25.12.2024
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Dokument-Nr. 34659

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Urteil18.09.2024Verwaltungsgericht Neustadt1 K 191/23.NW
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil18.09.2024

Zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte eines Polizeibeamten bei Verdacht auf illegalen WaffenhandelKlage eines Polizeibeamten hat nur zum Teil Erfolg

Die Klage eines Polizeibeamten gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Polizei­prä­sidium Westpfalz, wegen des ihm gegenüber ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte hat nur zum Teil Erfolg gehabt. Das Verwal­tungs­gericht Neustadt an der Weinstraße hat festgestellt, dass das Verbot teilweise rechtswidrig war. Zuvor konnten sich die Beteiligten nicht auf einen Vergleichs­vor­schlag der Kammer zur umfassenden Beendigung des Verfahrens innerhalb der bis zum 31. Oktober 2024 gesetzten Frist einigen.

Der Kläger stand bis zu seiner Ruhestands­ver­setzung im Jahr 2024 als Erster Krimi­na­l­haupt­kom­missar im Polizeidienst des Landes und war bei dem Polizei­prä­sidium Westpfalz beschäftigt. Seit September 2011 war er für Perso­na­l­rat­stä­tig­keiten freigestellt, zunächst als Vorsitzender des örtlichen Personalrats, seit Juni 2017 als Vorsitzender des Gesamt­per­so­nalrats.

Im Jahr 2022 führte die Staats­an­walt­schaft Zweibrücken ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz gegen den Kläger. Dieses stand im engen Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Wirt einer Pizzeria im Wohnort des Klägers wegen illegalen Waffenhandels. Im Zuge dieser Ermittlung wurde eine Vertrau­ens­person eingesetzt, welche gemäß einem Vermerk des Polizei­prä­sidiums Westpfalz vom 24. März 2022 mitteilte, dass der Kläger eine genau bezeichnete Waffe von dem Wirt erworben habe.

Auf der Grundlage von zwei Durch­su­chungs­be­schlüssen vom 1. April 2022 des Amtsgerichts Zweibrücken wurden am 5. April 2022 das private Anwesen des Klägers sowie die von ihm benutzten Diensträume zwecks Auffindens einer Pistole der Marke „Sig-Sauer“ nebst Munition, die vom Kläger genutzten Mobiltelefone sowie Tablets durchsucht. Die elektronischen Geräte des Klägers wurden dabei beschlagnahmt. Zeitgleich fanden Durchsuchungen bei dem Wirt und weiteren Tatverdächtigen statt. Ausweislich der Durch­su­chungs­be­schlüsse bestand der Verdacht, dass der Kläger im Sommer 2019 ohne die entsprechende waffen­rechtliche Erlaubnis die genannte Schusswaffe erworben habe. Der Tatverdacht beruhte auf den Angaben einer sog. Vertrau­ens­person des Polizei­prä­sidiums Westpfalz.

Gegen den Kläger wurde zeitgleich mit Bescheid des Präsidenten des Polizei­prä­sidiums Westpfalz vom 5. April 2022 ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen. Ihm wurde aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung seiner Dienstgeschäfte verboten und gleichzeitig untersagt, sich in den Diensträumen oder dienstlichen Unter­kunfts­räumen aufzuhalten. Seine dienstlich empfangenen Gegenstände habe er unverzüglich abzugeben. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet.

Da sich im Verlauf der weiteren straf­recht­lichen Ermittlungen herausstellte, dass das Strafverfahren des Klägers eingestellt werden würde, hob das Polizei­prä­sidium Westpfalz mit Verfügung vom 1. Juli 2022 das Verbot mit Wirkung zum 5. Juli 2022 wieder auf. Das Strafverfahren wurde durch die Staats­an­walt­schaft Zweibrücken am 10. September 2022 eingestellt.

Gegen den Bescheid vom 5. April 2022 legte der Kläger Widerspruch ein, der bis zum Ablauf des Verbots am 5. Juli 2022 nicht beschieden wurde.

Am 7. März 2023 erhob er Klage zum Verwal­tungs­gericht mit dem Ziel der gerichtlichen Feststellung der Rechts­wid­rigkeit der Maßnahme. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, das Verbot sei rechtswidrig gewesen. Alleinige Grundlage des Tatverdachts seien Aussagen einer Vertrau­ens­person gewesen; weitere Sachkenntnisse oder Informationen habe der Beklagte nicht gehabt.

