14.11.2024
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Dokument-Nr. 5382

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Urteil07.12.2007Verwaltungsgericht Wiesbaden6 E 928/07
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Verwaltungsgericht Wiesbaden Urteil07.12.2007

Speicherung von perso­nen­be­zogenen Daten in der "Hessischen Zirkusdatei" ist rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden hat der Klage von Eigentümern von Zirkusbetrieben, die zugleich Halter von Zirkustieren sind, gegen das Land Hessen stattgegeben, mit der Folge, dass sämtliche die Kläger betreffenden gespeicherten Daten in der Hessischen Zirkusdatei nunmehr zu löschen sind. Nachdem das Land Hessen den von dem Gericht nach ausführlicher Erörterung mit den Beteiligten vorgeschlagenen Vergleich vom 09.10.2007 widerrufen hatte, erfolgte nunmehr die Entscheidung im schriftlichen Verfahren.

Nachdem es bereits im Jahr 1998 Bestrebungen zur Einrichtung einer speziell auf die Bedürfnisse des tierschutz­recht­lichen Vollzuges zugeschnittene zentrale compu­ter­ge­stützte Infor­ma­ti­o­nsdatei gegeben hatte, gegen die damals der Hessische Daten­schutz­be­auf­tragte daten­schutz­rechtliche Bedenken erhoben hatte, wurde die Hessische Zirkusdatei im März 2001 von dem damals zuständigen Hessischen Sozial­mi­nis­terium eingeführt. Dabei sollten ausschließlich Informationen gespeichert werden, die für den tierschutz­recht­lichen Vollzug vor Ort von Bedeutung seien. Es sollten keine perso­nen­be­zogenen Daten erhoben werden, sondern ausschließlich betrie­bs­be­zogene Informationen. Die Daten sollten durch die für den Tierschutz zuständigen Behörden (staatliche Ämter für Lebens­mit­te­l­über­wachung, Tierschutz und Veterinärwesen) im Rahmen ihrer ohnehin zu erfüllenden Überwa­chungs­aufgaben erhoben und an die Landes­tier­schutz­be­auf­tragte zur zentralen Sammlung übermittelt werden.

Die Kläger wandten sich im Februar 2007 an das nunmehr zuständige Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbrau­cher­schutz und begehrten sowohl teilweise Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten in der Hessischen Zirkusdatei als auch die Einstellung dieser Datei.

Mit der vorliegenden Klage wollten die Kläger schließlich - nachdem ihr Begehren auf Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten in der Hessischen Zirkusdatei erfüllt worden war - erreichen, dass das Land Hessen sämtliche Daten über sie in der Hessischen Zirkusdatei löscht.

Das Gericht bestätigte in seinem Urteil den Anspruch der Kläger auf Löschung aller ihrer Daten in der Hessischen Zirkusdatei gemäß § 19 Abs. 4 Hessisches Daten­schutz­gesetz, da die beim Hessischen Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbrau­cher­schutz geführte "Hessische Tierschutzdatei" in ihrer gegenwärtigen Form rechtswidrig sei und die Kläger in ihrem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletze.

Für die Verarbeitung und damit auch Speicherung perso­nen­be­zogener Daten, wie dies in der Hessischen Zirkusdatei geschehe, sei eine hinreichende gesetzliche Ermächtigung notwendig. Eine Verarbeitung perso­nen­be­zogener Daten sei nur zulässig, wenn sie zur rechtmäßigen Erfüllung der in die Zuständigkeit der daten­ver­a­r­bei­tenden Stelle liegenden Aufgaben und für den jeweils damit verbundenen Zweck erforderlich sei. Vorliegend sei die Verarbeitung der Daten für die Behörden erforderlich, welche für die Überwachung nach § 11 Tierschutz­gesetz (Erlaubnis zum Halten von Tieren) zuständig seien. Dies seien nach Auffassung des Gerichts jedoch weder die Landes­be­auf­tragte für den Tierschutz noch das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbrau­cher­schutz, die vorliegend gehandelt hätten.

