15.11.2024
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Dokument-Nr. 6458

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Urteil20.02.2008Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg13 S 1169/07
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil20.02.2008

Keine Einbürgerung bei bloßem Lippen­be­kenntnis zur freiheitlichen demokratischen GrundordnungAntragsteller muss ausreichend Deutsch­kenntnisse haben, um die Inhalte zu verstehen

Ein Ausländer hat nur dann das für die Einbürgerung erforderliche Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes wirksam abgegeben, wenn er damit jedenfalls grundsätzlich zutreffende Vorstellungen verbindet und den Inhalt der Loyali­täts­er­klärung verstanden hat. Das hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg entschieden und damit ein Urteil des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt, mit dem die Klage abgewiesen worden ist.

Der Kläger stammt aus Sri Lanka und gehört der tamilischen Volksgruppe an. Nach seiner Einreise wurde er 1998 als Asylbe­rech­tigter anerkannt. Im Jahre 2003 beantragte er seine Einbürgerung und gab dabei eine Loyali­täts­er­klärung ab; darin bekannte er sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung und erklärte, dass er keine Bestrebungen verfolge oder unterstütze, die u.a. dagegen gerichtet seien. Der Antrag wurde abgelehnt, weil die Behörden davon ausgingen, dass der Kläger einer Vereinigung angehöre, die der gewalttätigen tamilischen Separa­tis­ten­or­ga­ni­sation LTTE nahe stehe. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klage abgewiesen: In der mündlichen Verhandlung habe sich gezeigt, dass der Kläger nicht über die erforderlichen Deutsch­kenntnisse verfüge und er die Loyali­täts­er­klärung nicht verstanden habe.

Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Einbürgerung. Denn es fehle jedenfalls an dem erforderlichen Bekenntnis des Klägers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes und an einer wirksamen sog. Loyali­täts­er­klärung. Dieses Bekenntnis bezwecke, die Einbürgerung von Verfas­sungs­feinden und die daraus herrührende Gefahr für die staatliche Ordnung zu verhindern. Die persönliche Erklärung solle dem Ausländer die Notwendigkeit einer glaubhaften Hinwendung zu den Grundprinzipien der deutschen Verfas­sungs­ordnung unmittelbar vor seiner Aufnahme in den deutschen Staatsverband vor Augen führen, den er danach mitbilde und mittrage. Deswegen würden mit einem bloß verbalen Bekenntnis die Einbür­ge­rungs­vor­aus­set­zungen nicht erfüllt; das Bekenntnis müsse vielmehr auch inhaltlich zutreffen. Entsprechendes gelte für die zusätzlich abgegebene Loyali­täts­er­klärung. Folglich müsse der Einbür­ge­rungs­be­werber zumindest einfache Grundkenntnisse der freiheitlichen demokratischen Grundordnung besitzen und den Inhalt der von ihm abgegebenen sog. Loyali­täts­er­klärung verstehen. Nur dann würden das Bekenntnis und die Erklärung von einem entsprechenden Bewusstsein getragen.

Hieran fehle es beim Kläger. Zwar dürften die Anforderungen an einen Einbür­ge­rungs­be­werber nicht überspannt werden. Der Kläger habe aber noch nicht einmal rudimentäre Grundkenntnisse über die freiheitliche demokratische Grundordnung, und auch den Inhalt der Loyali­täts­er­klärung habe er offenkundig nicht verstanden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat habe der Kläger eingeräumt, den Inhalt und die Bedeutung der von ihm abgegebenen Loyali­täts­er­klärung nicht verstanden zu haben. Er habe (lediglich) gewusst, dass er sich dem Land gegenüber respektvoll verhalten müsse, also loyal sein müsse gegenüber den Gesetzen, der Polizei und den Gerichten des Landes. Auch derzeit besitze der Kläger keine entsprechenden Kenntnisse. Die Frage des Vorsitzenden nach den politischen Unterschieden zwischen Deutschland und Sri Lanka habe er nicht beantworten können. Auf die weitere Frage, ob er Grundrechte oder Menschenrechte kenne, habe er darauf verwiesen, dass man machen müsse, was einem die Gerichte, das Gesetz oder die Polizei sagten. Damit habe er indes die Bedeutung der Grundrechte grundlegend missverstanden. Mit der Aussage, Mann und Frau seien gleich, habe er ansatzweise den Inhalt eines Grundrechts wiedergegeben. Das reiche aber nicht aus.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 31.07.2008

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