21.11.2024
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Dokument-Nr. 14956

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Beschluss21.12.2012Verwaltungsgericht Neustadt4 L 1021/12.NW
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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss21.12.2012

Seiten­sprun­g­agentur darf nicht von gewer­be­rechtlich unzuverlässiger Person betrieben werdenSeiten­sprun­g­agentur ist ein besonders überwa­chungs­be­dürftiges Gewerbe

Die Stadtverwaltung Ludwigshafen hat gegenüber einem Bürger zu Recht eine Gewer­be­un­ter­sagung in Bezug auf die von ihm betriebene Seiten­sprun­g­agentur ausgesprochen. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt entschieden.

Der Antragsteller betrieb seit Sommer 2012 in Ludwigshafen eine sog. Seiten­sprun­g­agentur nebst Partner­ver­mittlung. Dazu inserierte er u.a. in der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ mit Texten wie „Neu 1. Seiten­sprun­g­agentur diskret, seriös, erfolgreich, Superkontakte zu sexy Frauen“. Den Anrufern übergab der Antragsteller gegen Entgelt eine Liste mit den Telefonnummern von angeblich an Seitensprüngen oder einer näheren Beziehung interessierten Frauen. In der Folgezeit beschwerte sich eine Frau über zunehmende Belästigungen von Männern am Telefon; sie habe dem Antragsteller ihre Daten nicht zur Verfügung gestellt. Daraufhin traf sich ein Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen als vermeintlicher Interessent mit dem Antragsteller. Dieser bot dem Mitarbeiter gegen eine Gebühr von 150 € für die ersten 6 Monate und eine Folgegebühr von 75 € für das zweite Halbjahr an, regelmäßig „willige“ Frauen von 18 – 70 Jahren zu vermitteln. Der Antragsteller übergab dem Mitarbeiter Unterlagen mit sog. „unverbindlichen Kontakt­vor­schlägen“, in denen u.a. Name, Herkunftsland, Haarfarbe, Figur, Oberweite, Bezie­hungs­absicht (locker oder fest, Woche­n­end­be­ziehung), finanzielle Forderungen sowie die jeweilige Telefonnummer der Damen aufgeführt waren. Nachdem sich der Mitarbeiter der Stadt Ludwigshafen als solcher zu erkennen gegeben hatte, räumte der Antragsteller ein, nicht im Besitz einer Gewer­be­an­meldung zu sein.

Die Stadt Ludwigshafen holte in der Folgezeit Auskünfte über den Antragsteller aus dem Bundes­zen­tra­l­re­gister ein. Danach war dieser im Zeitraum 1997 – 2011 in 13 Fällen zu Geld- und Freiheits­s­trafen verurteilt worden. Daraufhin untersagte die Stadt Ludwigshafen dem Antragsteller wegen gewer­be­recht­licher Unzuver­läs­sigkeit die Ausübung der Seiten­sprun­g­agentur und ordnete die sofortige Vollziehung an.

Der Antragsteller legte dagegen Widerspruch ein und suchte um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht Neustadt mit der Begründung nach, die Verurteilungen in der Vergangenheit stünden nicht im Zusammenhang mit der von ihm betriebenen Seiten­sprun­g­agentur und erlaubten keine negativen Rückschlüsse auf seine gewer­be­rechtliche Zuverlässigkeit. Im Übrigen sei die von der Stadt Ludwigshafen angeführte Begründung, er gebe Telefonnummern ahnungsloser Frauen an seiten­sprung­willige Männer heraus, eine haltlose Behauptung.

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt lehnte den Antrag des Antragstellers ab. Das bisherige Verhalten des Antragstellers lasse nicht erwarten, dass er sein Gewerbe in Zukunft im Einklang mit der Rechtsordnung betreiben werde. Mit der Seiten­sprun­g­agentur betreibe er ein nach der Gewerbeordnung besonders überwa­chungs­be­dürftiges Gewerbe („Vermittlung von Eheschließungen, Partnerschaften und Bekanntschaften“). Die gewer­be­po­li­zeiliche Überwachung der davon erfassten Gewer­be­trei­benden habe vor allem den Schutz der Kunden zum Ziel. Daneben bestehe auch ein krimi­na­l­prä­ventiver Grund. Denn regelmäßig werde der Kunde langfristig an die Vermitt­lung­s­agentur gebunden und habe nicht unerhebliche Vorauszahlungen zu leisten. Dem stehe häufig eine nicht adäquate Dienstleistung gegenüber. Auch könnten die anfallenden Informationen aus der höchst­per­sön­lichen Sphäre des Kunden missbräuchlich verwandt werden. Der Antragsteller sei in der Vergangenheit mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten. Im Bundes­zen­tra­l­re­gister fänden sich 13 Einträge. Zwar hätten die meisten Straftaten keinen Gewerbebezug. In ihrer Häufigkeit zeigten diese aber, dass der Antragsteller dazu neige, in strafbewehrter Weise die Rechtsordnung zu verletzen. Die dadurch sich aufdrängende Prognose eines künftig rechtswidrigen Verhaltens bei Ausübung des Gewerbes werde auch durch das bisherige gewerbliche Verhalten des Antragstellers bestätigt. So habe er sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften gehalten und den Gewerbebetrieb erst angemeldet, nachdem er von Seiten der Stadt Ludwigshafen dazu aufgefordert worden sei. Aus den Akten ergebe sich ferner, dass der Antragsteller Telefonnummern von Damen an potentielle Kunden weitergegeben habe, die ihm diese nicht zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt hätten. Trotz seiner Ende November 2012 erfolgten Abmeldung führe der Antragsteller seinen Gewerbebetrieb tatsächlich weiter, denn am 12. Dezember 2012 habe sich eine Frau erneut bei der Stadt Ludwigshafen mit der Aussage gemeldet, dass sich der Antragsteller am Vortag wieder bei ihr gemeldet und nachgefragt habe, ob sie nicht bereit wäre, bei seiner Partner­ver­mittlung auf 400 Euro-Basis als zu vermittelnde Dame an Herren, welche auf Partnersuche wären, arbeiten zu wollen.

Danach lasse der Gesamteindruck des bisherigen Verhaltens des Antrag­stel­ler­sallein den Schluss zu, dass bei ihm ein ausgeprägter Hang zur Missachtung der Rechtsordnung bestehe, der die Zuverlässigkeit für eine selbständige gewerbliche Betätigung in einem besonders überwa­chungs­be­dürftigen Gewerbe ausschließe. Zur Vermeidung weiterer erheblicher Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Ausübung des konkreten Gewer­be­be­triebes sei es daher geboten, dem Antragsteller das Gewerbe zu untersagen.

Quelle: ra-online, VG Neustadt (pm/pt)

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