18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil13.10.2008

Rücknahme der Ernennung zum Polizisten wegen arglistiger Täuschung - Fragen zur Kranken­ge­schichte müssen korrekt beantwortet werdenFragen waren zulässig

Die an einen Polizeibewerber gerichteten Fragen nach einer Operation, einem Kranken- und Kuraufenthalt verstoßen weder gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz noch gegen das allgemeine Persön­lich­keitsrecht. Beantwortet der Bewerber diese Fragen wahrheitswidrig, rechtfertigt dies die Rücknahme seiner Ernennung. Das hat das Verwal­tungs­gericht Stuttgart entschieden und die Klage eines Polizei­meis­ter­an­wärters gegen das Land Baden-Württemberg wegen der Rücknahme seiner Ernennung abgewiesen.

Der Kläger bewarb sich Anfang 2005 um die Aufnahme in den Polizeidienst des Landes Baden-Württemberg. Dabei gab er beim Ausfüllen des Fragebogens zur Feststellung seiner Polizei­dienst­taug­lichkeit auf die Frage, ob er durch einen Unfall Verletzungen (z. B. Gehir­n­er­schüt­te­rungen, Schädelbruch) erlitten habe, an: "nur Platzwunde am Kopf vor über 10 Jahren“. Weiter gab er auf entsprechende Fragen an, er sei nie in seinem Leben operiert und nie in einem Krankenhaus und Rehabi­li­ta­ti­o­ns­ein­richtung behandelt worden. In Wahrheit hatte der Kläger 1995 durch einen Schlag mit einem Baseba­ll­schläger eine Hirnblutung und -quetschung erlitten. Er hatte deswegen dreieinhalb Wochen im Krankenhaus gelegen und war anschließend sechs Monate in stationärer, weitere 1 1/2 Jahre in einer ambulanten Rehabilitation gewesen. Das Bereit­schafts­po­li­zei­prä­sidium nahm deshalb im April 2007 die (im März 2006 erfolgte) Ernennung des Klägers zum Polizei­meis­ter­an­wärter zurück, da ihm die erforderliche medizinische und charakterliche Eignung für die Einstellung in den Polizei­voll­zugs­dienst fehle. Hiergegen machte der Kläger u.a. geltend, er habe keine Täuschung beabsichtigt und zahlreiche Dokumente würden hinreichend belegen, dass er schon seit langem wieder vollständig gesund und sogar besonders fit sei.

Fragen waren zulässig

Die 9. Kammer hat die Klage abgewiesen, da der Kläger seine Ernennung durch arglistige Täuschung, nämlich mittels wahrheits­widriger Angaben, herbeigeführt hat. Die falsch beantworteten Fragen seien in der konkreten Situation zulässig gewesen, denn die Prüfung des Gesund­heits­zu­stands eines Ernen­nungs­be­werbers in den Polizei­voll­zugs­dienst sei in besonderer Weise geboten. Die Fragen nach einer Operation, einem Kranken­haus­auf­enthalt und einem Kuraufenthalt ohne zeitliche Beschränkung verstießen nicht gegen das Allgemeine Gleich­be­hand­lungs­gesetz (AGG). Eine gesundheitliche Beein­träch­tigung, wie jene, welche beim Kläger vermutlich vorgelegen habe, sei schon keine Behinderung im Sinne des § 1 AGG. Die Fragen verstießen auch nicht gegen das allgemeine Persön­lich­keitsrecht. So würden die Fragen in einer Situation gestellt, in der der Betroffene sich aus freien Stücken für einen bestimmten Beruf bewerbe. Weiter bildeten die genannten Fragen regelmäßig nur Anhaltspunkte für weitere Untersuchungen. Ein ausreichender Datenschutz sei auch gewährleistet, da die Weitergabe der bei der Untersuchung - einschließlich der dazugehörigen Befragung - gewonnenen Erkenntnisse an Dritte, also auch an den künftigen Dienstherrn, von der Zustimmung des Bewerbers abhängig sei, denn auch der Amtsarzt unterliege der ärztlichen Schweigepflicht. Durch die arglistige Täuschung habe der Kläger auch seine Ernennung herbeigeführt, denn die Behörde hätte bei Kenntnis des wahren Sachverhalts von der Ernennung jedenfalls zu jenem Zeitpunkt Abstand genommen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 12.11.2008

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6982

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI