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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil08.01.2015
Keine Altersdiskriminierung eines in den Ruhestand getretenen Bezirksschornsteinfegermeisters bei Nichtberücksichtigung in neuem Auswahlverfahren zur Bestellung eines bevollmächtigten BezirksschornsteinfegersVerwaltungsgericht Neustadt entscheidet zur Altersgrenze eines Bezirksschornsteinfegermeisters
Ein nach alter Rechtslage mit 65 Jahren in den Ruhestand getretener Bezirksschornsteinfegermeister, der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht das 67. Lebensjahr vollendet hat, hat keinen Anspruch darauf, ihn nach neuer Rechtslage zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für seinen ehemaligen Bezirk zu bestellen. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden.
Der Kläger war jahrzehntelang Bezirksschornsteinfegermeister eines Kehrbezirks in Bad Dürkheim. Im Dezember 2012 vollendete er das 65. Lebensjahr und erreichte mit Ablauf des 31. Dezember 2012 die in § 9 des damals gültigen Schornsteinfegergesetzes (SchfG) festgesetzte Altersgrenze für die Ausübung seines Berufes. Deshalb leitete die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier im September 2012 für diesen Kehrbezirk ein Ausschreibungsverfahren zur Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zum 1. Januar 2013 ein. Mit dem neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) wurde das Kehr- und Überprüfungsmonopol nach bisheriger Prägung aufgehoben. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger, die als Gewerbetreibende dem Schornsteinfegerhandwerk angehören und neben den ihnen übertragenen hoheitlichen Aufgaben auch die übrigen Schornsteinfegerarbeiten im Wettbewerb ausführen, sind bei diesen Arbeiten nicht mehr an Bezirke gebunden. Die Altersgrenze ist nunmehr auf 67 Jahre festgesetzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 SchfHwG).
Kläger beteiligte sich erfolglos am Ausschreibungsverfahren
Der Kläger beteiligte sich erfolglos an dem Ausschreibungsverfahren. Im Dezember 2012 bestellte der Landkreis Bad Dürkheim einen Mitbewerber des Klägers mit Wirkung zum 1. Januar 2013 zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger des Kehrbezirks in Bad Dürkheim. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und suchte erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Neustadt a.d. Weinstraße und beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz nach.
Kläger sieht sich wegen seines Alters diskriminiert
Nach Zurückweisung seines Widerspruchs erhob der Kläger im Juni 2014 Klage und machte geltend, das Auswahlverfahren sei nicht hinreichend transparent durchgeführt worden und hätte zu seinen Gunsten entschieden werden müssen. Im Übrigen liege eine Altersdiskriminierung vor. Wäre er 3 Wochen jünger, würde die neue Regel des SchfHwG gelten. Es sei im Übrigen willkürlich, wenn die Altersgrenze bei 65 oder 67 festgelegt werde, weil dies inhaltlich nicht legitim z.B. mit Gesundheits- oder Sicherheitsaspekten begründbar sei. Vorliegend gebe es keinen sachlichen Grund für die Diskriminierung durch fixe Altersgrenzen. Deshalb seien die Altersgrenzen im SchfG und im SchfHwG wegen Altersdiskriminierung europarechtswidrig und daher nichtig.
Verwaltungsgericht: Kläger fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzinteresse
Das Verwaltungsgericht Neustadt wies die Klage ab. Soweit der Kläger die Aufhebung der Bestellung seines Konkurrenten zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Bezirk Bad Dürkheim ab Januar 2013 sowie die Verpflichtung des Beklagten, ihn - den Kläger - stattdessen zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für diesen Bezirk zu bestellen, begehre, fehle der Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2015 das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Der Kläger habe nämlich im Dezember 2014 das 67. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze nach dem neuen SchfHwG erreicht. Die Altersgrenze von 67 Jahren verstoße ebenso wenig wie die bis 31. Dezember 2012 geltende Altersgrenze von 65 Jahren gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes bzw. der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Beide Altersgrenzen seien im Hinblick auf die körperlichen Anforderungen, die die Tätigkeit eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers kennzeichneten, und mit Blick auf die mit dieser Altersgrenze verfolgten legitimen arbeitsmarktpolitischen Ziele, einen ausgewogenen Altersaufbaus der bevollmächtigten Schornsteinfeger sicherzustellen und im Interesse der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik beständig neue Bewerber einzustellen, gerechtfertigt.
Altersgrenze: 65. Lebensjahr
Soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung begehre, dass der Beklagte in rechtswidriger Weise nicht ihn, sondern den Konkurrenten zum bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger für den Bezirk in Bad Dürkheim bestellt habe, sei die Klage unbegründet. Eine Bestellung des Klägers als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger ab dem 1. Januar 2013 sei schon deshalb rechtlich nicht mehr zulässig gewesen, weil er zuvor unter der Geltung des SchfG in den Ruhestand getreten sei. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens habe sich der Gesetzgeber für die Fortgeltung des § 9 SchfG bis zum Ablauf des 31. Dezember 2012 entschieden und damit dafür, dass alle Bezirksschornsteinfegermeister, die bis zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollendet hätten, die Altersgrenze für die Ausübung ihres Berufs erreicht hätten. Aus dem Sinn und Zweck des § 9 SchfG folge damit auch, dass auch eine spätere Bestellung als bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger ausscheide.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2015
Quelle: ra-online, VG Neustadt (pm/pt)
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