Verwaltungsgericht Osnabrück Urteil
Hersteller scheitern mit ihren Klagen gegen Systembeteiligungspflicht nach dem VerpackungsgesetzVerwaltungsgericht Osnabrück weist Klagen gegen Einstufung von Verpackungen als systembeteiligungspflichtig ab
Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Februar 2025 die Klagen zweier Unternehmen gegen die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister abgewiesen, welche die Produktverpackungen der Kläger als systembeteiligungspflichtig eingeordnet hatte.
Die Zentrale Stelle Verpackungsregister ist seit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes (VerpackG) zum 1. Januar 2019 mit hoheitlichen Aufgaben beliehen, um das Verpackungsgesetz umzusetzen, und ist bundesweit tätig. Da die Behörde ihren Sitz in Osnabrück hat, ist das Verwaltungsgericht Osnabrück bundesweit für Streitigkeiten nach dem Verpackungsgesetz zuständig.
Hintergrund der Verfahren ist die sog. Systembeteiligungspflicht der Verpackungen der klägerischen Produkte gem. § 3 Abs. 8 VerpackG. Sind Verpackungen systembeteiligungspflichtig, müssen die Hersteller das Recycling der Verpackungen finanzieren, d.h. Verträge mit einem Systembetreiber schließen.
Gegenstand der Verfahren waren zum einen 17 Verpackungen aus dem Bereich Lackfarben und Beize, z.B. ein Eimer aus Kunststoff, 5 Liter, mit dem Inhalt Lackfarbe (Az.: 7 A 157/23), und zum anderen ein Eimer aus Kunststoff mit Deckel und Henkel zur Befüllung mit 9 kg Salatmayonnaise (Az.: 7 A 162/23). Beide Unternehmen hatten bei der Beklagten beantragt festzustellen, dass die Verpackungen der jeweiligen Produkte nicht systembeteiligungspflichtig seien. Nach Ablehnung der Anträge hatten die Unternehmen jeweils Widerspruch eingelegt, den das Umweltbundesamt zurückwies. Letztendlich haben die Unternehmen sodann im September 2022 Klage vor dem erkennenden Gericht erhoben. Das Verfahren 7 A 157/23 wurde von den Beteiligten als "Muster-Verfahren" für den Bereich der Bauchemie angesehen und hat weitreichende Bedeutung über die 17 streitgegenständlichen Verpackungen hinaus.
Die Kläger haben vorgetragen, dass es auf die individuellen Eigenschaften der jeweiligen Verpackung ankomme, d.h. auf die konkreten Vertriebs- und Entsorgungswege, äußere Form und Gestaltung sowie auf das Volumen und Material der Verpackung. Die Beklagte habe bei ihrer Einordnungsentscheidung zu Unrecht - losgelöst vom konkreten Sachverhalt - auf den von der Gesellschaft für Packungsmarktforschung (GVM) im Auftrag der Beklagten erstellten Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen abgestellt.
Die Kammer ist der Sichtweise der Beklagten gefolgt. Die Beklagte habe die streitgegenständlichen Verpackungen zu Recht als systembeteiligungspflichtig eingestuft. Verpackungen sind gem. § 3 Abs. 8 VerpackG systembeteiligungspflichtig, wenn eine Verkaufs- oder Umverpackung vorliegt, die mit Ware befüllt ist und nach Gebrauch typischerweise beim privaten Endverbraucher als Abfall anfällt. Unter private Haushalte fallen gem. § 3 Abs. 11 VerpackG nicht nur private Haushaltungen, sondern auch vergleichbare Anfallstellen, wie Kantinen und Gaststätten, aber auch landwirtschaftliche Betriebe und Handwerksbetriebe, deren Verpackungsabfälle maximal mit einem 1.100-Liter-Umleerbehälter je Sammelgruppe im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können. Es sei darauf abzustellen, bei wem die Verpackung typischerweise als Abfall anfalle. Auf die individuelle Betrachtung des einzelnen Herstellers komme es dabei nicht an. Vielmehr sei eine abstrakt-typisierende Betrachtungsweise - auch um möglichen Missbrauchsfällen entgegenzuwirken - angezeigt. Die Beklagte habe auch die sie selbst bindenden Verwaltungsvorschriften in Form des Katalogs zur Erleichterung der Einordnungsentscheidungen erlassen und ihrer Entscheidung im Einzelfall zugrunde legen dürfen. So handele es sich bei der Einordnung von Verkaufs- und Umverpackungen nach ihrer Systembeteiligungspflicht um eine Massenerscheinung. Die Kammer hat sich den von der GVM im Auftrage der Beklagten erstellen Kataloginhalten und ihrer Methodik nach durchgeführter umfassender Beweisaufnahme aus eigener Überzeugung angeschlossen. Danach sei nachvollziehbar und schlüssig begründet maßgeblich auf das Abgrenzungskriterium der Füllgröße der jeweiligen Verpackung abzustellen. Die Kläger unterlagen zudem mit ihrem geltend gemachten Anspruch auf Rückgängigmachung bzw. Löschung der Veröffentlichung des jeweiligen Feststellungsbescheides von der Internetseite der Beklagten. Die Beklagte sei nach Ansicht der Kammer berechtigt gewesen, die Einordnungsentscheidungen als Allgemeinverfügungen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen. So hätten die Feststellungen nicht nur Auswirkungen für die Kläger als Hersteller, sondern vielmehr für sämtliche mit dem jeweiligen Prüfungsgegenstand befasste Personen.
Die Urteile (Az. 7 A 157/23 und 7 A 162/23) sind noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat jeweils die Berufung an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Diese kann innerhalb eines Monats nach Zustellung der nunmehr vorliegenden schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 25.03.2025
Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, ra-online (pm/pt)