18.10.2024
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Dokument-Nr. 823

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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil27.06.2005

Recht zur Überprüfung der Einhaltung baurechtlicher VorschriftenBauaufsicht darf Haus im Binsfeld begehen

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat in einem Urteil vom 27. Juni 2005 entschieden, dass das Bauamt der Stadt Speyer das Recht hat, ein Wohngebäude im Speyerer Binsfeld zu besichtigen, um feststellen zu können, ob die baurechtlichen Vorschriften von den Eigentümern eingehalten werden.

Für das Gebiet „Im Binsfeld“ in Speyer besteht seit 1977 bzw. 1984 ein Bebauungsplan, der eine Bebauung mit Woche­n­end­häusern vorsieht.

Seit Beginn der Bebauung im Binsfeld wurden aber teilweise abweichend von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nebengebäude errichtet, Garagen zu Büro- bzw. Wohnraum und Keller zu Aufent­halts­zwecken umgenutzt.

Die Kläger errichteten im Jahr 1978 ein genehmigtes Wochenendhaus, haben dort aber mittlerweile – wie viele andere Anwohner des Binsfeldes – ihren Hauptwohnsitz.

Im Rahmen einer flächen­de­ckenden Ermittlung von baurechtlichen Verstößen im Binsfeld stellte die Stadtverwaltung unter anderem fest, dass die Kläger auf ihrem Grundstück ein nicht genehmigtes Gartenhäuschen errichtet haben. Außerdem sind die Kellerfenster ihres Hauses dem Augenschein nach größer als genehmigt ausgeführt und mit Rollläden und großen Lichtschächten versehen.

Nachdem sie eine Besichtigung des Hauses durch die Bauaufsicht nicht freiwillig zuließen, legte die Stadt Speyer ihnen per Verfügung die Verpflichtung auf, das Grundstück und die baulichen Anlagen für eine Bauzu­stands­be­sich­tigung zugänglich zu machen.

Gegen diese Verfügung wehrte sich das Ehepaar mit einer Klage beim Verwal­tungs­gericht Neustadt: Die Begehung ihres Wohnhauses sei eine unzulässige Hausdurch­suchung. Es lägen weder Gefahr im Verzug noch eine richterliche Durch­su­chungs­er­laubnis dafür vor. Der Bebauungsplan für das Binsfeld, den die Stadt durchsetzen wolle, sei gar nicht mehr wirksam, weil die überwiegende Mehrheit der Anwohner entgegen diesem Bebauungsplan seit Jahrzehnten hier ihren Hauptwohnsitz habe. Die Stadt habe dies gewusst und von offizieller Seite bei Anfragen von Ansied­lungs­willigen sogar ausdrücklich verlautbart, dass gegen das Dauerwohnen im Binsfeld nicht eingeschritten werde.

Diese Einwände halfen den Klägern nicht weiter. Das Verwal­tungs­gericht wies ihre Klage gegen das Besich­ti­gungs­ver­langen der Stadt ab.

Nach der Begründung des Urteils stellt die Begehung von baulichen Anlagen durch die Bauauf­sichts­behörde keine Hausdurch­suchung dar, da sie im Gegensatz zur Durchsuchung nicht dazu dient, Personen oder Sachen aufzuspüren.

Der Eingriff durch die Bauauf­sichts­behörde gehe nicht über das Betreten im Sinne einer Ortsbe­sich­tigung hinaus. Die Betre­tungs­be­fugnis der Bauauf­sichts­be­hörden sei in der Landes­bau­ordnung vorgesehen, die Voraussetzungen dafür seien erfüllt: Es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Kläger ungenehmigt die Kellerräume zu Wohnzwecken umgenutzt hätten. Dadurch könnten baurechtliche Gefah­ren­vor­schriften, zum Beispiel über die einzuhaltende Höhe, die Beleuchtung und Belüftung von Aufent­halts­räumen sowie über den Brandschutz, betroffen sein. Nur durch eine Besichtigung des Hauses könne sich die Behörde davon überzeugen, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten würden.

Eine ständige Verwal­tung­s­praxis der Stadt Speyer, das illegale Dauerwohnen im Binsfeld zu dulden, lässt sich nach der weiteren Prüfung des Gerichts nicht feststellen. Die Stadt hat damit ihr Recht zum Einschreiten gegen ein Dauerwohnen und andere Abweichungen von dem rechtsgültigen Bebauungsplan nicht verwirkt.

Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung durch das Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz beantragen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 27/2005 vom 04.08.2005

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