18.10.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 9721

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Urteil09.03.1999Amtsgericht Bonn6 C 510/98
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2000, 1877Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2000, Seite: 1877
  • NZM 2000, 33Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2000, Seite: 33
  • WuM 1999, 452Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 1999, Seite: 452
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ergänzende Informationen

Amtsgericht Bonn Urteil09.03.1999

Rauchen auf dem Balkon gehört zum normalen MietgebrauchKein Rauchverbot auf dem Balkon

Mieter dürfen auf ihren Balkonen rauchen, da diese ebenfalls mit zur Wohnung gehören. Andere Mieter oder der Vermieter können auch dann nichts dagegen einwenden, wenn der Rauch in die darüber liegende Wohnung zieht. Dies hat das Amtgericht Bonn entschieden.

Im der Entscheidung zugrunde liegenden Fall stritten die Mieter eines Mehrfa­mi­li­en­hauses untereinander. Ein Bewohner (Beklagter) rauchte gelegentlich auf seinem Balkon Zigarren. Dies störte eine Mitbewohnerin. Da dieser Balkon des Rauchers unter dem ihrigen lag, stiegen dann die Rauchschwaden zu ihr nach oben. Sie klagte daher gegen ihren Nachbarn und verlangte gerichtlich, dass ihm das Rauchen auf dem Balkon untersagt werde. Dabei berief sie sich auf gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen durch den Qualm.

Richter: Keine Rechtsgrundlage für Rauchverbot auf dem Balkon

Das Amtsgericht Bonn wies ihre Klage ab. Für ein solches Verbot gäbe es keine Rechtsgrundlage, meinte das Gericht.

Unannehm­lich­keiten durch Rauch vom Balkon muss der Nachbar hinnehmen

Die Klägerin habe keinen Abwehranspruch in Bezug auf das von ihr beanstandete Rauchen von Zigarren auf dem Balkon, führte das Gericht aus. Dabei verkenne das Gericht nicht, dass Tabakrauch von Nichtrauchern als störend und lästig empfunden werde. Die von aufgehendem Rauch durch Rauchgenuss auf dem Balkon von der Klägerin registrierten Unannehm­lich­keiten habe sie gleichwohl hinzunehmen. Dies gelte auch, soweit sie - gestützt auf die ärztliche Bescheinigung wegen einer Neigung zu Migräneanfällen und polyvalenter Allergien - gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen geltend mache.

Kein Recht auf tabak­rauch­freies Wohnen im Wohngebiet

Zwischen den Parteien bestehe lediglich ein so genanntes gesetzliches Schuld­ver­hältnis. Dies bedeute, dass ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf ihr Verhalten zueinander im gemeinsam bewohnten Mehrfa­mi­li­enhaus ausschließlich durch die geltenden Rechtsnormen geregelt seien. Diese erlegen dem Beklagten entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechts­auf­fassung die von ihr erstrebten Beschränkungen beim Rauchgenuss nicht auf. Vielmehr gelte: Tabak­rauch­freies Wohnen in verdichtetem Wohngebiet (Mehrfa­mi­li­enhaus) vermag ihr die geltende Rechtsordnung nicht zu gewährleisten.

Rauchen auf dem Balkon erlaubt

Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen, ob und inwieweit die in Art. 2 GG für den Beklagten streitende allgemeine Handlungs­freiheit Einschränkungen erfahren müsse, sei die Tatsache, dass das Rauchen in der Gesellschaft akzeptiert sei. Soweit der Beklagte auf dem Balkon seiner Wohnung, damit praktisch "im Freien" rauche, bewege er sich im Rahmen der ihm von der Verfassung für sein Verhalten eröffneten Freiräume.

Klägerin muss eigene Maßnahmen treffen, damit der Rauch nicht mehr in ihre Wohnung dringt

So wie die Klägerin bei dieser Ausgangslage nicht verhindern könne, dass ein Sparziergänger vor dem Haus stehen bleibe und sich dort eine Zigarre anzünde, deren aufsteigender Rauch u.a. auch in ihre Räumlichkeiten dringt, dass Kraftfahrzeuge vor der Wohnung der Klägerin verkehren, deren Abgase u.a. auch in ihre Wohnung dringen, habe sie aus Rechtsgründen den Rauchgenuss des Beklagten auf dem Balkon seiner Wohnung hinzunehmen. Das bedeutet, dass die Klägerin, empfindet sie den gelegentlich aufsteigenden Tabakrauch - jedenfalls subjektiv - als so lästig und ihre Gesundheit beein­träch­tigend, dafür Sorge tragen müsse, durch geeignete Maßnahmen das Eindringen von Tabakrauch in ihre Wohnung zu verhindern.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Bonn

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