Der Branchenbuchanbieter verlangte von dem beklagten Unternehmer die vertraglich vereinbarte Vergütung für dessen Eintragung in das Internetbranchenverzeichnis www.oertliche-branchenbuch.com. Als Grundlage nannte die Klägerin den schritlichen Auftrag des Beklagten. Nach dem Text dieses Formulars sollte eine Vertragsbeziehung mit einer Laufzeit von zwei Jahren zustande kommen. Für die Eintragung in das Branchenverzeichnis sollte ein jährlicher Betrag von 804 Euro im voraus bezahlt werden.
Das Amtsgericht wertete die Rechtslage eindeutig: Es besteht keine Vertragsbeziehung. Deshalb hat die Klägerin auch keinen vertraglichen Erfüllungsanspruch, und der Beklagte Unternehmer hat Anspruch auf die gerichtliche Feststellung, dass der Klägerin auch über die Klageforderung hinaus keine weiteren vertraglichen Ansprüche zustehen.
Das Gericht ließ einen Anspruch der Klägerin schon daran scheitern, dass sie nicht nachgewiesen habe, dass sie überhaupt der Vertragspartner sei. Sie firmiere unter der Gesellschaftsform der englischen Limited (Ltd.). In dem englischen Handelsregister bzw. im britischen Companieshause seien aber zwei juristische Personen mit sehr ähnlicher Firmenbezeichnung eingetragen. Deshalb bleibe im Ergebnis unklar, wer Vertragspartner habe werden sollen.
Darüber hinaus ergebe sich zur Überzeugung des Gerichts auch eindeutig, dass es die hinter dem Vertragsformular stehenden Personen ganz gezielt auf eine Täuschung der jeweiligen Kunden angelegt haben. Das Gericht stützte diese Auffassung auf folgende Erwägungen: In Deutschland gebe es ein markenrechtlich geschütztes Kommunikationsverzeichnis - "Das Örtliche" -, das von rund 100 privaten Verlagen zusammen mit der Deutschen Telekom als Printprodukt in mehr als 1.000 verschiedenen Ausgaben seit vielen Jahren auf den Markt gebracht werde.
Der dazu gehörige Internetauftritt gehöre zu den 15 in Deutschland am meisten genutzten Kommunikationsverzeichnissen und sei weit verbreitet und allgemein bekannt. Was hingegen die Klägerin zur Verfügung stelle, sei ein reines Internetverzeichnis, über dessen Nutzungsumfang im Verhältnis zu anderen Kommunikationsverzeichnissen keine zuverlässigen Angaben vorliegen.
Mit der Gestaltung des Vertragsformulars und dem Auftreten der zur Anwerbung beschäftigten Personen versuche die Klagepartei offensichtlich, diesen erheblichen Unterschied zu verschleiern und eine gedankliche Verbindung bei dem flüchtigen Lesen zu dem bekannten Kommunikationsverzeichnis "Das Örtliche" herzustellen.
Das Internetverzeichnis der Klägerin sei aber - im Gegensatz zu den lokalen Printausgaben von "Das Örtliche" - genau das Gegenteil von "örtlich", weil es sich als einheitliches Verzeichnis an einen überregionalen Nutzerkreis wende. Die Bezeichnung "örtlich" gebe für das Verzeichnis der Klägerin keinen Sinn und könne nur dazu dienen, eine gedankliche Verbindung zu dem Branchenbuch der Telekom herzustellen.
Das Gericht führte weiter aus, dass sich die gleiche Irreführung aus dem von der Klägerin verwendeten Begriff "Branchenbuch" ergebe. Denn das Verzeichnis sei - anders als die Druckausgabe des seit langer Zeit existierenden Adressverzeichnisses der Telekom - offensichtlich kein "Buch". Auch hier gebe die Verwendung des Begriffs nur als Assoziation zu dem Buch "Das Örtliche" einen Sinn.
Die Deutsche Bundespost, aus der die Deutsche Telekom hervorging, verwendete als einprägsames Logo (z.B. auf ihren Telefonhäuschen) eine stilisierte Darstellung eines Telefonhörers. Die Klägerin verwende auf ihrem Formular rechts oben nun gerade ebenfalls dieses Logo des Telefonhörers. Dies solle offensichtlich ebenfalls eine Assoziation zur Deutschen Telekom herstellen, weil ein Telefonhörer im Zusammenhang mit einem Internetverzeichnis überhaupt keinen Sinn ergebe. Das Internet werde bekanntlich nicht mit Hilfe eines Telefonhörers genutzt.
Die textliche Gestaltung des Vertragsformulars suggeriere bei oberflächlicher Betrachtungsweise auch keinen neuen Auftrag, sondern die Bezugnahme auf ein bereits bestehendes Vertragsverhältnis. Deshalb sei ganz fett gedruckt sogar zweifach die Bitte zur "Ergänzung" von Daten enthalten, während sich die Bezeichnung des Vertragspartners nur bei gründlichster Lektüre im Kleingedruckten auffinden lasse.
Die arglistige Täuschung, also das bewusste Täuschen eines anderen lasse sich aber an Händen greifen mit der von der Klägerin verwendeten salvatorischen Klausel. Der Klägerin sei offensichtlich bewusst, dass es in einer Reihe von Fällen zu irrtümlichen Vorstellungen des unterzeichnenden Kunden über die Identität seines Vertragspartners komme. Anstatt dann alles zu tun, um einen solchen erkennbaren Irrtum von vornherein auszuschließen, also durch einen hervorgehobenen Druck auf den Vertragspartner ausdrücklich hinzuweisen, verstecke die Klägerin diesen Hinweis am Ende des Kleingedruckten zwischen anderen Erklärungen. Die Klägerin sehe also hier genau ein Aufklärungsbedürfnis, zeige aber durch ihr Verhalten, dass sie nicht aufklären wolle.
Nach alledem hatte das Gericht keinen Zweifel daran, dass der Beklagte sich bei Unterzeichnung des Formulars in einem Irrtum über den Inhalt der abgegebenen Erklärung befand. Aus den Gesamtumständen ergibt sich, dass die Klägerin diesen Irrtum durch ein arglistiges Verhalten hervorgerufen hat. Die vom Beklagten erklärte Anfechtung war damit begründet und hat eine Vertragsbeziehung, soweit sie bestanden hat, zunichte gemacht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.07.2011
Quelle: ra-online, Amtsgericht Augsburg (vt/we)