15.11.2024
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Dokument-Nr. 29284

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Beschluss07.10.2020Verwaltungsgericht Neustadt5 L 783/20.NW
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss07.10.2020

Besuch von Sexkinos ohne Einhaltung des Mindestabstands von Personen aus zwei Haushalten möglichSexkino stellt keine Prosti­tu­ti­o­ns­stätte im Sinne der einschlägigen Corona-Vorschriften dar

Der Betreiber eines Sexkinos sei nicht daran gehindert, in seinen Kinosälen auch Personen aus zwei Hausständen ohne Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern zuzulassen. Das hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße entschieden.

Der Antragsteller betreibt in Ludwigshafen ein sog. Erlebniskino, in welchem es während der Vorführung von Filmen in mehreren einzelnen Kinosälen auch zu sexuellen Kontakten/Handlungen kommen kann. Bei einer Kontrolle des Betriebs wiesen Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen den Antragsteller darauf hin, es dürften nur Personen aus dem gleichen Haushalt oder Einzelpersonen jeweils einen Raum belegen. Bei sexueller Betätigung komme es zu einem erhöhten Aerosolausstoß, sodass die Vorgaben des Hygie­ne­kon­zeptes nur bei Einzelbelegung der Zimmer oder mit Paaren aus einem Haushalt eingehalten werden könnten.

Eilantrag des Kinobetreibers erfolgreich

Der Antragsteller wandte sich daraufhin an das Verwal­tungs­gericht und machte geltend, nach den einschlägigen Vorschriften der Elften Corona-Bekämp­fungs­ver­ordnung Rheinland-Pfalz vom 11. September 2020 (im Folgenden: 11. CoBeLVO) könnten die einzelnen Kinosäle gleichzeitig auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden. Das VG hat dem Eilantrag des Antragstellers stattgegeben.

Antragsteller hat Anspruch auf Klärung einer verwal­tungs­recht­lichen Frage in verwal­tungs­ge­richt­lichem Verfahren

Der Antragsteller habe einen Anspruch auf die vorläufige Feststellung, dass die Kinosäle in seinem Erlebniskino gleichzeitig auch von Personen aus zwei Hausständen besucht werden können. Das erforderliche Feststel­lungs­in­teresse sei gegeben. Denn der Antragsteller würde eine Ordnungs­wid­rigkeit begehen, wenn er Personen aus verschiedenen Haushalten gleichzeitig den Zutritt zu den Kinosälen gestatten würde, obwohl ihm dies nach der 11. CoBeLVO untersagt wäre. Ein von einem möglichen Bußgeld­ver­fahren Betroffener habe ein schutzwürdiges Interesse daran, die Klärung einer verwal­tungs­recht­lichen Streitfrage "nicht auf der Anklagebank" zu erleben, sondern in einem verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahren herbeizuführen.

Erlebniskino ist keine Prosti­tu­ti­o­ns­stätte

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der 11. CoBeLVO seien u.a. Kinos unter Beachtung der allgemeinen Schutzmaßnahmen geöffnet. Es gelte nach § 15 Abs. 1 Satz 2 der 11. CoBeLVO u.a. das Abstandsgebot nach § 1 Abs. 2 Satz 1. Dieser bestimme, dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum, vorbehaltlich der Regelungen in Satz 3 und 4, nur unter Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zu anderen Personen erlaubt sei. Satz 1 gelte gemäß Satz 3 Nr. 1 jedoch nicht für Zusammenkünfte von bis zu zehn Personen oder einer Zusammenkunft der Angehörigen zweier Hausstände. Auf diese Vorschriften könne sich der Antragsteller berufen. Sein Erlebniskino sei keine Prosti­tu­ti­o­ns­stätte, da darin keine sexuellen Dienst­leis­tungen angeboten würden. Ein Sexkino, welches überwiegend oder ausschließlich Filme pornografischen Inhalts zeige, sei vielmehr ein Kino im Sinne der 11. CoBeLVO.

Mindestabstand gilt nicht für Zusammenkünfte von bis zu 10 Personen oder Personen aus zwei verschiedenen Hausständen

Zwar sei für den Aufenthalt im Kino bzw. den einzelnen Kinosälen grundsätzlich das Abstandsgebot von 1,5 Metern zwischen zwei Personen einzuhalten. Der Mindestabstand von 1,5 Metern gelte jedoch ausdrücklich nicht bei Zusammenkünften von bis zu zehn Personen oder einer Zusammenkunft der Angehörigen zweier Hausstände. Dies bedeute, dass entweder zehn Personen aus bis zu zehn verschiedenen Hausständen oder eine unbegrenzte Anzahl von Personen aus zwei verschiedenen Hausständen zusammenkommen dürften, ohne den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten zu müssen.

VG verweist auf entsprechende Lockerung

Mit der Lockerungsstufe, die der rheinland-pfälzische Verord­nungsgeber ab dem 10. Juni 2020 (Inkrafttreten der 9. CoBeLVO u.a. mit der Erweiterung um einen "weiteren" Hausstand) betreten habe, habe er ersichtlich ein abstandsloses Treffen aller Personen zweier Haushalte ermöglichen wollen. Denselben Zweck dürfte nunmehr auch die seit dem 1. Oktober 2020 geltende Regelung des § 6 a der 11. CoBeLVO haben, wonach der Betrieb von Prosti­tu­ti­o­ns­s­tätten und von Prosti­tu­ti­o­ns­ver­mitt­lungen unter Einhaltung der allgemeinen Schutzmaßnahmen zulässig sei, soweit an den angebotenen sexuellen Dienst­leis­tungen nicht mehr als zwei Personen beteiligt seien. Die beiden Personen dürften bei lebensnaher Betrach­tungsweise ebenfalls verschiedenen Hausständen angehören.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, ra-online (pm/aw)

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