Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam hat einen eingereichten Eilantrag gegen die Bürgerbefragung zum Landtagsneubau auf dem Neuen Markt - noch am selben Tag - abgelehnt. Mit dem Eilantrag hatte ein Potsdamer Stadtverordneter beantragt, im Wege einer einstweiligen Anordnung
1. festzustellen, dass die Art der Bürgerbefragung manipulativ und daher rechtswidrig sei;
2. die Bekanntgabe des Auszählungsergebnisses bzw. von Zwischenergebnissen bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zu untersagen.
In ihrem Beschluss hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts darauf hingewiesen, dass eine einstweilige Anordnung nur erlassen werden dürfe, wenn unter anderem das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - d. h. die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung - glaubhaft gemacht worden sei. Daran fehle es hier.
Die Durchführung der Bürgerbefragung als solche sei bereits abgeschlossen gewesen, als der Eilantrag bei Gericht eingegangen sei. Die Klärung der Frage, ob die Art der Bürgerbefragung manipulativ und daher rechtswidrig gewesen sei, müsse danach einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Sie könne nicht im Eilverfahren vorweggenommen werden. Eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren sei nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn es dem Antragsteller wegen besonders schwerwiegender Nachteile schlechterdings nicht zuzumuten sei, ein Hauptsacheverfahren abzuwarten. Das sei hier nicht der Fall, zumal der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nach überschlägiger Prüfung offen sei.
Der Antragsteller könne auch nicht verlangen, dass die Ergebnisse der Bürgerbefragung vorläufig nicht bekannt gegeben werden. Es sei nicht ersichtlich, dass es dem Antragsteller und den übrigen Stadtverordneten nach einer Bekanntgabe des Bürgervotums unmöglich sei oder wesentlich erschwert werde, nach den Grundsätzen des freien Mandats - auch gegen das Bürgervotum - zu entscheiden. Der vorliegende Fall sei dadurch gekennzeichnet, dass der Landtagsneubau und besonders die Standortfrage in der Öffentlichkeit schon vor der Befragung umfassend diskutiert worden sei, z. B. in Form von Demonstrationen für oder gegen den Landtagsneubau, Zeitungsartikeln, Leserbriefen etc., so dass die Stadtverordneten bereits dadurch einer gewissen Einflussnahme von Außen ausgesetzt gewesen seien. Zudem habe das Umfrageergebnis durch die über die Zulässigkeit der Bürgerbefragung geführte umfangreiche Diskussion in der Öffentlichkeit bereits eine nachhaltige Relativierung erfahren. Danach sei davon auszugehen, dass bei den Stadtverordneten - so auch dem Antragsteller - das Bewusstsein für den Grundsatz der Freiheit des Mandats und damit auch für die Freiheit der Entscheidung gegeben sei, was von einem Stadtverordneten auf Grund seiner Stellung als Repräsentant des Volkes auch erwartet werden könne.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.01.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Potsdam vom 03.01.2007