24.11.2024
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Dokument-Nr. 6593

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Urteil13.08.2003Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg13 S 1167/02
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil13.08.2003

Gebühr für die Einbürgerung in Höhe von 255 EUR ist verfas­sungsgemäß

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Gebühr von 255 EUR für Einbürgerungen wegen der außer­or­dent­lichen Bedeutung des Erwerbs der staats­bür­ger­lichen Rechte verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Höhe der Einbür­ge­rungs­gebühr war bereits rechtspolitisch umstritten: Für ausländische Kinder, die am 1.1.2000 das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, bestand nach der Reform des Staats­an­ge­hö­rig­keits­rechts im Jahre 1999 unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch auf Einbürgerung, den sie bis zum 31.12.2000 geltend machen mussten (§ 40 b StAG). Von dieser Möglichkeit machten die betroffenen Eltern nur sehr zögerlich Gebrauch; bis zum Ablauf der Antragsfrist wurde nur für 30.000 der etwa 280.000 Berechtigten ein Einbür­ge­rungs­antrag gestellt. Als ein wesentlicher Grund für die niedrigen Antragszahlen wurde die Einbür­ge­rungs­gebühr in Höhe von damals 500,-- DM angesehen. Daher brachten die Regie­rungs­frak­tionen im Jahre 2001 einen Gesetzentwurf ein, wonach die Antragsfrist auf 31.12.2002 verlängert und die Einbür­ge­rungs­gebühr in allen Fällen der selbständigen Einbürgerung von Kindern auf 100,-- DM abgesenkt werden sollte (Bundes­tags­drucksache 14/5335). Diesem Gesetz hat der Bundesrat jedoch die Zustimmung verweigert (Bundes­rats­drucksache 280/01).

Die 1990 und 1996 geborenen Kläger, deren Eltern italienische Staats­an­ge­hörige sind, beantragten im Februar 2000 ihre Einbürgerung; ihre Eltern stellten keine Einbür­ge­rungs­anträge. Das Landratsamt gab den Anträgen der Kläger im September 2000 statt und setzte eine Gebühr von 1.000 DM (500 DM pro Kind) fest. Die Kläger erhoben Widerspruch und erklärten, dass sie die Einbürgerung wegen der Höhe der Einbür­ge­rungs­gebühr nicht mehr wahrnehmen wollten; nachdem das Landratsamt darauf hingewiesen hatte, dass auch für die Rücknahme der Einbür­ge­rungs­anträge eine Gebühr von 375,-- DM pro Kind fällig werde, beschränkten die Kläger den Widerspruch auf die Gebüh­ren­fest­setzung. Das Regie­rungs­prä­sidium Stuttgart wies den Widerspruch zurück. Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat demgegenüber das beklagte Land dazu verpflichtet, über den Antrag auf Ermäßigung der Einbür­ge­rungs­gebühr erneut zu entscheiden. Der tatsächliche Verwal­tungs­aufwand könne eine Gebühr in dieser Höhe nicht rechtfertigen, zumal hier die beiden Anträge gemeinsam hätten bearbeitet werden können. Außerdem widerspreche eine Gebühr für die Einbürgerung von Kindern in Höhe von 500 DM den Intentionen der Staats­an­ge­hö­rig­keits­reform von 1999. Dieser Auffassung ist der Verwal­tungs­ge­richtshof im Wesentlichen aus folgenden Gründen nicht gefolgt:

Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gezwungen, Gebühren für staatliche Leistungen allein nach dem Prinzip der Kostendeckung zu bemessen. Vielmehr dürfe die Gebühr auch nach dem Nutzen der staatlichen Leistung für den Empfänger bemessen werden, soweit ihre Höhe die tatsächlichen Verwal­tungs­kosten nicht „allzu weit“ übersteige. Diesen Bemes­sungs­kri­terien genüge die allgemeine Einbür­ge­rungs­gebühr von 255 EUR. Zwar entstünden Schätzungen der Länder zufolge bei Einbürgerungen der hier vorliegenden Art durch­schnittliche Verwal­tungs­kosten von nur 200 DM bzw. 250 DM, so dass die Einbür­ge­rungs­ge­bühren den mit der Einbürgerung verbundenen Kostenaufwand um mehr als das Doppelte überschritten. Gleichwohl sei die Einbür­ge­rungs­gebühr angesichts der außer­or­dent­lichen Bedeutung des Erwerbs der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit für den Eingebürgerten gerechtfertigt. Mit dem Statuserwerb sei das Recht zur Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen und ein unein­ge­schränktes Aufent­haltsrecht verbunden; außerdem könne sich der Eingebürgerte auf diejenigen Grundrechte berufen, die nur Deutschen vorbehalten seien. Der Vorteil dieser staats­bür­ger­lichen Rechte sei für alle Eingebürgerten gleich. Es sei daher nicht zu beanstanden, dass die Gebühr für die verschiedenen Einbür­ge­rung­s­tat­stände und bei möglicherweise verschiedenem Verwal­tungs­aufwand einheitlich 255 EUR betrage. Die Kläger könnten schließlich auch nicht eine - vom Gesetz vorgesehene - Gebüh­re­n­er­mä­ßigung oder -befreiung aus „Gründen der Billigkeit“ verlangen. Eine finanzielle Härte hätten sie nicht geltend gemacht. Es stelle auch keine vom Gesetzgeber nicht gewollte Härte in der Sache dar, dass die Gebühr auch bei der selbständigen Einbürgerung von Kindern 255 EUR betrage. Zwar habe die Reform des Staats­an­ge­hö­rig­keits­rechts von 1999 bezweckt, in Deutschland aufwachsenden Kindern ausländischer Eltern aus integra­ti­o­ns­po­li­tischen Gründen einen möglichst frühzeitigen Erwerb der deutschen Staats­an­ge­hö­rigkeit zu ermöglichen. Der Gesetzgeber habe dieses rechts­po­li­tische Ziel jedoch gerade nicht durch eine Herabsetzung der Einbür­ge­rungs­gebühr flankiert und der in diese Richtung gehende Änderungs­entwurf der Regie­rungs­frak­tionen aus dem Jahre 2001 sei gescheitert.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 26.11.2003

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