Zwar dürften nach § 16 Abs. 6 Satz 1 Tierschutz­gesetz perso­nen­be­zogene Daten erhoben werden, soweit dies durch das Tierschutz­gesetz vorgesehen oder ihre Erkenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nach diesem Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes erfasste Rechts­ver­ord­nungen für die erhebende Stelle notwendig sei. Unstreitig zwischen den Beteiligten sei dies die für die Aufsicht nach dem Tierschutz­gesetz zuständige Behörde.

Wer diese zuständige Behörde und damit die zuständige daten­ver­a­r­beitende Stelle sei, regele das Tierschutz­gesetz nicht. Die zuständige Behörde werde vielmehr von jedem Bundesland selbstständig bestimmt. Dies sei in Hessen ursprünglich auch so gewesen. Allerdings sei aufgrund einer Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Tierschutz­rechts im Mai 2007 die zuständige Behörde nach § 16 Abs. 1 Tierschutz­gesetz - anders als bei den früheren Verordnungen - nicht mehr bestimmt. Soweit das beklagte Land die Auffassung vertritt, die zuständige Behörde sei durch das Gesetz zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesen, der Lebens­mit­te­l­über­wachung des Verbrau­cher­schutzes bestimmt worden und unter dem Begriff des Veterinärwesen sei als Oberbegriff auch der Tierschutz miterfasst, vermochte das Gericht dem nicht zu folgen. Bereits im Jahr 2006 sei die Landesregierung selbst noch davon ausgegangen, dass der Tierschutz von dem Veterinärwesen als Oberbegriff nicht erfasst werde und eine Bestimmung der zuständigen Behörde erforderlich sei, da sie eine entsprechende Verordnung erlassen habe. Auch sei diese Auffassung in der Begründung für den Entwurf eines Änderungs­ge­setzes zum Tierschutz­gesetz der Bundesregierung nicht zum Ausdruck gekommen. Eine landes- oder bundes­ge­setzliche Regelung, die den Tierschutz dem Veterinärwesen zuordne, gebe es nicht. Daher könne das Gericht auch nicht feststellen, dass eine zuständige Behörde nach § 16 Abs. 1 Tierschutz­gesetz zur Durchführung des Tierschutz­ge­setzes bestellt sei.

Das Gericht führte weiter aus, selbst wenn man der Auffassung des beklagten Landes folge, wären zuständige Behörden nach Meinung des beklagten Landes die Veterinärämter bei den Landkreisen und kreisfreien Städten, die für die Überwachung nach § 11 Tierschutz­gesetz zuständig seien. Jedenfalls nicht zuständig ist nach Auffassung des Gerichts das Hessische Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbrau­cher­schutz bzw. die Landes­be­auf­tragte für Angelegenheiten des Tierschutzes. Auf diese Problematik sei auch bereits vor der Einführung der Hessischen Zirkusdatei von dem Hessischen Daten­schutz­be­auf­tragten im Jahr 1998 hingewiesen worden.

Mangels eigener Zuständigkeit sei die Erhebung der Daten in der Hessischen Zirkusdatei allenfalls nützlich, aber zur Aufga­be­n­er­füllung durch das Ministerium oder die Landes­tier­schutz­be­auf­tragte nicht erforderlich. Dies werde dadurch bestätigt, dass die Daten auf freiwilliger Basis von den Tierschutz­be­hörden an das Ministerium gemeldet werden sollten. Bei dieser Sachlage hätten die Tierschutz­be­hörden die im Rahmen einer Überprüfung erhobenen Daten erst gar nicht an die Hessische Tierschutzdatei und damit an das Ministerium übermitteln dürfen. Würden, so das Gericht, perso­nen­be­zogene Daten bei einer unzuständigen Behörde gespeichert, für die die Daten auch nicht erforderlich seien, sei die Speicherung schlicht rechtswidrig. Damit sei die Hessische Zirkusdatei in der vorliegenden Form und die Verarbeitung (Speicherung) der darin enthaltenen Daten unzulässig, mit der Folge, dass die Daten gemäß § 19 Abs. 4 Hessisches Daten­schutz­gesetz zu löschen sein.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/2007 des VG Wiesbaden vom 20.12.2007

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