03.12.2024
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Urteil09.07.2007Verwaltungsgericht Stuttgart7 K 1471/06
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil09.07.2007

Kein Anspruch auf erhöhtes Sitzungsgeld für Verdien­st­ausfälle bei NebeneinkünftenPolitiker scheitert mit Klage gegen Rücknahme der Bewilligung zu höherem Sitzungsgeld

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat die Klage des Stuttgarter Gemeinderats Roland Schmid gegen die Stadt Stuttgart, mit der er die Aufhebung eines Rücknah­me­be­scheides bezüglich der Bewilligung von erhöhtem Sitzungsgeld begehrte, abgewiesen. Das Urteil ist den Beteiligten heute bekanntgegeben worden.

Das Verwal­tungs­gericht hat festgestellt, dass die Bewilligung des erhöhten Sitzungsgelds für den Zeitraum von September 2001 bis Dezember 2004 rechtswidrig war und der Rücknahme der Bewilligung kein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten des Klägers entgegensteht.

Der Kläger hatte zum 01.09.2001 eine Stelle als parla­men­ta­rischer Berater der CDU-Landtags­fraktion in der Besol­dungs­gruppe A 16 angetreten. Er wurde von der Landtags­ver­waltung für die Teilnahme an Gemein­de­rat­s­sit­zungen freigestellt. Zur Begründung seines Antrags auf erhöhtes Sitzungsgeld hatte der Kläger angegeben, er werde infolge freier Zeiteinteilung auf selbstständiger Grundlage einen Teil seiner bisherigen Berufstätigkeit (Haus- und Grund­s­tücks­ver­wal­tungen, Erstellung von Gutachten, Textaus­a­r­bei­tungen und Beratung, Lehrtätigkeiten) fortführen und dadurch ein regelmäßiges Einkommen von etwa 800 DM monatlich erzielen. Bis Dezember 2004 gewährte ihm die Stadt Stuttgart daraufhin das erhöhte Sitzungsgeld, welches für Fälle mandats­be­dingter Verdien­st­ausfälle vorgesehen ist. Der Unter­schieds­betrag zum normalen Sitzungsgeld beläuft sich bei dem Kläger für den fraglichen Zeit-raum auf 27.145 €.

Mit Bescheid vom 13.12.2005 nahm die Stadt Stuttgart die Bewilligung von erhöhtem Sitzungsgeld für den Zeitraum von September 2001 bis Dezember 2004 zurück.

Die 7. Kammer hat entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf erhöhtes Sitzungsgeld zustand. Er habe keinen durch die Ausübung seines Mandats als Gemeinderat bedingten Verdien­st­ausfall glaubhaft gemacht. Einen Verdien­st­ausfall stellten nur solche Einkom­men­s­einbußen dar, die dadurch entstünden, dass durch die kommunale Mandatsausübung die Erwer­b­s­tä­tigkeit eingeschränkt werde. Aufwand­s­ent­schä­di­gungen aus ehrenamtlicher Tätigkeit sowie die Vergütung, die der Kläger für die Verwaltung der Häuser seines Vaters erhalten habe, könnten daher nicht berücksichtigt werden. Hinsichtlich der freiberuflichen Tätigkeiten sei der erlittene Verdien­st­ausfall nicht notwen-dige Folge der Mandatsausübung. Der Kläger hätte die von ihm angeführten Tätigkeiten zeitlich so legen können, dass eine Kollision mit der Gemein­de­rat­s­tä­tigkeit vermieden wird. Schließlich könne ein Verdien­st­ausfall nur bei Einkom­men­s­einbußen angenommen werden, die sich auf ein regelmäßiges Einkommen bezögen und die auch der Höhe nach dem regelmäßigen Einkommen entsprechen. Regelmäßiges Einkommen sei hier das A 16-Gehalt für die Tätigkeit als parla­men­ta­rischer Berater, welches der Kläger weiter bezogen habe. Bei den Beratungs- und Gutach­ter­tä­tig­keiten, die der Kläger angeführt habe, habe es sich zudem nur um vage Pläne gehandelt, deren Verwirklichung völlig offen gewesen sei. Es habe sich um spekulative, bloß erhoffte Einnahmequellen gehandelt.

Das etwaige Vertrauen des Klägers auf den Bestand der rechtswidrigen Bewilligung sei nicht schutzwürdig. Zwar sei ein Vertrau­ens­schutz nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger in wesentlichen Punkten unrichtige und unvollständige Angaben gemacht habe. Denn durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben sei die Bewilligung des erhöhten Sitzungsgeldes nicht erwirkt worden. Dem Kläger hätte auch bei Zugrundelegung seiner unrichtigen Angaben kein erhöhtes Sitzungsgeld bewilligt werden dürfen. Auf der anderen Seite könne der Kläger sich aber nicht darauf berufen, dass er die gewährten Gelder verbraucht habe und deshalb „entreichert“ sei. Seinen Angaben sei nicht zu entnehmen, dass er Luxusausgaben getätigt habe, die er ohne den Bezug des erhöhten Sitzungsgeldes nicht gemacht hätte. Selbst wenn von einem Verbrauch der zu Unrecht gewährten Zahlungen auszugehen wäre, sei die Rücknahme nicht zu beanstanden. Dem öffentlichen Rücknah­me­in­teresse sei wegen der von der Stadt Stuttgart zu Recht angenommenen Vorbildfunktion der Gemeinderäte ein besonderes Gewicht beizumessen. Mit der Vorbildfunktion der Gemeinderäte sei es nicht zu vereinbaren, wenn der Eindruck entstehe, die Mandatsträger könnten ihr Amt dazu nutzen, auf Kosten des steuerzahlenden Bürgers ihnen nicht zustehende finanzielle Vorteile zu erzielen. Es bestehe ein gesteigertes öffentliches Interesse daran, mit der Rücknahme rechtswidrig bewilligter Leistungen der Gefahr eines solchen beim Bürger möglicherweise entstehenden Eindrucks entge­gen­zu­wirken. Das Vertrau­ens­schut­z­in­teresse des Klägers müsse demgegenüber zurücktreten.

Schließlich stehe der Rücknahme nicht entgegen, dass die Stadt Stuttgart eine Mitver­ant­wortung für die rechtswidrige Bewilligung der Leistungen trage, weil sie die Angaben des Klägers nicht näher auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft habe. Nachdem der Fehler der Stadt Stuttgart lediglich darin gelegen habe, dem Kläger leichtfertig zu glauben, liege in der Rücknahme kein treuwidriges Verhalten. Die Stadt Stuttgart habe nicht den Anschein erweckt, dem Kläger das erhöhte Sitzungsgeld zukommen lassen zu wollen, gleichgültig, ob er einen konkreten Verdien­st­ausfall habe oder nicht.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 26.07.2007

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