14.11.2024
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Dokument-Nr. 3823

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Urteil19.02.2007Verfassungsgerichtshof BerlinVerfGH 168/06 und VerfGH 169/06
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Verfassungsgerichtshof Berlin Urteil19.02.2007

Politiker scheitern mit Klage auf Einzug in das Berliner Abgeord­ne­tenhausVerteilung der Ausgleichs­mandate bei Abgeord­ne­ten­h­auswahl vom 17. September 2006 auf Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig

Zwei Berliner Politiker sind mit ihrer Klage auf Einzug in das Berliner Abgeord­ne­tenhaus gescheitert. Die Verteilung der Ausgleichs­mandate bei Berliner Abgeord­ne­ten­h­auswahl vom 17. September 2006 auf Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig. Das hat der Berliner Verfas­sungs­ge­richtshof entschieden.

Der Landes­wahl­aus­schuss hat das Ergebnis der Wahl vom 17. September 2006 zutreffend festgestellt. Die von ihm mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 vorgenommene Verteilung der Ausgleichs­mandate auf die Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig. Die der Verteilung zugrunde liegende Berech­nungs­methode führt den im Landes­wahl­gesetz enthaltenen Grundgedanken folgerichtig weiter, wonach die einer Partei zustehenden Mandate gemäß dem Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare-Niemeyer auf deren Bezirkslisten verteilt werden sollen. Dagegen führt die von dem Landes­wahl­leiter noch bei der Berechnung des vorläufigen Wahlergebnisses angewandte Berech­nungs­methode zu einer im Widerspruch zur Grund­ent­scheidung des Landes­ge­setz­gebers stehenden weiteren Stärkung gerade derjenigen Wahlkreis­verbände, die bereits über die größten Stimmen- und damit Mandatsanteile verfügen. Mit dieser Begründung wies der Verfas­sungs­ge­richtshof des Landes Berlin die Einsprüche zweier nach dem festgestellten Endergebnis nicht in das Abgeord­ne­tenhaus gewählter Politiker zurück, die auf Bezirkslisten der FDP bzw. der CDU kandidiert und nach dem vorläufigen Wahlergebnis vom Landes­wahl­leiter noch als gewählte Abgeordnete benannt worden waren.

Der Berliner Verfas­sungs­ge­richtshof verwarf damit die von dem Landes­wahl­leiter bevorzugte Berechnung der Ausgleichs­man­dats­zu­teilung, wonach die Anzahl der Zweitstimmen in jedem Wahlkreis­verband lediglich mit der Zahl der zu vergebenden Ausgleichs­mandate multipliziert und dann durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen der Partei aus allen Wahlkreis­ver­bänden geteilt worden war. Stattdessen entschieden sich die Verfas­sungs­richter für die vom Landes­wahl­aus­schuss gewählte Methode, nach der die Anzahl der Zweitstimmen in jedem Wahlkreis­verband mit der Zahl der insgesamt zu verteilenden Mandate - Grundmandate und Überhangmandate und Ausgleichs­mandate - einer Partei multipliziert und dann durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen der Partei aus allen Wahlkreis­ver­bänden geteilt wird.

Die Richter betonten, dass diese Methode nicht nur zu einer systemgerechten Berechnung und Verteilung der Ausgleichs­mandate führe, sondern auch durch den Grundsatz der Chancen­gleichheit der Wahlbewerber geboten sei. Dies belege auch ein Vergleich der nach den beiden in Frage stehenden Berech­nungs­me­thoden für den Erwerb eines Mandats benötigten Stimmen. Auf der Grundlage der vom Landes­wahl­leiter bevorzugten Berech­nungs­methode benötige beispielsweise ein Kandidat auf der Bezirksliste Charlottenburg-Wilmersdorf der CDU im Fall der Zuteilung des in Frage stehenden Ausgleichs­mandats auf diese Bezirksliste lediglich 7.200 Stimmen. Für ein von der Bezirksliste Marzahn-Hellersdorf der CDU gewonnenes Mandat wären dagegen insgesamt 12.658 Stimmen abgegeben worden. Demgegenüber seien die erforderlichen Stimmenzahlen bei der vom Landes­wahl­aus­schuss vorgenommenen Berechnung deutlich angenähert: Für die Bezirksliste Charlottenburg-Wilmersdorf seien es 9.000 Stimmen pro Mandat, für die Bezirksliste Marzahn-Hellersdorf 6.329 Stimmen pro Mandat.

Gegen die vom Landes­wahl­aus­schuss vorgenommene Berechnung spreche auch nicht, dass sich bei Anwendung des Verfahrens in rechnerischen Randbereichen eine von der Verteilung der Grundmandate abweichende Sitzverteilung ergeben könne. Zwar sei dem Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare-Niemeyer systemimmanent, dass dasselbe Stimmenergebnis bei einer Erhöhung der Gesamt­man­datszahl in Ausnahmefällen zu einem Verlust eines Mandats führen könne (sog. "Alabama-Paradoxon"). Mit den Regelungen des Landes­wahl­ge­setzes sei es jedoch vereinbar, wenn in dem Fall, in dem die entsprechend der Berechnung des Landes­wahl­aus­schusses vorgenommene Verteilung der Ausgleichs­mandate auf die Bezirkslisten bei einer dieser Listen tatsächlich einmal zu einer niedrigeren Mandatszahl im Vergleich zur ursprünglichen Verteilung der Grund- und Überhangmandate nach den Vorschriften des Landes­wahl­ge­setzes führte, die betroffene Bezirksliste mit ihrer Zweit­stim­menzahl und den bereits zugewiesenen Mandaten einschließlich etwaiger Überhangmandate aus der Berechnung genommen und die Berechnung erneut ohne sie durchgeführt werde.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 19.02.2007

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