegebenen Zeitraum aufgetreten, so dass es sich in Wahrheit nicht um eine Mängelrüge, sondern um einen mietzins­neutrale Moder­ni­sie­rungs­wunsch handele. Von Mängeln könne überdies nicht die Rede sein, da der Mietzins entsprechend des Alters des Gebäudes niedrig sei und die Beklagten folglich den Heizstandard in der Wohnung akzeptiert hätten.

Belüftungs- und Heizver­hältnisse nach heutigen Standards unzureichend

Das Gericht ermittelte einen Mietmin­de­rungs­an­spruch um 10 Prozent gemäß § 537 Abs. 1 BGB. Nach erfolgter Beweisaufnahme durch einen Sachver­ständigen konnte festgestellt werden, dass die Belüftungs- und Heizver­hältnisse in der Küche, dem Vorraum und in der Toilette in der streit­ge­gen­ständ­lichen Wohnung nach heutigen Standards unzureichend seien. Bei einer Probemessung konnte in einer Raumhöhe von einem Meter eine Temperatur von 18 Grad Celsius gemessen werden, in Fußbodenhöhe jedoch lediglich 10 Grad. Diese extremen Tempe­ra­tur­schicht­ver­hältnisse, die der Sachverständige nach eigenen Angaben als ungemütlich empfunden habe, seien darauf zurückzuführen, dass der Heizkörper nicht am Fenster, sondern an einer Innenwand angebracht sei. Dadurch werde die durch das Fenster eindringende kalte Luft nicht sofort erwärmt, sondern müsse erst zum warmen Heizkörper kriechen, um sich dort zu erwärmen und aufzusteigen. Ebenso seien die Temperaturen in der Toilette aufgrund eines fehlenden Heizkörpers unzureichend.

Vermieter ist zur Anpassung an neue Standards verpflichtet

Der Vermieter sei nach Auffassung des Gerichts verpflichtet, von Zeit zu Zeit altbaubedingte Unzuträg­lich­keiten des Mietobjekts durch Anpassung an neue Standards zu beseitigen. Dies könne im Rahmen von Neuin­ves­ti­tionen oder ohnehin irgendwann fälliger Ersat­z­in­ves­ti­tionen erfolgen. Diese Verpflichtung könne der Vermieter auch nicht mit der Begründung von sich weisen, der Mieter habe bei Abschluss des Mietvertrages gewusst, dass es sich um einen Altbau handele. Der Mieter dürfe eine Anpassung an neue Standards über die Zeit erwarten. Wird der Vermieter dieser Erwartung nicht gerecht, so erwachse dem Mieter daraus ein Recht auf Mietminderung. Gleichzeitig sei es jedoch auch das Recht des Vermieters, Inves­ti­ti­o­ns­kosten auf die Miete im Rahmen des Mieter­hö­hungs­ge­setzes umzuschlagen.

Undichte Wohnungstür, nicht abschließbare Hoftür, fehlende Hofbeleuchtung und defekter Treppen­licht­schalter

Neben dem veralteten Heizungssystem ärgerten die Mieter sich auch über andere Mängel. So sei die Wohnungs­ein­gangstür undicht und zugig gewesen. Die Hoftür sei nicht abschließbar gewesen und eine Hofbeleuchtung habe gefehlt. Zudem habe der Treppen­licht­schalter an der Hauseingangstür nicht funktioniert. Erst nach einigen Monaten seien diese Mängel behoben worden.

Das Gericht führte hinsichtlich dieser Mängel aus, dass es sich hierbei um Bagatellen handele. Diese würden die Tauglichkeit der Wohnung allenfalls in einem unerheblichen Ausmaß beeinträchtigen und würden deshalb gemäß § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht zu einer Mietminderung berechtigen.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Bremerhaven (vt/st)

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