Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Urteil20.07.2016
Anbau einer Terrasse nebst bodentiefen Fenstern an Erdgeschosswohnung stellt aufgrund Durchgangsverkehrs und Müllstandsfläche keine Modernisierung darWohnungsmieter nicht zur Duldung der Baumaßnahme verpflichtet
Der Anbau einer Terrasse nebst bodentiefen Fenstern stellt für eine Erdgeschosswohnung keine Modernisierung im Sinne von § 555 b Nr. 4 BGB dar, wenn die Wohnung von Durchgangsverkehr betroffen ist und sich in der Nähe eine Müllstandsfläche befindet. Eine Duldungspflicht gemäß § 555 d Abs. 1 BGB besteht für die Mieter daher nicht. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg hervor.
In dem zugrunde liegenden Fall plante eine Vermieterin im November 2015 an einer in einem Hinterhaus gelegenen Erdgeschosswohnung eine Terrasse nebst bodentiefen Terrassentüren anzubauen. Ihrer Meinung nach werde dadurch der Gebrauchswert der Wohnung nachhaltig erhöht. Denn durch die Terrasse verbessere sich die Attraktivität der Wohnung. Dies sahen die Mieter der Erdgeschosswohnung jedoch anders. Sie führten an, dass Bewohner und Besucher des Gartenhauses an ihrer Wohnung vorbei müssten. Zudem verwiesen die Mieter darauf, dass in ca. 3-5 Metern Entfernung eine Müllstandsfläche existiert. Die Terrasse verbessere daher keineswegs die Attraktivität der Wohnung. Da die Mieter sich weigerten die Baumaßnahme zu dulden, erhob die Vermieterin Klage auf Duldung.
Kein Anspruch auf Duldung des Terrassenanbaus
Das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg entschied gegen die Vermieterin. Ihr stehe kein Anspruch auf Duldung des Terrassenanbaus gemäß § 555 d Abs. 1 BGB zu, da eine zu duldende Modernisierungsmaßnahme nicht vorliege.
Keine Erhöhung des Gebrauchswertes der Erdgeschosswohnung
Zwar seien mit dem Anbau einer Terrasse regelmäßig Vorteile verbunden, so das Amtsgericht. So vergrößere sich die Nutzfläche, es können Wäscheständer oder andere Gegenstände auf der Terrasse abgestellt werden und es bestehe die Möglichkeit des Aufenthalts im Freien. Dennoch liege keine Modernisierungsmaßnahme im Sinne von § 555 b Nr. 4 BGB vor. Denn der Gebrauchswert der Mietsache sei nicht nachhaltig erhöht worden. Durch den Terrassenanbau werde die Privatsphäre eingeschränkt. Es liege nicht im erhöhten Interesse eines Mieters über eine Terrasse nebst bodentiefen Türen mit Blick auf eine nahe sowie emittierende Müllstandsfläche verbunden mit Durchgangsverkehr zu verfügen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.05.2017
Quelle: Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, ra-online (vt/rb)