21.11.2024
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Dokument-Nr. 20556

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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil08.01.2015

Keine Alters­diskriminierung eines in den Ruhestand getretenen Bezirks­schorn­steinfeger­meisters bei Nichtberück­sichtigung in neuem Auswahl­ver­fahren zur Bestellung eines bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfegersVerwal­tungs­gericht Neustadt entscheidet zur Altersgrenze eines Bezirks­schorn­steinfeger­meisters

Ein nach alter Rechtslage mit 65 Jahren in den Ruhestand getretener Bezirks­schornstein­fegermeister, der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor Gericht das 67. Lebensjahr vollendet hat, hat keinen Anspruch darauf, ihn nach neuer Rechtslage zum bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger für seinen ehemaligen Bezirk zu bestellen. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Neustadt entschieden.

Der Kläger war jahrzehntelang Bezirksschornsteinfegermeister eines Kehrbezirks in Bad Dürkheim. Im Dezember 2012 vollendete er das 65. Lebensjahr und erreichte mit Ablauf des 31. Dezember 2012 die in § 9 des damals gültigen Schorn­stein­fe­ger­ge­setzes (SchfG) festgesetzte Altersgrenze für die Ausübung seines Berufes. Deshalb leitete die Aufsichts- und Dienst­leis­tungs­di­rektion Trier im September 2012 für diesen Kehrbezirk ein Ausschrei­bungs­ver­fahren zur Bestellung eines bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­stein­fegers zum 1. Januar 2013 ein. Mit dem neuen Schorn­steinfeger-Handwerksgesetz (SchfHwG) wurde das Kehr- und Überprü­fungs­monopol nach bisheriger Prägung aufgehoben. Die bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger, die als Gewer­be­treibende dem Schorn­stein­fe­ger­handwerk angehören und neben den ihnen übertragenen hoheitlichen Aufgaben auch die übrigen Schorn­stein­fe­ger­a­r­beiten im Wettbewerb ausführen, sind bei diesen Arbeiten nicht mehr an Bezirke gebunden. Die Altersgrenze ist nunmehr auf 67 Jahre festgesetzt (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 SchfHwG).

Kläger beteiligte sich erfolglos am Ausschrei­bungs­ver­fahren

Der Kläger beteiligte sich erfolglos an dem Ausschrei­bungs­ver­fahren. Im Dezember 2012 bestellte der Landkreis Bad Dürkheim einen Mitbewerber des Klägers mit Wirkung zum 1. Januar 2013 zum bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger des Kehrbezirks in Bad Dürkheim. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und suchte erfolglos um vorläufigen Rechtsschutz beim Verwal­tungs­gericht Neustadt a.d. Weinstraße und beim Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz nach.

Kläger sieht sich wegen seines Alters diskriminiert

Nach Zurückweisung seines Widerspruchs erhob der Kläger im Juni 2014 Klage und machte geltend, das Auswahl­ver­fahren sei nicht hinreichend transparent durchgeführt worden und hätte zu seinen Gunsten entschieden werden müssen. Im Übrigen liege eine Altersdiskriminierung vor. Wäre er 3 Wochen jünger, würde die neue Regel des SchfHwG gelten. Es sei im Übrigen willkürlich, wenn die Altersgrenze bei 65 oder 67 festgelegt werde, weil dies inhaltlich nicht legitim z.B. mit Gesundheits- oder Sicher­heit­s­a­spekten begründbar sei. Vorliegend gebe es keinen sachlichen Grund für die Diskriminierung durch fixe Altersgrenzen. Deshalb seien die Altersgrenzen im SchfG und im SchfHwG wegen Alters­dis­kri­mi­nierung europa­rechts­widrig und daher nichtig.

Verwal­tungs­gericht: Kläger fehlt es am erforderlichen Rechts­schut­z­in­teresse

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt wies die Klage ab. Soweit der Kläger die Aufhebung der Bestellung seines Konkurrenten zum bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger für den Bezirk Bad Dürkheim ab Januar 2013 sowie die Verpflichtung des Beklagten, ihn - den Kläger - stattdessen zum bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger für diesen Bezirk zu bestellen, begehre, fehle der Klage im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2015 das erforderliche Rechts­schut­z­in­teresse. Der Kläger habe nämlich im Dezember 2014 das 67. Lebensjahr vollendet und damit die Altersgrenze nach dem neuen SchfHwG erreicht. Die Altersgrenze von 67 Jahren verstoße ebenso wenig wie die bis 31. Dezember 2012 geltende Altersgrenze von 65 Jahren gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes bzw. der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleich­be­handlung in Beschäftigung und Beruf. Beide Altersgrenzen seien im Hinblick auf die körperlichen Anforderungen, die die Tätigkeit eines bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­stein­fegers kennzeichneten, und mit Blick auf die mit dieser Altersgrenze verfolgten legitimen arbeits­ma­rkt­po­li­tischen Ziele, einen ausgewogenen Altersaufbaus der bevoll­mäch­tigten Schornsteinfeger sicherzustellen und im Interesse der Beschäftigungs- und Arbeits­ma­rkt­politik beständig neue Bewerber einzustellen, gerechtfertigt.

Altersgrenze: 65. Lebensjahr

Soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung begehre, dass der Beklagte in rechtswidriger Weise nicht ihn, sondern den Konkurrenten zum bevoll­mäch­tigten Bezirks­schorn­steinfeger für den Bezirk in Bad Dürkheim bestellt habe, sei die Klage unbegründet. Eine Bestellung des Klägers als bevoll­mäch­tigter Bezirks­schorn­steinfeger ab dem 1. Januar 2013 sei schon deshalb rechtlich nicht mehr zulässig gewesen, weil er zuvor unter der Geltung des SchfG in den Ruhestand getreten sei. Im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung des Schorn­stein­fe­ger­wesens habe sich der Gesetzgeber für die Fortgeltung des § 9 SchfG bis zum Ablauf des 31. Dezember 2012 entschieden und damit dafür, dass alle Bezirks­schorn­stein­fe­ger­meister, die bis zu diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr vollendet hätten, die Altersgrenze für die Ausübung ihres Berufs erreicht hätten. Aus dem Sinn und Zweck des § 9 SchfG folge damit auch, dass auch eine spätere Bestellung als bevoll­mäch­tigter Bezirks­schorn­steinfeger ausscheide.

Quelle: ra-online, VG Neustadt (pm/pt)

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