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Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil18.09.2006
Eine bestimmte Falzung der Stimmzettel stellt keine Wahlbeeinflussung darVerfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz bestätigt Landtagswahl vom 26.03.2006
Die Falzung der Stimmzettel bei der rheinland-pfälzischen Landtagswahl am 26. März 2006 stellt keine unzulässige Wahlbeeinflussung dar. Dies entschied der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Die anlässlich der Landtagswahl an die Wählerinnen und Wähler im Rahmen der Briefwahl übersandten und in den Wahllokalen ausgeteilten Stimmzettel waren von unten nach oben in so genannter Wickelfalzung zusammengelegt. Durch das teilweise Umklappen des unteren Teils nach vorne waren die auf dem unteren Teil der Stimmzettel abgedruckten Parteien ab Listenplatz 10 sowie die für diese Parteien antretenden Direktkandidaten abgedeckt. Um alle Wahlvorschläge sichtbar zu machen, musste der untere Teil des Stimmzettels aufgeklappt werden. Zwei Wähler aus Ludwigshafen und Rhens sowie die zur Wahl angetretene Partei DIE GRAUEN/Graue Panther beanstandeten diese Falzung. Sie habe den unteren Teil der Stimmzettel nahezu verschlossen. Dadurch seien die Wahlkreisbewerber und Parteien, die - wie die Partei DIE GRAUEN/Graue Panther - hintere Listenplätze eingenommen hätten, von einer Vielzahl von Stimmberechtigten nicht wahrgenommen und infolgedessen benachteiligt worden. Die hiergegen beim Wahlprüfungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtages erhobenen Wahlbeanstandungen blieben ohne Erfolg. Der daraufhin angerufene Verfassungsgerichtshof wies die Wahlprüfungsbeschwerden zurück. Der Vorsitzende führte zur Begründung aus:
Der von den Beschwerdeführern allein geltend gemachte Wahlfehler der unzulässigen amtlichen Wahlbeeinflussung liege nicht vor. Ein ausdrückliches Verbot, vorgefaltete Stimmzettel an die Stimmberechtigten auszugeben, sei weder im Landeswahlgesetz noch in der Landeswahlordnung enthalten. Allerdings sei unmittelbar aus den in der Verfassung für Rheinland-Pfalz niedergelegten Grundsätzen der Freiheit und Gleichheit der Wahl das Verbot amtlicher Wahlbeeinflussung abzuleiten. Gegen dieses Verbot wäre vorliegend insbesondere verstoßen worden, wenn Wahlorgane durch die vorgegebene Wickelfalzung der Stimmzettel unter Verletzung der ihnen obliegenden Neutralitätspflicht vor oder bei der Stimmabgabe auf die Willensbildung der Stimmberechtigten zielgerichtet parteiergreifend zugunsten oder zu Lasten von Wahlbewerbern eingewirkt hätten. Das sei nicht der Fall gewesen.
Es fehle bereits an einer zielgerichteten Einflussnahme der Wahlorgane. Die Falzung der Stimmzettel habe ausschließlich der Praktikabilität und guten Handhabung gedient. Der Stimmzettel habe aufgrund der Zahl der zugelassenen Wahlvorschläge und zur ausreichenden Lesbarkeit das Format DIN A 4 überschreiten müssen. Um gleichwohl ein problemloses Einlegen des Stimmzettels in den durch die Landeswahlordnung vorgeschriebenen Wahlumschlag der Größe DIN C 6 sicherzustellen, sei er durch die vorgegebene Wickelfalzung zunächst auf DIN A 4 Größe gebracht worden. Somit hätten die Wählerinnen und Wähler ihn nach der Stimmabgabe nur noch zweimal hälftig falten müssen, um ihn in den Umschlag stecken zu können.
Darüber hinaus sei es den Wählerinnen und Wählern zuzumuten, sich den ihnen überlassenen Stimmzettel sorgfältig und gründlich anzusehen und die Notwendigkeit des Aufklappens des Stimmzettels zu erkennen. Die Verfassung für Rheinland-Pfalz gehe nämlich vom Leitbild des mündigen, verständigen und sein Wahlrecht verantwortungsbewusst ausübenden Wahlbürgers aus. Mit ihrer Rolle als Souverän sei es nicht zu vereinbaren, wenn Wählerinnen und Wähler die Erfassung des Inhalts des gesamten Stimmzettels nicht als in ihrer Verantwortung liegende Aufgabe verstünden und insoweit nahe liegende Überlegungen nicht anstellten. Dies gelte umso mehr, als die Falzung von Stimmzetteln bereits von anderen Wahlen, vor allem Bundestags- und Europawahlen, hinreichend bekannt sei. Außerdem habe im Vorfeld der Landtagswahl mehrfach die Möglichkeit bestanden, sich mit dem Stimmzettel und dessen Inhalt vertraut zu machen. Beispielsweise sei in den öffentlichen Wahlbekanntmachungen der Kommunen auf den Inhalt des Stimmzettels hingewiesen worden. Zudem musste ein Muster des Stimmzettels am oder im Eingang der Gebäude angebracht werden, in denen sich jeweils der Wahlraum befand. Von dem mündigen und aufgeschlossenen Durchschnittswähler - einschließlich des Briefwählers - sei zu erwarten, dass er wenigstens eine dieser Informationsmöglichkeiten nutze.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 18.09.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 07/06 des VGH Rheinland-Pfalz vom 18.09.2006
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