Das Verwal­tungs­gericht hat mit Urteil vom 18. September 2024 festgestellt, dass der Bescheid vom 5. April 2022 ab dem 24. Mai 2022 rechtswidrig war, soweit darin weiterhin unter Anordnung des Sofortvollzugs über das genannte Datum hinaus ein Verbot zur Führung der Dienstgeschäfte angeordnet worden sei. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der Bescheid – ein sog. Dauer­ver­wal­tungsakt – sei zunächst rechtmäßig gewesen, habe den Kläger aber durch seinen Fortbestand ab dem 24. Mai 2022 in seinen Rechten verletzt.

Nach § 39 Beamten­sta­tus­gesetz – BeamtStG – könne Beamtinnen und Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung der Dienstgeschäfte verboten werden. Solche zwingenden Gründe hätten zunächst ab Anfang April 2022 vorgelegen. Grundlage des gegen den Kläger ausgesprochenen Verbots der Führung der Dienstgeschäfte sei der Stand eingeleiteter straf­recht­licher Ermittlungen gegen den Kläger gewesen, welcher seinem Dienst­vor­ge­setzten, dem Präsidenten des Polizei­prä­sidiums Westpfalz, Anfang April 2022 mitgeteilt worden sei. Dieser sei darüber informiert worden, dass der Kläger des illegalen Erwerbs und Besitzes einer Schusswaffe verdächtigt werde. Diese Handlungen seien gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 1 Waffengesetz strafbewehrt mit Freiheitsstrafe nicht unter sechs Monaten. Gegen diesen Wirt liefen zu dieser Zeit bereits strafrechtliche Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und das Kriegs­waf­fen­gesetz, die später auch in eine Verurteilung dieser Person zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von 2 Jahren und 4 Monaten mündeten (LG Zweibrücken, Urteil vom 22. November 2023, 6 KLs 4142 Js 4414/20).

Zwar habe der Dienst­vor­ge­setzte in seine Entscheidung einstellen müssen, dass mit dem Einsatz einer Vertrau­ens­person gemeinhin durchaus Unwägbarkeiten einhergingen, was die Zuverlässigkeit der von ihr mitgeteilten Informationen angehe. Allerdings hätten die vorgetragenen und im Raum stehenden Hinweise und Informationen dem Amtsgericht Zweibrücken genügt, um nach eingehenderer Prüfung der Akten Durch­su­chungs­be­schlüsse zum Nachteil des Klägers zu erlassen. Zudem komme es bei der Entschei­dungs­findung für Konstellationen der vorliegenden Art maßgeblich auf die Schwere des im Raum stehenden Vorwurfs und weniger stark auf die Verdachtstiefe an. Hier hätten zunächst Gründe der höchsten Prioritätsstufe vorgelegen, denn es seien gegen einen Ersten Krimi­na­l­haupt­kom­missar strafrechtliche Ermittlungen wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen das Waffengesetz geführt worden. Die Verbots­ver­fügung habe deshalb erlassen werden dürfen, denn sie habe dem Schutz der Integrität des Dienstbetriebs der Behörde und des Vertrauens in die staatliche Institution der Polizei gedient.

Allerdings habe es ab dem 24. Mai 2022 keine nachvoll­ziehbaren Ermitt­lungs­ansätze mehr gegeben, die eine Aufrecht­er­haltung der Maßnahme aufgrund zwingender dienstlicher Gründe gerechtfertigt hätten. Bei den Auswertungen der beschlagnahmten elektronischen Geräte des Klägers sei kein belastendes Material gefunden worden. Schließlich habe der im Strafverfahren beschuldigte Wirt am 24. Mai 2022 bei seiner Vernehmung energisch und ohne jeglichen Zweifel zu offenbaren einen Beitrag des Klägers verneint. Ab diesem Zeitpunkt habe es mithin keine den Kläger belastende Aussage bzw. keine weitere aktenkundige Tatsache mehr gegeben – mit Ausnahme der indirekten Kundgabe der nicht offengelegten Vertrau­ens­person –, weshalb auf Grundlage des gesamten Sachverhaltes festzustellen sei, dass ab diesem Zeitpunkt keine hinreichend belastenden Elemente mehr festzustellen gewesen seien, die ein Verbot nach § 39 BeamtStG gerechtfertigt hätten.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, ra-online (pm/pt)

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