15.11.2024
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Dokument-Nr. 3283

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Urteil02.11.2006Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg8 S 1269/04
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil02.11.2006

Landesmesse Stuttgart: Keine weiteren Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft erforderlichKeine weiteren Ausgleichs­maß­nahmen für Laufkäfer und Vögel

Der Planfest­stel­lungs­be­schluss für die Landesmesse Stuttgart muss nicht um weitere Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft ergänzt werden. Der VGH Baden-Württemberg hat einen vom BUND Baden-Württemberg e.V. (Kläger) im Berufungs­ver­fahren gestellten Antrag zurückgewiesen.

Das Landes­na­tur­schutz­gesetz verpflichtet den Verursacher von Eingriffen in Natur und Landschaft - hier die im Verfahren beigeladene Projekt­ge­sell­schaft Neue Messe - , unvermeidbare Beein­träch­ti­gungen vorrangig auszugleichen oder - nachrangig - in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen); soweit beides nicht in Betracht kommt, ist eine für Natur­schutz­zwecke zu verwendende Ausgleichs­abgabe zu entrichten. Im Berufungs­ver­fahren hat der Kläger vor allem noch geltend gemacht, dass für den durch den Bau der Landesmesse bewirkten Verlust der Lebensräume speziell der auf Äckern lebenden sogenannten Laufkäfer und Vögel zusätzliche Ausgleichs­maß­nahmen zu treffen seien.

Dem ist der Senat - wie bereits das Verwal­tungs­gericht Stuttgart - unter anderem aus folgenden Gründen nicht gefolgt: Die Planfest­stel­lungs­behörde sowie die Projekt­ge­sell­schaft Neue Messe hätten plausibel gemacht, dass zugunsten der Laufkäfer schon keine weiteren Ausgleichs­maß­nahmen mehr ergriffen werden könnten. Soweit noch Äcker vorhanden seien, auf denen beispielsweise Brachestreifen zur Verbesserung der Lebens­be­din­gungen der Laufkäfer angelegt werden könnten, seien diese zwischen 800 m und 1,6 km vom Messegelände entfernt und von diesem zudem noch durch stark befahrene Straßen getrennt. Angesichts des typischerweise kleinräumigen Aktionsradius der Laufkäfer würde es daher an dem für eine Ausgleichs­maßnahme notwendigen räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Ort des Eingriffs fehlen. Daran ändere nichts, dass es auch flugfähige Käferarten gebe. Im Übrigen habe der Planfest­stel­lungs­be­schluss das Ausgleichs­defizit hinsichtlich der Laufkäfer, das durch die Ersatzmaßnahme „Renaturierung der Körschmündung“ kompensiert werde, auch nicht zu niedrig angesetzt. Die Begrünung der Dächer der Hallen, Verbin­dungs­bauten und Parkhäuser sei geeignet, einen Beitrag zum Ausgleich des Eingriffs in die „Laufkäferwelt“ zu leisten. Denn auf den begrünten Flächen, die sich unmittelbar am Ort des Eingriffs befänden, könnten sich mit der Zeit auch Laufkäferarten ansiedeln, die zuvor auf den überbauten Äckern gelebt hätten. Auch sei die Wertigkeit des vor dem Eingriff vorhandenen Bestandes der Laufkäfer und damit der Ausgleichs­bedarf nicht zu gering eingestuft worden. Der Einwand des Klägers, verschiedene - insbesondere seltene - Laufkäferarten seien nur deshalb nicht erfasst worden, weil die Bestands­un­ter­suchung nicht im Frühjahr, sondern im Herbst stattgefunden habe, werde schon dadurch relativiert, dass eine Nachun­ter­suchung im Jahre 2004 mit Frühjahr­s­er­hebung keine anderen Ergebnisse erbracht habe. Außerdem seien geeignete Maßnahmen getroffen worden, um Nachteile einer Herbst­un­ter­suchung auszugleichen und zu aussa­ge­kräftigen Resultaten zu gelangen. Wegen der festgestellten Artenarmut im Bereich der Filder sei schließlich auch plausibel, dass die vorhandene Laufkäferfauna nur mit „gering bis mittel“ bewertet worden sei.

Hinsichtlich der „Vogelwelt“ (Avifauna) sei nicht erkennbar, dass die Einschätzung des Planfest­stel­lungs­be­schlusses, der durch den Bau der Landesmesse bedingte Verlust der Lebenswelt werde durch die festgesetzten Maßnahmen - insbesondere auch zugunsten des Rebhuhns - mehr als ausgeglichen, fachlich nicht mehr vertretbar sei. Die Eingriff­sin­tensität sei insoweit nicht deshalb unterschätzt worden, weil die dem Planfest­stel­lungs­be­schluss vorausgehende Bestand­s­er­hebung nicht im Frühjahr zur Zeit der „Erstbrut“, sondern erst im Juli erfolgt sei. Denn ergänzend zur Julierfassung seien langjährige, auch im Frühjahr durchgeführte Brutvo­gel­be­ob­ach­tungen ortskundiger Fachleute und Daten aus externen Untersuchungen herangezogen worden. Diese Vorgehensweise sei umso weniger zu beanstanden, als der Gutachter der Beigeladenen plausibel dargelegt habe, dass der Brutbestand witte­rungs­bedingt großen Schwankungen unterliege. Nicht zuletzt seien auch insoweit die Ergebnisse durch die Nachun­ter­suchung 2004 mit Frühjahrs­un­ter­suchung bestätigt worden. Schließlich sei auch die Wertigkeit der Teilfläche Lachenäcker II des Eingriffs­gebiets nicht unvertretbar niedrig und die positiven Wirkungen der Ausgleichs­maß­nahmen zugunsten der Vögel durch Anlegung etwa von Brachestreifen auf Äckern nicht unvertretbar hoch bewertet worden; wegen des „Ausgleichs­über­schusses“ bei der Avifauna komme es auf diese beiden Aspekte ohnehin nicht entscheidend an.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen; hiergegen kann der Kläger Beschwerde beim Bundes­ver­wal­tungs­gericht einlegen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 02.11.2006

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