Dokument-Nr. 9721
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- NJW 2000, 1877Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2000, Seite: 1877
- NZM 2000, 33Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2000, Seite: 33
- WuM 1999, 452Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 1999, Seite: 452
Amtsgericht Bonn Urteil09.03.1999
Rauchen auf dem Balkon gehört zum normalen MietgebrauchKein Rauchverbot auf dem Balkon
Mieter dürfen auf ihren Balkonen rauchen, da diese ebenfalls mit zur Wohnung gehören. Andere Mieter oder der Vermieter können auch dann nichts dagegen einwenden, wenn der Rauch in die darüber liegende Wohnung zieht. Dies hat das Amtgericht Bonn entschieden.
Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall stritten die Mieter eines Mehrfamilienhauses untereinander. Ein Bewohner (Beklagter) rauchte gelegentlich auf seinem Balkon Zigarren. Dies störte eine Mitbewohnerin. Da dieser Balkon des Rauchers unter dem ihrigen lag, stiegen dann die Rauchschwaden zu ihr nach oben. Sie klagte daher gegen ihren Nachbarn und verlangte gerichtlich, dass ihm das Rauchen auf dem Balkon untersagt werde. Dabei berief sie sich auf gesundheitliche Beeinträchtigungen durch den Qualm.
Richter: Keine Rechtsgrundlage für Rauchverbot auf dem Balkon
Das Amtsgericht Bonn wies ihre Klage ab. Für ein solches Verbot gäbe es keine Rechtsgrundlage, meinte das Gericht.
Unannehmlichkeiten durch Rauch vom Balkon muss der Nachbar hinnehmen
Die Klägerin habe keinen Abwehranspruch in Bezug auf das von ihr beanstandete Rauchen von Zigarren auf dem Balkon, führte das Gericht aus. Dabei verkenne das Gericht nicht, dass Tabakrauch von Nichtrauchern als störend und lästig empfunden werde. Die von aufgehendem Rauch durch Rauchgenuss auf dem Balkon von der Klägerin registrierten Unannehmlichkeiten habe sie gleichwohl hinzunehmen. Dies gelte auch, soweit sie - gestützt auf die ärztliche Bescheinigung wegen einer Neigung zu Migräneanfällen und polyvalenter Allergien - gesundheitliche Beeinträchtigungen geltend mache.
Kein Recht auf tabakrauchfreies Wohnen im Wohngebiet
Zwischen den Parteien bestehe lediglich ein so genanntes gesetzliches Schuldverhältnis. Dies bedeute, dass ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf ihr Verhalten zueinander im gemeinsam bewohnten Mehrfamilienhaus ausschließlich durch die geltenden Rechtsnormen geregelt seien. Diese erlegen dem Beklagten entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung die von ihr erstrebten Beschränkungen beim Rauchgenuss nicht auf. Vielmehr gelte: Tabakrauchfreies Wohnen in verdichtetem Wohngebiet (Mehrfamilienhaus) vermag ihr die geltende Rechtsordnung nicht zu gewährleisten.
Rauchen auf dem Balkon erlaubt
Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen, ob und inwieweit die in Art. 2 GG für den Beklagten streitende allgemeine Handlungsfreiheit Einschränkungen erfahren müsse, sei die Tatsache, dass das Rauchen in der Gesellschaft akzeptiert sei. Soweit der Beklagte auf dem Balkon seiner Wohnung, damit praktisch "im Freien" rauche, bewege er sich im Rahmen der ihm von der Verfassung für sein Verhalten eröffneten Freiräume.
Klägerin muss eigene Maßnahmen treffen, damit der Rauch nicht mehr in ihre Wohnung dringt
So wie die Klägerin bei dieser Ausgangslage nicht verhindern könne, dass ein Sparziergänger vor dem Haus stehen bleibe und sich dort eine Zigarre anzünde, deren aufsteigender Rauch u.a. auch in ihre Räumlichkeiten dringt, dass Kraftfahrzeuge vor der Wohnung der Klägerin verkehren, deren Abgase u.a. auch in ihre Wohnung dringen, habe sie aus Rechtsgründen den Rauchgenuss des Beklagten auf dem Balkon seiner Wohnung hinzunehmen. Das bedeutet, dass die Klägerin, empfindet sie den gelegentlich aufsteigenden Tabakrauch - jedenfalls subjektiv - als so lästig und ihre Gesundheit beeinträchtigend, dafür Sorge tragen müsse, durch geeignete Maßnahmen das Eindringen von Tabakrauch in ihre Wohnung zu verhindern.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.06.2010
Quelle: ra-online, Amtsgericht Bonn
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