22.11.2024
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Dokument-Nr. 5677

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Beschluss26.02.2008Verfassungsgerichtshof BerlinVerfGH 28A/08
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Verfassungsgerichtshof Berlin Beschluss26.02.2008

Verfas­sungs­ge­richtshof stoppt Verpflichtung der taz zum Abdruck einer Gegen­dar­stellung des Polizei­prä­si­denten

Der Verfas­sungs­ge­richtshof des Landes Berlin hat eine presse­rechtliche Gegen­dar­stellung, die der Polizei­prä­sident in Berlin von der "Tageszeitung" (taz) verlangt, vorläufig gestoppt und die Fortführung der Zwangs­voll­streckung gegen die taz durch eine einstweilige Anordnung untersagt.

Die Gegen­dar­stellung des Polizei­prä­si­denten richtet sich gegen einen Artikel in der taz vom 28. November 2007. Darin wurde unter der Überschrift „Polizei ermittelt in den eigenen Reihen“ darüber berichtet, dass ein Gespräch eines krank­ge­schriebenen Beamten des Spezi­al­ein­satz­kom­mandos (SEK) mit einem Journalisten in einer Bäckerei in Großbeeren/Brandenburg dazu geführt habe, dass gegen alle im Raum Großbeeren wohnenden SEK-Beamten Ermitt­lungs­ver­fahren eröffnet worden seien. In diesem Zusammenhang wurde auch berichtet, wie viele Anzeigen gegen Polizisten wegen Körper­ver­letzung im Amt in den Jahren 2005 und 2006 von der Polizei bearbeitet und vor Prozes­ser­öffnung von der Staats­an­walt­schaft eingestellt worden seien sowie in wie vielen Strafverfahren es zu Freisprüchen gekommen sei.

Der Polizei­prä­sident forderte die taz am 5. Dezember 2007 zur Veröf­fent­lichung einer Gegen­dar­stellung auf. Darin ließ er im Wesentlichen erklären, dass kein einziges Ermitt­lungs­ver­fahren gegen SEK-Beamte wegen des Treffens mit einem Journalisten eingeleitet worden sei. Auch seien die berichteten Zahlen über von Polizisten begangene Körper­ver­let­zungen im Amt und hierzu eingestellte Strafverfahren im Jahr 2006 falsch (zu hoch) angegeben worden.

Am 20. Dezember 2007 hat das Landgericht Berlin der taz im Wege einstweiliger Verfügung aufgegeben, die Gegen­dar­stellung abzudrucken. Am 10. Januar 2008 hat es wegen Nichtabdrucks der Gegen­dar­stellung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro verhängt und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, für je angefangene 500 Euro einen Tag Zwangshaft gegen den Geschäftsführer der taz angeordnet.

Der Verfas­sungs­ge­richtshof hat nun auf Antrag der Zeitung die weitere Vollstreckung ausgesetzt. Er hat ausgeführt, den Schutz der Pressefreiheit garantiert die Verfassung von Berlin zwar nur "innerhalb der Gesetze". Hierzu zählt die Vorschrift des Pressegesetzes von Berlin, die auch staatlichen Stellen wie dem Polizei­prä­si­denten in Berlin als Behörde ein Recht auf Gegen­dar­stellung einräumt. Wie weit dieser gesetzliche Anspruch mit Rücksicht auf den grund­recht­lichen Schutz der Presse reicht, ist aber bisher vom Verfas­sungs­ge­richtshof nicht entschieden und bedarf näherer verfas­sungs­recht­licher Prüfung in dem gleichzeitig eingeleiteten Verfas­sungs­be­schwer­de­ver­fahren. Bis zur Entscheidung über die Verfas­sungs­be­schwerde muss die taz die Gegen­dar­stellung nicht abdrucken.

Maßgeblich für diese vorläufige Entscheidung ist eine Folgenabwägung, die der Verfas­sungs­ge­richtshof im Ergebnis zugunsten der Zeitung getroffen hat: Trotz der inzwischen unstreitigen Unrichtigkeit der beanstandeten Berich­t­er­stattung überwiegen die Interessen der taz, die Gegen­dar­stellung vorläufig nicht abdrucken zu müssen, insbesondere weil der Abdruck einer Gegen­dar­stellung generell einen nur schwer ausgleichbaren Imageschaden für das zum Abdruck verpflichtete Presse­un­ter­nehmen bewirken kann. Dagegen ist der Gegen­dar­stel­lungs­an­spruch des Polizei­prä­si­denten lediglich einfach­rechtlich durch das Landes­pres­serecht eingeräumt und bei dem festgestellten Sachverhalt nicht von solchem Gewicht, dass die widerspruchslos bleibende falsche Berich­t­er­stattung mit einem vergleichbaren Ansehensverlust der Behörde verbunden wäre oder sonst unerträglich erschiene.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VerfGH Berlin vom 27.02.2008

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