15.11.2024
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Dokument-Nr. 1996

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Urteil25.01.2006Verfassungsgerichtshof Rheinland-PfalzVGH B 1/05
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Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Urteil25.01.2006

Kommunaler Finanzausgleich für ausländische Stati­o­nie­rungs­kräfte verfas­sungs­widrig

Mit der verfas­sungs­rechtlich garantierten Selbst­ver­waltungs- und Finan­z­ausstat­tungs­ga­rantie steht es nicht in Einklang, dass der Landes­ge­setzgeber bei der Ermittlung des Finanzbedarfs einer Gemeinde, in der ausländische Streitkräfte stationiert sind, die nicht kasernierten Soldaten im Gegensatz zu den Familien- und Zivilan­ge­hörigen dieser Streitkräfte unberück­sichtigt lässt. Dies entschied der Verfas­sungs­ge­richtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Nach dem rheinland-pfälzischen Finan­z­aus­gleichs­gesetz erhalten Gemeinden Schlüs­sel­zu­wei­sungen, um einen Ausgleich zwischen dem Finanzbedarf und der unter­schied­lichen Finanzkraft der Kommunen zu schaffen. Wesentlicher Maßstab ist dabei die Einwohnerzahl der Gemeinde. Daneben werden besondere Belastungen berücksichtigt, darunter solche, die mit der Stationierung ausländischer Streitkräfte verbunden sind. Dazu werden allerdings nur die Familien- und Zivilan­ge­hörigen der ausländischen Streitkräfte erfasst. Die nicht kasernierten Soldaten finden demgegenüber – wie im Übrigen auch die kasernierten Soldaten – keine Berück­sich­tigung.

Von dieser Regelung ist - neben anderen - auch die Ortsgemeinde Bann betroffen. Sie hatte zunächst vor den Verwal­tungs­ge­richten erfolglos eine höhere Schlüs­sel­zu­weisung für das Jahr 2001 mit der Begründung begehrt, bei deren Festsetzung müssten von Verfassungs wegen auch die nicht kasernierten Soldaten der ausländischen Stati­o­nie­rungs­kräfte berücksichtigt werden, weil sie die von der Gemeinde vorgehaltenen Einrichtungen (Sportanlagen usw.) in gleichem Maße nutzten wie die ebenfalls nicht kasernierten Familien- und Zivilan­ge­hörigen der ausländischen Streitkräfte. Der von der Ge­meinde Bann danach erhobenen Verfas­sungs­be­schwerde gab der Verfas­sungs­ge­richtshof statt und verpflichtete den Gesetzgeber, bis zum 31. Dezember 2007 eine verfas­sungs­gemäße Regelung zu treffen.

Die Landes­ver­fassung gewährleiste den Gemeinden das Recht auf Selbst­ver­waltung und verpflichte das Land, den Kommunen die zur Erfüllung dieser Aufgabe erforderlichen Mittel im Wege des Lasten- und Finan­z­aus­gleichs zu sichern. Zwar sehe die Verfassung keine bestimmte Ausgestaltung des kommunalen Finan­z­aus­gleichs vor. Im Rahmen seiner Gestal­tungs­freiheit müsse der Gesetzgeber aber das Gebot interkommunaler Gleich­be­handlung beachten. Durch die Entscheidung für ein bestimm­tes Vertei­lungs­system binde und verpflichte er sich, mit den selbst gewählten Zuteilungs- und Ausgleichs­maß­stäben eine im Grundsatz folgerichtige, wider­spruchsfreie Ausgleichs­kon­zeption zu schaffen und sie einzuhalten. Diesen Anforderungen werde es nicht gerecht, bei der Ermittlung des Finanzbedarfs einer Gemeinde die nicht kasernierten Soldaten ausländischer Stati­o­nie­rungs­kräfte im Gegensatz zur Gruppe der Familien- und Zivilan­ge­hörigen unberück­sichtigt zu lassen.

Nach der Grundkonzeption des Landes­fi­nan­z­aus­gleichs­ge­setzes werde der Finanz­bedarf einer Gemeinde im Wesentlichen durch die Zahl der mit Hauptwohnsitz gemeldeten Einwohner bestimmt, für die die kommunalen Leistungen in erster Linie erbracht oder vorgehalten würden. Wenn das Gesetz daneben auch die nicht den deutschen Melde­vor­schriften unterliegende Gruppe der Familien- und Zivil­an­ge­hörigen der ausländischen Stati­o­nie­rungs­kräfte berücksichtige, so geschehe dies ersichtlich aus der Erwägung, dass deren Lebens­ge­wohn­heiten denen der gemeldeten Einwohner nahe kämen. Die damit zugleich verbundene „Ausklammerung“ der nicht kasernierten Soldaten ausländischer Stati­o­nie­rungs­kräfte stelle keine folgerichtige Umsetzung der vom Gesetzgeber selbst gewählten Konzeption des Lasten- und Finan­z­aus­gleichs dar. Vielmehr liege eine System­wid­rigkeit vor, die nicht durch hinreichend plausible Gründe gerechtfertigt sei. In der Lebens­wirk­lichkeit lasse sich nicht feststellen, dass die in der Gemeinde wohnhaften, nicht kasernierten Soldaten die kommunalen Einrichtungen in geringerem Maße nutzten als die Familien- und Zivilan­ge­hörigen der ausländischen Streitkräfte.

Diese System­wid­rigkeit sei auch nicht mehr aus verwal­tung­s­prak­tischen Gründen vertretbar. Denn unter den aktuellen Bedingungen sei ein signifikanter Unterschied in der statistischen Erfassbarkeit der nicht kasernierten Soldaten im Vergleich zu den Familien- und Zivilan­ge­hörigen für den Verfas­sungs­ge­richtshof nicht erkennbar. Der Gesetzgeber sei verfas­sungs­rechtlich verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2007 eine verfas­sungs­gemäße Regelung zu treffen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 04/06 des VGH Rheinland-Pfalz vom 03.03.2006

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