03.12.2024
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Dokument-Nr. 30059

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Verwaltungsgericht Saarlouis Beschluss29.03.2021

Kein Anspruch von Gymna­si­a­l­lehrern auf gleich­be­rechtigte ImpfungPriorisierung nicht allein an Gesundheits- bzw. Infek­ti­o­ns­ge­fahren zulässig

Das Verwal­tungs­gericht des Saarlandes den Antrag eines Gymna­si­a­l­lehrers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen, mit dem dieser eine Impfung gegen das Coronavirus mit der für Grund­schul­lehrer geltenden Priorität begehrt hat.

Nach der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 9 CoronaImpfV zählen Personen, die in Kinder­be­treu­ungs­ein­rich­tungen, in der Kinder­ta­gespflege, in Grundschulen sowie Sonder- und Förderschulen tätig sind, zu der Gruppe der Personen, die mit hoher Priorität eine Schutzimpfung gegen das Coronavirus beanspruchen können. Demgegenüber unterfällt der Antragsteller der von § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV erfassten Personengruppe, der der Verord­nungsgeber einen Anspruch auf Schutzimpfung nur mit erhöhter Priorität zuerkannt hat. Der Antragsteller sieht in der unter­schied­lichen Priorisierung von Gymna­si­a­l­lehrern und Grund­schul­lehrer eine nicht gerechtfertigte Ungleich­be­handlung. Er beruft sich darauf, dass ihn als Gymnasiallehrer ein höheres Infek­ti­o­ns­risiko treffe als die priorisierten Lehrer an Grundschulen.

VG: Priorisierung nicht allein nach Gesundheits- bzw. Infek­ti­o­ns­ge­fahren

Das Gericht ist zu der Einschätzung gelangt, dass selbst bei Annahme einer Verfas­sungs­wid­rigkeit der Coronavirus-Impfverordnung dem Antragsteller kein verfas­sungs­un­mit­telbarer Anspruch auf gleiche Priorisierung wie Grund­schul­lehrern zukomme. Zwar sei davon auszugehen, dass entsprechend der Einschätzung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut -STIKO- bei Einhaltung der im Musterhy­gi­e­neplan für alle Schulformen gleichermaßen vorgesehenen Schutzmaßnahmen hinsichtlich des Infek­ti­o­ns­risikos von Grund­schul­lehrern und Lehrern an weiterführenden allge­mein­bil­denden Schulen keine relevanten Unterschiede bestünden. Es sei indes zulässig, die Priorisierung nicht allein an Gesundheits- bzw. Infek­ti­o­ns­ge­fahren auszurichten.

Grund­schul­kinder benötigen mehr Zuwendung und Nähe

Die höhere Priorisierung von Grund­schul­lehrern sei von sachlichen Gründen getragen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei nachvollziehbar, dass Grund­schul­kinder im Vergleich zu Schülern einer weiterführenden Schule zuweilen mehr Zuwendung und Nähe benötigten. Dementsprechend gebe es auch in Grundschulen Schwierigkeiten, die Abstandsregeln umzusetzen. Zudem habe dem Erziehungs- und Bildungsbereich für kleinere Kinder eine besondere, erhöhte Wichtigkeit beigemessen werden dürfen. In der Vorschu­l­er­ziehung und im Grund­schul­bereich würden die Grundlagen für alle im späteren Schulleben erforderlichen Kompetenzen gelegt. Unterbrechungen dieser frühen Erzie­hungs­leis­tungen könnten weitreichende Folgen für die darauf aufbauende spätere Ausbildung und auf die Chancen­gleichheit aller Kinder haben.

Priorisierung von Grund­schul­lehrer von der Einschät­zungs­prä­ro­gative und dem Gestal­tungs­spielraum des Antragsgegners gedeckt

Ein Ausfall des strukturierten Lernens im Präsen­z­un­terricht könne bei Grundschülern noch schwieriger durch Fernangebote aufgefangen werden als bei größeren Schüler. Kinder im Grundschulalter bedürften zudem tagsüber in größerem Umfang einer Betreuung als größere Kinder, so dass sich eine Schließung der Grundschulen insbesondere auch auf den Berufsalltag der betroffenen Eltern besonders stark auswirken könne. Die Grund­schul­lehrer ebenso zu priorisieren wie in Kinder­be­treu­ungs­ein­rich­tungen, in der Kinder­ta­gespflege sowie in Sonder- und Förderschulen tätige Personen sei von der Einschät­zungs­prä­ro­gative und dem Gestal­tungs­spielraum des Antragsgegners gedeckt.

Zuwartendes Antragstellers bis zum regulär vorgesehenen Termin zumutbar

Durch ein Zuwarten bis zu seinem nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 CoronaImpfV regulär vorgesehenen Termin entstünden dem Antragsteller auch keine schweren und unzumutbaren Nachteile. Insbesondere sei er keinem hohen Anste­ckungs­risiko unterworfen, da die STIKO generell für die Berufsgruppen der Erzieher und Lehrer bei Einhaltung der basalen Hygie­ne­maß­nahmen nur ein geringes Anste­ckungs­risiko sehe. Insgesamt stelle sich das Anste­ckungs­risiko des Antragstellers nicht gravierender dar als das vieler anderer Personen, die ebenso wie Lehrer nicht in der Lage seien, am Arbeitsplatz den Kontakt mit oft auch vielen anderen Menschen zu vermeiden. Demgegenüber würde die vorgezogene Impfung des Antragstellers bzw. sämtlicher Lehrer an weiterführenden Schulen die Impfung anderer Personen mit gegebenenfalls höheren individuellen Gesund­heits­risiken ungerecht­fer­tig­terweise zurücktreten lassen.

Quelle: Verwaltungsgericht Saarlouis, ra-online (pm/ab)

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