21.11.2024
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Dokument-Nr. 3657

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil08.11.2006

Keine Starterlaubnis für privaten Hubschrau­ber­lan­deplatz in einem GewerbegebietErfolgreiche Anwohnerklage gegen angeblich geschäftlich genutzten Flugplatz

Wer bei der Gestaltung eines privaten Hubschrau­berstart- und -landeplatzes in einem Gewerbegebiet öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch nimmt und durch die Belastung der Nachbarschaft mit Immissionen über Gebühr auch noch deren Grundstücke gleichsam als notwendiges Umfeld des Start- und Landeplatzes beansprucht, kann sich nicht darauf berufen, er nutze den Hubschrauber geschäftlich. Das hat das Verwal­tungs­ge­richts Stuttgart auf die Klage zweier Anwohner entschieden und die vom Regie­rungs­prä­sidium Stuttgart dem benachbarten Hubschrau­ber­piloten erteilte Außenstart- und -landeerlaubnis aufgehoben.

Der Hubschrau­ber­lan­deplatz (mit Hangar) liegt zwischen dem Grundstück der Kläger, auf dem diese eine Vertriebs- und Montagefirma betreiben, und dem Firmen­grundstück des Piloten. Die Grundstücke liegen in einem als Gewerbegebiet ausgewiesenen Gebiet. Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewer­be­be­trieben. Im September 2005 erteilte das Regie­rungs­prä­sidium Stuttgart dem Piloten die Außenstart- und -landeerlaubnis für Hubschrauber „zum Zwecke der Durchführung von Hubschrau­ber­werks­verkehr für dessen Firma und Geschäfts­partner“. Hiergegen erhoben die Kläger im Oktober 2005 Klage.

Die 3. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts führte aus:

Die vom Regie­rungs­prä­sidiums Stuttgart nach dem Luftver­kehrs­gesetz erteilte Außenstart- und -landeerlaubnis für Hubschrauber sei rechtswidrig, denn sie verstoße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz des Eigentums und der Gesundheit der Kläger dienten. Die Kläger würden durch die Erlaubnis in ihren Eigen­tü­mer­rechten beeinträchtigt. Die Kläger hätten als Eigentümer eines Grundstücks im Gewerbegebiet einen Abwehranspruch gegen die Genehmigung eines erheblich belästigenden Gewerbebetriebs. In diesem Abwehranspruch sei der Schutz vor schädlichen Umwelt­ein­wir­kungen, hier insbesondere durch Geräusche, inbegriffen. Der Hubschrau­ber­betrieb überschreite den Lärmrichtwert tags nach der TA-Lärm erheblich. Der Pilot und das beklagte Land könnten sich auch nicht darauf berufen, dass die Hubschrau­ber­ge­räusche nur kurzeitig und durch die zahlenmäßige Begrenzung der Starts und Landungen (100 pro Jahr) in der Erlaubnis selten auftreten würden. Da hier ein atypischer Fall eines Hubschrau­ber­lan­de­platzes im Gewerbegebiet vorliege, dürften die Lärmrichtwerte nicht schematisch angewendet werden. Der weitere Effekt, dass die Hubschrau­ber­starts und -landungen Luftströme durch die Rotorabwinde des Hubschraubers erzeugten, die in den Minuten der Start- und Landevorgänge ein Arbeiten im Betriebsgebäude und auf dem Betriebshof der Kläger nahezu unmöglich machten, falle ebenfalls bei der Frage einer wesentlichen Belästigung erheblich ins Gewicht. Hinzu komme noch die Behinderung durch die Sperrung der Straße bei den Hubschrau­ber­starts und -landungen, die den Zugang zum Grundstück der Kläger zwar von einer Seite offen halte, aber von Westen zufahrende Fahrzeuge zum Halten zwinge. Da nach dem Luftver­kehrs­gesetz grundsätzlich Flugplatzzwang herrsche, könne eine Hubschrau­ber­be­trie­bs­er­laubnis im Übrigen nur erteilt werden, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet werde, was hier aber der Fall sei. Die Situation des Landeplatzes sei so beengt, dass der Hubschrauberan- und -abflug so niedrig über die öffentliche Straße erfolgen müsse, dass der Pilot die Straße praktisch benutze und andere Verkehr­teil­nehmer für die Dauer des An- und Abflugs von ihrer Nutzung ausschließe. Überdies sei es flug- und sicher­heits­technisch notwendig, dass sich auch kein stehendes Fahrzeug in der Flugschneise befinde, weswegen ein absolutes Haltverbot erforderlich sei, das die Straße auf Dauer und nicht nur während der Start- und Landevorgänge für Park- und Halte­be­dürfnisse anderer Verkehrs­teil­nehmer sperre. Auch seien die Abstände zu dem Nachba­r­grundstück der Kläger so gering, dass die Sicher­heits­fläche praktisch bis an deren Grundstück heranreiche. Eigentlich sei eine Schutzwand zur Abschirmung des Lärms und Rotorabwindes und zum Schutz vor aufgewirbelten Objekten und Staub erforderlich, die aber die Sicherheit des Landeplatzes beeinträchtigen würde, weil sie die gefahrlose Ausbreitung des Rotorabwinds beeinträchtigen würde. Der Pilot nehme so bei der Gestaltung seines privaten Hubschrau­berstart- und -landeplatzes öffentliche Verkehrsfläche in Anspruch und beanspruche durch die Belastung der Nachbarschaft mit Immissionen über Gebühr auch noch deren Grundstücke gleichsam als notwendiges Umfeld des Start- und Landeplatzes.

Demgegenüber sei ein Interesse des Piloten, das die Erteilung der Ausnahme vom Flugplatzzwang rechtfertigen könne, nicht festzustellen. Der in der Erlaubnis angegebene Zweck „Durchführung von Hubschrau­ber­werks­verkehr für die Firma“ treffe so nicht zu. Die Firma des Piloten betreibe kein Gewerbe, für das in irgendeiner Weise ein Hubschrau­ber­werks­verkehr dienlich wäre. Tatsächlich betreibe der Pilot als zweiten Geschäfts­ge­genstand eine Beratung für Geschäfts­hub­schrauber. In diesem Rahmen betreue er den Hubschrauber einer anderen Firma, die ihren Firmensitz ca. 16 km vom Grundstück des Piloten entfernt habe. Diese habe eine Flugplatz­ge­neh­migung für Hubschrauber an ihrem Firmensitz beantragt. Dass der Pilot dieser Firma zur Überbrückung aushelfe, bis die Genehmigung erteilt sei, möge zwar ein wirtschaft­liches Interesse begründen. Es sei jedoch nicht legitim, auf diese Weise zu umgehen, dass der vorzeitige Beginn des Flugbetriebs eines geplanten Flugplatzes nicht gestattet sei.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 04.01.2007

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