Dokument-Nr. 109
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Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Entscheidung13.12.2004
Rheinland-Pfalz: Verfassungsgerichtshof bestätigt Studiengebühr für Seniorenstudenten
Die Einführung von Studiengebühren für Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, steht mit der Landesverfassung in Einklang. So entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz.
Das rheinland-pfälzische Hochschulgesetz garantiert grundsätzlich ein gebührenfreies Erststudium und setzt damit eine entsprechende Vorgabe im Hochschulrahmengesetz des Bundes um. Allerdings ist eine so genannte Studienkontenregelung vorgesehen, die dazu führt, dass Langzeitstudenten nach dem Aufbrauchen ihres Kontos Studiengebühren zahlen müssen. Ferner besteht eine Altersgrenze für die Studienkonten: Sie werden nur bis zu dem Semester geführt, das sich an die Vollendung des 60. Lebensjahres anschließt. Danach verfallen die "Guthaben" und eine Studiengebühr wird fällig. Sie beträgt zurzeit für jedes Semester 650,00 €.
Der 64 Jahre alte Beschwerdeführer ist als ordentlicher Studierender an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz immatrikuliert. Aufgrund seines Lebensalters hat er eine Studiengebühr in o.g. Höhe zu zahlen. Seiner Auffassung nach ist die Altersgrenze willkürlich, weil sie die Studierenden ohne sachliche Rechtfertigung in zwei Gruppen unterteile, obwohl es sich stets um Personen handele, die ihr Wissen vermehren wollten.
Der Verfassungsgerichtshof wies diese Verfassungsbeschwerde nunmehr zurück: Trotz der im Hochschulrahmengesetz grundsätzlich garantierten Gebührenfreiheit des Erststudiums sei das Land Rheinland-Pfalz befugt gewesen, die hier umstrittene Regelung zu erlassen. Denn das Hochschulrahmengesetz erlaube Ausnahmen von der Gebührenfreiheit in besonderen Fällen, zu denen ein Seniorenstudium zähle.
Die Gebührenpflicht stehe auch mit dem in der Landesverfassung gewährleisteten Recht auf freien Zugang zu den Hochschulen in Einklang. Aus dem Verfassungsrecht lasse sich keine abschließende Aussage über die finanziellen Voraussetzungen für ein Hochschulstudium herleiten. Die Entscheidung hierüber obliege vielmehr dem Gesetzgeber, der sie unter gerechter Abwägung mit den übrigen Belangen der Gemeinschaft zu treffen habe. Werde eine von der Gesamtheit der Steuerpflichtigen finanzierte Einrichtung durch einen eingeschränkten Nutzerkreis in Anspruch genommen, dürfe dafür im Interesse einer gerechten Lastenverteilung regelmäßig eine Gebühr erhoben werden. Gemessen daran sei die angefochtene Gebührenregelung nicht zu beanstanden. Dies gelte erst recht im Hinblick auf die nähere Ausgestaltung der Gebührenhöhe. Die festgesetzte Gebühr stehe nicht außer Verhältnis zum Aufwand des Staates und dem Nutzen der Studierenden. Zudem bestehe für die Seniorstudenten die Möglichkeit, die Hochschule im Gasthörerstatus in Anspruch zu nehmen; hierfür seien je Semester lediglich Gebühren zwischen 120,00 und 250,00 € vorgesehen.
Die von dem Beschwerdeführer angegriffene Unterscheidung zwischen den von Gebühren freigestellten Studenten auf der einen und den gebührenpflichtigen Seniorstudenten auf der anderen Seite verletze auch nicht den Gleichbehandlungsgrundsatz, betonten die Verfassungsrichter. Mit der Gebührenfreiheit des Erststudiums verfolge der Gesetzgeber das Ziel, junge Menschen aller gesellschaftlichen Schichten für das Hochschulstudium zu gewinnen. Der gesellschaftliche Nutzen des Studiums bestehe darin, dass die hierbei erworbene Qualifikation im anschließenden Berufsleben Anwendung finde und damit auch der Allgemeinheit zugute komme. Der sachliche Grund für die Vergünstigung liege also in dem Bezug der akademischen Ausbildung zum anschließenden Berufsleben. Insoweit stehe nicht das Bildungsinteresse des Einzelnen im Vordergrund, sondern die Qualifizierung für den Beruf und das anschließende Berufsleben. Dieser gesellschaftliche Nutzen falle bei älteren Studenten zwangsläufig geringer aus, wobei die Altersgrenze für das gebührenfreie Studium habe typisierend festgelegt werden dürfen. Diese Bewertung durch den Gesetzgeber sei angesichts der begrenzten Möglichkeiten öffentlicher Haushalte verfassungsrechtlich hinzunehmen, heißt es in der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2005
Quelle: Pressemeldung des VGH Rheinland-Pfalz vom 10.01.2005
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