15.11.2024
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Dokument-Nr. 4720

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Urteil08.08.2007Verwaltungsgericht Münster6 K 1923/05
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Verwaltungsgericht Münster Urteil08.08.2007

Verfüt­te­rungs­verbot von Misch­fut­ter­mitteln mit Wieder­käu­er­fetten an Wiederkäuer verstößt gegen europäisches Recht

Misch­fut­ter­mittel, die Wieder­käu­erfette enthalten, dürfen im Kreis Warendorf an Wiederkäuer verfüttert werden. Das hat die 6. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Münster in einem kürzlich ergangenen Urteil festgestellt und damit einer Futter­mit­telfirma aus Warendorf im Wesentlichen Recht gegeben.

Die Klägerin, die Importeurin von Misch­fut­ter­mitteln ist und gleichzeitig in Warendorf eine Kälber- und Ferkelmast betreibt, beabsichtigt, tierische Fette enthaltende Misch­fut­ter­mittel ihrer Schwesterfirmen aus den Niederlanden und Frankreich einzuführen und in der Bundesrepublik Deutschland an Kälber und Ferkel zu verfüttern.

Der Landrat des Kreises Warendorf hatte darauf verwiesen, dass nach dem deutschen Lebens- und Futter­mit­tel­ge­setzbuch die Verfütterung von Misch­fut­ter­mitteln, die tierische Fette enthielten, in der Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig sei.

Die Klägerin hatte hingegen den Standpunkt vertreten, das deutsche Verbotsgesetz sei mit dem harmonisierten Gemein­schaftsrecht nicht vereinbar. Dieser Argumentation folgte das Gericht. Da das Verfüt­te­rungs­verbot mit unmittelbar geltendem Gemein­schaftsrecht nicht zu vereinbaren sei, gelange es aufgrund des im EG-Vertrag normierten Anwen­dungs­vorrangs des Gemein­schafts­rechts nicht zur Anwendung. Die einschlägige EG-Verordnung Nr. 999/2001 enthalte kein Verfüt­te­rungs­verbot für Wieder­käu­erfette. Die aus Gründen des Gesund­heits­schutzes in der Verordnung enthaltenen futter­mit­tel­recht­lichen Vorschriften in Bezug auf die TSE/BSE-Bekämpfung seien abschließend und ständen einem über diese Regelungen hinausgehenden nationalen Verfüt­te­rungs­verbot grundsätzlich entgegen. Der europäische Gesetzgeber habe durch die Verordnung, die sich ausdrücklich nur zur Verfütterung tierischer Proteine verhält, eine abschließende Harmonisierung zuvor erlassener zahlreicher Regelungen zur Bekämpfung von BSE bezweckt und bewusst dabei auf ein Verfüt­te­rungs­verbot für tierische Fette verzichtet. Das ergebe sich aus der Entste­hungs­ge­schichte der Verordnung und im Vergleich mit anderen gemein­schafts­recht­lichen Regelungen.

Der EG-Vertrag erlaube es Deutschland auch nicht, von einer getroffenen unmittelbar dem Gesund­heits­schutz dienenden Gemein­schafts­maßnahme in Richtung eines stärkeren Gesund­heits­schutzes abzuweichen. Auch die zum Zeitpunkt des Erlasses der EG-Verordnung bereits existierenden Schutzmaßnahmen könnten keine weitere Geltung beanspruchen. Insbesondere lägen auf europäischer Ebene keine gesicherten wissen­schaft­lichen Erkenntnisse vor, die zum Schutz der Gesundheit von Mensch oder Tier eine Verschärfung der Verbots­vor­schriften rechtfertigen könnten. Während die Europäische Lebens­mit­tel­behörde in einem Gutachten von 2005 die von Wieder­käu­er­fetten ausgehenden Gesund­heits­ge­fähr­dungen als minimal ansehe, teilten Wissenschaftler des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Friedrich-Loeffler-Instituts, Bundes­for­schungs­in­stitut für Tiergesundheit, diese Auffassung nicht. Wegen der divergierenden Risiko­be­ur­tei­lungen ist inzwischen ein nach dem europäischen Recht vorgesehenes Verfahren der Zusammenarbeit der nationalen Stellen und der Europäischen Lebens­mit­tel­behörde mit dem Ziel eingeleitet worden, die Divergenzen auszuräumen oder der Kommission ein gemeinsames Papier vorzulegen, in dem die wissen­schaft­lichen Fragen verdeutlicht und die Unsicherheiten in bezug auf die Daten ermittelt werden. Bis zum Ausgang dieses Verfahrens, dessen Ergebnis offen sei, gelten nach Auffassung des Gerichts die beanstandeten Futtermittel weiterhin als sicher.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Münster vom 20.08.2007

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