15.11.2024
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Dokument-Nr. 5778

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Urteil07.03.2008Verwaltungsgericht Stuttgart1 K 2800/07
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil07.03.2008

Zirkus muss Kosten für Polizeieinsatz wegen ausgebrochenem Tiger tragen

Das Verwal­tungs­gericht Stuttgart hat die Klage der Geschäfts­führerin des „Circus Barelli“ gegen einen Kostenbescheid der Polizei­di­rektion Esslingen, mit dem sie zu Gebühren und Auslagen für einen Polizeieinsatz herangezogen wird, abgewiesen. Die Klägerin, so das Gericht, sei aufgrund ihrer Sachherrschaft über die ausgebrochenen Tiger als Zustands­s­törerin für die Beseitigung der Gefahr verantwortlich gewesen.

Im Juni 2006 befand sich der Zirkus in Wendlingen in der Sommerpause. Am 19.06.2006 konnten zwei Tiger, die im Eigentum eines ungarischen Tierdompteurs stehen und der mit seiner Tigernummer für die Saison 2006 vom „Circus Barelli“ engagiert worden war, durch eine Nachlässigkeit des (beim Tierdompteur angestellten) Tierpflegers bei der Reinigung der fahrbaren Tigeranhänger ins Freie gelangen. Die zwei Tiger - ein sibirische Tiger und das bengalische Tigerweibchen „Princess“ - befanden sich dann auf dem mit einem ca. 1,50 m hohen Zaun umschlossenen Gelände des Zirkusses. Dem Tierpfleger gelang es, den sibirischen Tiger wieder zurück in den Käfig zu treiben. Bei der Tigerdame „Princess“ gelang dies jedoch nicht. Sie lief weiter auf dem Zirkusgelände umher und verletzte zwei Ponys, bevor schließlich ein Tierarzt aus der „Wilhelma“ „Princess“ mit einem Pfeil aus einem Betäu­bungs­gewehr betäubte und sie wieder in den Käfig zurückbrachte. Der „Ausbruch“ von „Princess“ hatte den Einsatz von 31 Polizeibeamten, eines Polizei­hub­schraubers und eines Rettungswagens sowie eines Notarz­t­ein­satz­fahr­zeuges zur Folge. Für den Polizeieinsatz wurde der Klägerin mit bestands­kräftigem Bescheid vom 04.07.2006 2.902,49 EUR in Rechnung gestellt. Die Klägerin beantragte im Januar 2007 bei der Polizei­di­rektion Esslingen die Zurücknahme dieses Gebüh­ren­be­scheids, hilfsweise dessen Widerruf, was die Polizei­di­rektion ablehnte. Die Klägerin erhob am 27.03.2007 Klage. Sie war der Ansicht, dass sie nicht Kosten­schuldnerin sei und deshalb nicht in Anspruch genommen werden dürfe. Sie sei weder Eigentümerin der Tiger samt Käfigen noch sei der Tierpfleger bei ihr angestellt. Sie habe lediglich einen Gastspiel­vertrag mit dem Eigentümer der Tiger, bei dem auch der fragliche Tierpfleger angestellt sei.

Die 1. Kammer ist der Argumentation der Klägerin nicht gefolgt.

Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf des Gebüh­ren­be­scheides vom 04.07.2006. Das Verbringen des Tigers in den Käfig sei eine der Klägerin individuell zurechenbare öffentliche Leistung, die zur Beseitigung einer Gefahr der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erbracht worden sei. Nachdem es niemand gelungen sei, auch den zweiten, auf dem Zirkusgelände frei herumlaufenden Tiger in den Tigeranhänger zurückzutreiben, hätten die Voraussetzungen für ein polizeiliches Einschreiten zur Gefah­ren­be­sei­tigung vorgelegen. Die Klägerin, die persönlich haftende geschäfts­führende Gesell­schafterin der Circus Barelli GbR sei, sei auch als Zustands­s­törerin für die Beseitigung der Gefahr verantwortlich gewesen. Die Verantwortung der Klägerin für die sich auf dem eingezäumten Gelände des Zirkusses befindlichen Tiger sei Ausfluss der Sachherrschaft der Klägerin über diese Tiere. Denn diese Sachherrschaft ermögliche ihr die Nutzung der Tiere mit den sich daraus ergebenden wirtschaft­lichen Vorteilen. Wer aber die Sachherrschaft über die Tiere innehabe, müsse dafür Sorge tragen, dass andere nicht durch diese Tiere gestört oder geschädigt würden. Dass der Tierpfleger durch sein nachlässiges Verhalten die Tiere in den störenden Zustand versetzt habe, sei demgegenüber unbeachtlich. Es bestehe zwischen der Inanspruchnahme des Handlungs­störers und des Zustandsstörers nach dem Polizeigesetz kein Rangverhältnis. Die festgesetzten Gebühren und Auslagen seien auch ihrer Höhe nach rechtmäßig.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 14.03.2008

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