18.10.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 3321

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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil21.09.2006

Wiedererteilung der Approbation wegen vielfachen Abrech­nungs­be­truges abgewiesenVerurteilter Arzt ist nach nur einein­halb­jähriger Aufgabe seiner Arzttätigkeit die Approbation nicht wieder zu erteilen

Bei ihm ist ein längerer Reifeprozess für die Wiedererlangung seiner ärztlichen Zuverlässigkeit erforderlich. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Stuttgart entschieden und die Klage eines Arztes auf Wiedererteilung seiner Approbation abgewiesen.

Der Kläger erhielt vom Regie­rungs­prä­sidiums Stuttgart 1982 seine Approbation als Arzt und 1988 von der Bayerischen Landes­ärz­te­kammer die Anerkennung als Facharzt für Augenheilkunde. Er ließ sich daraufhin in Bayern in eigener Praxis als Augenarzt nieder. Wegen Abrechungs­ma­ni­pu­la­tionen zwischen 1996 und 1999 wurde gegen den Kläger mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 30.03.2001 wegen 6.477 zueinander in Tatmehrheit stehender Vergehen des Betruges eine Gesamt­geldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 100,-- DM und eine Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Die Regierung Oberbayern widerrief am 11.02.2002 die Approbation des Klägers wegen Unzuver­läs­sigkeit und Unwürdigkeit. Hiergegen klagte der Kläger erfolglos vor den Bayerischen Verwal­tungs­ge­richten. Eine vom Kläger 2004 erhobene Verfas­sungs­be­schwerde wurde vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht nicht zur Entscheidung angenommen. Der Kläger gab danach zum 04.04.2005 seine Tätigkeit als nieder­ge­lassener Arzt auf. Seinen Antrag vom 05.04.2006 auf Wiedererteilung der Approbation lehnte das Regie­rungs­prä­sidium Stuttgart mit Bescheid vom 12.06.2006 ab, da der Kläger sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich auch derzeit noch seine Unzuver­läs­sigkeit und Unwürdigkeit für die Ausübung des ärztlichen Berufes ergebe. Seine hiergegen am 05.07.2006 zum Verwal­tungs­gericht Stuttgart erhobene Klage blieb erfolglos.

Die 4. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts führte aus:

Nach der Bunde­s­ärz­te­o­rdnung sei die Approbation als Arzt u.a. dann zu erteilen, wenn der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht habe, aus dem sich seine Unwürdigkeit oder Unzuver­läs­sigkeit für die Ausübung des ärztlichen Berufes ergebe. Beim Kläger könne derzeit (noch) nicht die Prognose gestellt werden, dass er zukünftig seinen Beruf zuverlässig ausübe. Im Falle der Wiedererteilung der Approbation sei durch eine Bewährungszeit außerhalb des Berufs unter Beweis zu stellen, dass der Betreffende wieder zur Berufsausübung würdig sei und daher wieder die Approbation erhalten könne. Im Falle des Klägers sei zwar zwischen dem Strafverfahren und dem nachfolgenden Wider­rufs­ver­fahren eine lange Zeit - vor allem wegen der vom Kläger eingelegten Rechtsmittel - verstrichen, in der der Kläger seinen Beruf beanstan­dungsfrei ausgeübt habe. Der Zeitraum echter Bewährung außerhalb seines Berufes habe beim Kläger jedoch nicht mit der Rechtskraft der Wider­ruf­s­ent­scheidung im Dezember 2004, sondern erst mit der Schließung seiner Praxis im April 2005 begonnen. Ausgehend hiervon könne aufgrund des Verhaltens, das zum Widerruf der Approbation des Klägers geführt habe, (noch) nicht die Prognose gestellt werden, dass er seinen Beruf künftig ordnungsgemäß ausüben werde. Aufgrund der Vielzahl der vom Kläger begangenen Betrug­s­ein­zel­hand­lungen von 6.477 Fällen zwischen 1996 und 1999 und des erheblichen wirtschaft­lichen Schadens, der dadurch den gesetzlichen Krankenkassen entstanden sei, sei davon auszugehen, dass erst ein längerer Reifeprozess zu einer Änderung der manifest gewordenen charakterlichen Mängel führen könne. Die Art, Zahl und Schwere der Verstöße gegen seine Berufspflichten und der daraus deutlich gewordene Charakter erforderten daher eine längere Bewährungszeit außerhalb seines Berufs, somit ab April 2005. Die vom Kläger geltend gemachte Schadens­wie­der­gut­machung sei eine Selbst­ver­ständ­lichkeit und als solche allein nicht geeignet, eine wieder gewonnene Zuverlässigkeit zu dokumentieren. Auch der Umstand, dass der Kläger künftig ausschließlich als Privatarzt tätig werden wolle, ändere nichts an dieser Progno­se­ent­scheidung. Denn eine Approbation als Arzt könne nicht beschränkt und nur zur priva­t­ärzt­lichen Tätigkeit erteilt werden.

Der Kläger sei ist auch weiterhin unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes, da er durch sein Verhalten nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitze, das für die Ausübung seines Berufs unabdingbar nötig sei. Die Öffentlichkeit habe kein Verständnis dafür, wenn ein Arzt durch betrügerische Abrechnungen dem sozia­l­ver­si­che­rungs­recht­lichen Gesund­heits­system Schaden zufüge, indem die Solida­r­ge­mein­schaft der Versicherten in solchen Fällen für Leistungen aufzukommen habe, die nicht erbracht worden seien. In einem Fall wie dem vorliegenden erfordere daher die Wiedererteilung der Approbation auch aus der Sicht der Öffentlichkeit eine deutlichere Unterbrechung der Ausübung der ärztlichen Heilkunde als hier die fast 1 1/2-jährige Unterbrechung seit der Schließung der Praxis. Entgegen der Ansicht des Klägers verletze die Entscheidung ihn auch nicht unver­hält­nismäßig in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit, da sie Folge des eigenen Verhaltens des Klägers sei.

Dagegen könne im vorliegenden Verfahren keine Aussage dazu gemacht werden, wann die Voraussetzungen für eine Wiedererteilung der Approbation vorlägen. Starre Regelungen gebe es hierzu nicht, gleichfalls könnten keine Vorgaben für eine in der Zukunft zu stellende erneute Progno­se­ent­scheidung im Rahmen der Zuver­läs­sig­keits­prüfung gemacht werden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Stuttgart vom 08.11.2006

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