15.11.2024
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Dokument-Nr. 29651

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Urteil25.10.2020Verwaltungsgericht Neustadt1 K 156/20.NW - u. a.
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil25.10.2020

Kein Anspruch auf Polizeidienst in einem bestimmten Wechsel­schicht­modellAltes "Doppelschlag"-Modell widerspricht europa­recht­lichen Vorgaben

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt/WStr. hat mit mehreren Urteilen die Klagen von Landes­po­li­zei­beamten und -beamtinnen abgewiesen, die eine Weiter­ver­wendung in dem bis Ende 2018 in ihren jeweiligen Dienststellen im Bereich des Polizei­prä­sidiums Westpfalz angewandten Arbeits­zeit­modell "Doppelschlag" erreichen wollten.

Bei diesem sog. "Doppelschlag"-Modell begann der planbare Wechsel­schicht­dienst in einem 5-Tage-Rhythmus regelmäßig mit einem Spätdienst (12.00 Uhr bis 20.00 Uhr), gefolgt von einem Frühdienst am nächsten Tag (6.00 Uhr bis 12.00 Uhr) und einem Nachtdienst ab 20.00 Uhr desselben Tages bis 6.00 Uhr morgens am Folgetag. Dem schlossen sich drei schichtfreie Tage an.

Im Rahmen eines 2015 gestarteten Projekts "Gesünderes Arbeiten in der Polizei" (GAP) zeigte sich u.a., dass diese Arbeits­zeit­ge­staltung den Vorgaben der Europäischen Arbeits­zei­trichtlinie 2003/88/EG betreffend die tägliche Mindestruhezeit nicht entsprach. Die entsprechenden europa­recht­lichen Vorgaben wurden Ende 2019 in die rheinland-pfälzische Arbeits­zeit­ver­ordnung übernommen. Von der nach Art. 17 der Europäischen Arbeits­zei­trichtlinie möglichen Ausnah­me­re­gelung hat das Land Rheinland-Pfalz hingegen keinen Gebrauch gemacht.

Mit einer bereits Ende 2018 erlassenen Verwal­tungs­vor­schrift "Wechsel­schicht­dienst Polizei" regelte das Land die Rahmenvorgaben für die Gestaltung der Arbeitszeit im planbaren Wechsel­schicht­dienst ab 1. Januar 2019 neu und bestimmte dabei auch, dass die Wechsel­schicht­modelle in den einzelnen Dienststellen unter Berück­sich­tigung der örtlichen Gegebenheiten durch Dienst­ver­ein­ba­rungen zwischen der Dienststelle und dem Personalrat festzusetzen sind. Auf dieser Grundlage wurden die Arbeitszeiten für den planbaren Wechsel­schicht­dienst in den Dienststellen der Kläger und Klägerinnen jeweils in Dienst­ver­ein­ba­rungen - gegen bestehende Einwände der dortigen örtlichen Perso­na­l­ver­tre­tungen, aber schließlich mit Zustimmung der übergeordneten Perso­na­l­ver­tretung - neu festgelegt. Vorgesehen ist seitdem eine Schichtabfolge von zweimal Frühdienst (6.00 Uhr bis 14.00 Uhr), zweimal Spätdienst (14.00 Uhr bis 20.00 Uhr) und zweimal Nachtdienst (20.00 Uhr bis 6.00 Uhr), mit einem anschließenden Freiblock von vier Tagen. Die Dienst­ver­ein­ba­rungen sehen außerdem vor, dass im 24-Stunden-Zeitraum eine Ruhezeit von mindestens 11 zusam­men­hän­genden Stunden zu gewährleisten ist.

Gegen die neuen Arbeitszeiten wandten sich insgesamt sieben Polizei­be­am­tinnen und -beamte, im Wesentlichen mit der Begründung, das neue Wechsel­schicht­modell nehme nicht genug Rücksicht auf ihre gesund­heit­lichen und persönlichen Belange und verletze damit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn.

"Doppelschlag"-Modell widerspricht europa­recht­lichen Vorgaben

Ihre Klagen wurden vom Verwal­tungs­gericht abgewiesen. Das Gericht verweist in seinen Urteilen darauf, dass die Regelung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten, auch im planbaren Wechsel­schicht­dienst der Polizei, einem weiten Gestal­tungs­spielraum des Dienstherrn unterliegt. Die Polizei­be­am­tinnen und -beamten haben deshalb grundsätzlich keinen Anspruch auf Verwendung in einem bestimmten Arbeits­zeit­modell, beispielsweise in dem früher angewandten "Doppelschlag"-Modell. Dieses Modell widerspreche europa­recht­lichen Vorgaben. Das neue Wechsel­schicht­modell sei durch noch geltende Dienst­ver­ein­ba­rungen festgelegt, die rechtswirksam zustande gekommen und bisher nicht gekündigt seien. Sie bildeten die verbindliche Rechtsgrundlage für die Anwendung des neuen Arbeits­zeit­modells, das als solches keinen rechtlichen Bedenken unterliege. Insbesondere sei es nicht zu beanstanden, dass das Land Rheinland-Pfalz im Unterschied etwa zum Freistaat Bayern keine nach Art. 17 der Europäischen Arbeits­zei­trichtlinie möglichen Abweichungen von der Mindestruhezeit in der Arbeits­zeit­ver­ordnung vorsehe. Damit sei vielmehr eine rechts­po­li­tische Entscheidung im Rahmen des födera­lis­tischen Systems der Bundesrepublik Deutschland getroffen worden. Es sei nicht ernsthaft davon auszugehen, dass die neuen Schichtzeiten die Gesundheit, das Familienleben oder die sozialen/kulturellen Belange der Beamtinnen und Beamten in relevanter Weise beein­träch­tigten und damit die Fürsorgepflicht des Dienstherrn verletzten. Dazu sei klägerseits kein ausreichender Vortrag im Einzelfall erfolgt. In einer von den Dienst­ver­ein­ba­rungen vorgesehenen Evaluation bestehe für die Beteiligten die Möglichkeit, bislang gesammelte Erfahrungen mit dem neuen Wechsel­schicht­modell zu dokumentieren, zu diskutieren und auszuwerten.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, ra-online (pm/pt)

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