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Sie sehen einen Personalausweis, der aus einer Brieftasche herausschaut. Davor ist ein stilisierter Fingerabdruck zu sehen.

Dokument-Nr. 34671

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Urteil18.12.2024Verwaltungsgericht Wiesbaden6 K 1563/21.WI
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil18.12.2024

Finge­r­ab­druck­pflicht in Perso­na­l­aus­weisen rechtmäßigOhne die Aufnahme von Fingerabdrücken kann die Ausstellung des Perso­na­l­aus­weises abgelehnt werden

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden hat eine Klage abgewiesen, mit der der Kläger die Ausstellung eines Perso­na­l­aus­weises ohne Speicherung der Fingerabdrücke auf dessen elektronischem Speichermedium (sog. "Chip") begehrte. Die Pflicht zur Speicherung von Fingerabdrücken bei Ausweisen beruht auf der europäischen Verordnung (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 zur Erhöhung der Sicherheit der Perso­na­l­ausweise von Unionsbürgern und der Aufent­halts­do­kumente, die Unionsbürgern und deren Familien­an­ge­hörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben (VO (EU) 2019/1157). Der Kläger trug vor, dass hierdurch seine Grundrechte auf Schutz des Privatlebens nach Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) und auf Schutz perso­nen­be­zogener Daten nach Art. 8 GRCh verletzt würden.

Die 6. Kammer hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren nach Art. 267 AEUV die Frage vorgelegt, ob die Pflicht zur Aufnahme von Fingerabdrücken in Perso­na­l­aus­weisen mit höherrangigem Unionsrecht vereinbar ist. Mit Urteil vom 21.03.2024 - C-61/22 - hatte der EuGH entschieden, dass die Verordnung wegen der Durchführung eines ungeeigneten Gesetz­ge­bungs­ver­fahrens ungültig sei. Die Wirkungen der VO (EU) 2019/1157 würden jedoch aufrecht­er­halten bleiben, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die zwei Jahre ab dem 01.01.2025 nicht überschreiten dürfe, eine neue, im korrekten Gesetz­ge­bungs­ver­fahren erlassene Verordnung, die sie ersetzt, in Kraft trete. In materieller Hinsicht verstoße die Einschränkung der in Art. 7 und Art. 8 GRCh garantierten Rechte nicht gegen den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit, sodass die Verordnung nicht aus diesem Grund ungültig sei.

Das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Wiesbaden, dessen Gründe nun vorliegen, erging im Rahmen einer Beratung vom 18.12.2024. Die Prozess­be­tei­ligten hatten auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Die Ablehnung der Ausstellung eines Perso­na­l­aus­weises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken sei rechtmäßig und verletze den Kläger deshalb auch nicht in seinen Rechten. Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden sei an das Urteil des EuGH, insbesondere bezüglich der Ausführungen zur materiellen Rechtmäßigkeit der VO (EU) 2019/1157 gebunden. Auch bezüglich der im konkreten Verfahren vorliegenden Frage der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Ausstellung eines Perso­na­l­aus­weises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Landes­hauptstadt Wiesbaden sei keine andere Beurteilung geboten. Der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit sei auch im konkreten Fall gewahrt. In der Ablehnung der Ausstellung eines Perso­na­l­aus­weises ohne die Aufnahme von Fingerabdrücken durch die Beklagte liege kein Verstoß gegen Grundrechte. Auch habe das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden für die Entscheidung über den vorliegenden Fall nicht den Fristablauf der Fortgeltung der VO (EU) 2019/1157 oder den Erlass einer neuen Verordnung abwarten müssen. Angesichts der Entscheidung des EuGH im Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren sei die Sache entschei­dungsreif. Der EuGH habe ausdrücklich entschieden, dass die Wirkungen der VO (EU) 2019/1157 aufrecht­er­halten blieben, weshalb im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Anspruch des Klägers auf Ausstellung eines Perso­na­l­aus­weises ohne Speicherung von Fingerabdrücken bestehe. Die Frage, ob sich ein solcher Anspruch möglicherweise in der Zukunft infolge einer Änderung der Rechtslage ergeben könnte, sei im vorliegenden Verfahren nicht von Relevanz.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Kläger kann binnen eines Monats den Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof zu entscheiden hätte.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/pt)

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