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Verwaltungsgericht Münster Urteil28.09.2006

Trauma nach Selbstmorden: Lokführer erstreitet Unfallfürsorge

Ein infolge mehrerer Dienstunfälle psychisch erkrankter Lokomotivführer hat vor dem Verwal­tungs­gericht Münster Recht bekommen. Das Gericht sprach dem Mann aus Steinfurt Unfallfürsorge zu und verpflichtete das Bundes­ei­sen­bahn­vermögen, die Kosten einer Heilkur sowie einer psycho­the­ra­peu­tischen Behandlung zu übernehmen.

Die Leidens­ge­schichte des Klägers begann schon 1975: Eine Selbstmörderin warf sich vor sein Auto, als er auf dem Weg vom Dienst nach Hause war. Im Juli 1993 und im April 1996 überfuhr der Lokführer mit seinem Zug jeweils einen Selbstmörder. Im Dezember 1996 kam ein Kollege bei einem Zugunglück ums Leben. Im Februar 1997 erlebte der Kläger als Mitfahrer im Führerstand eines Triebwagens einen Zusammenstoß mit einem Traktor, bei dem dieser sich in den Zug bohrte. Im Juni 2000 geriet ein Reisender zwischen den Bahnsteig und den vom Kläger geführten Zug, was eine Schnellbremsung erforderlich machte. Im Oktober 2002 rutschte der Kläger mit seinem Zug an einem Bahnhof vorbei, weil das Bremssystem versagte. Wegen zunehmender psychischer Beschwerden - er sah die Suizide auf der Bahnstrecke vor sich, träumte davon, konnte die Bilder nicht abschalten - begab der Mann sich 2003 in psycho­the­ra­peu­tische Behandlung.

Die Kosten dieser Behandlung sowie die Kosten einer sechswöchigen Heilkur im Jahr 2003 forderte der Kläger nun vom Bundes­ei­sen­bahn­vermögen als Leistung der Unfallfürsorge. Während insgesamt fünf Ärzte dem Kläger eine posttrau­ma­tische Belas­tungs­störung im Zusammenhang mit den beruflichen Ereignissen attestierten, kam eine vom Bundes­ei­sen­bahn­vermögen eingeschaltete Ärztin allerdings zum Ergebnis, bei den jetzt noch bestehenden psychischen Beschwerden handele es sich um eine unfal­lu­n­ab­hängige Depression. Ursächlich seien anlagebedingte Faktoren und die Abnahme der körperlichen und geistigen Leistungs­fä­higkeit auf dem Boden internistischer Erkrankungen und Risikofaktoren. Ein wesentlicher Zusammenhang mit den Unfal­le­r­eig­nissen bestehe nicht. Dem folgte das Verwal­tungs­gericht nicht und gab dem Kläger - und seinen Ärzten und Therapeuten - Recht. Die Feststellungen der Ärztin beruhten nur auf einer Momentaufnahme und litten an zahlreichen Mängeln. Das Bundes­ei­sen­bahn­vermögen muss jetzt die Kosten im Wege der Unfallfürsorge übernehmen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Münster vom 09.10.2006

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