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Verwaltungsgericht Münster Urteil09.03.2007
VG Münster stoppt Verpachtung einer Leichenhalle - Verpachtung muss öffentlich ausgeschrieben werdenBei Vergabe einer "Dienstleistungskonzession" sind europarechtliche Vorgaben zu beachten
Die Stadt Coesfeld muss bei der Verpachtung ihrer Leichenhalle an der Friedhofsallee europarechtliche Vorgaben beachten. Vor einer Verpachtung müssen alle potenziell Interessierten durch eine öffentliche Ausschreibung oder sonstige öffentliche Bekanntmachung Zugang zu den wesentlichen Informationen über den beabsichtigten Pachtvertrag erhalten können. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster per Eilbeschluss entschieden.
Die Stadt beabsichtigt, die Bewirtschaftung der Leichenhalle zu privatisieren. Hierfür hatte sie 2004 mit den drei ortsansässigen Bestattungsunternehmern Gespräche geführt. Nachdem einer der Unternehmer abgewinkt hatte, handelte die Stadt mit einem der übrigen Unternehmer einen Pachtvertrag aus, der im Februar 2007 unterschrieben werden sollte. Hiergegen wandte sich jedoch der verbliebene Bestatter. Er beantragte bei Gericht eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel, es der Stadt Coesfeld zu untersagen, den Pachtvertrag ohne vorherige öffentliche Ausschreibung abzuschließen.
Diesem Antrag gab die 1. Kammer des Gerichts statt. Bei der beabsichtigten Übertragung des Betriebs der Leichenhalle auf ein privates Bestattungsunternehmen handele es sich um die Vergabe einer sog. Dienstleistungskonzession. Dabei sei das Recht der Europäischen Gemeinschaften zu beachten, auch wenn hier alle Beteiligten ihren Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland hätten. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug sei gegeben, weil es sich schon angesichts der geographischen Lage Coesfelds nicht ausschließen lasse, dass etwa ein Bestattungsunternehmen aus den Niederlanden daran interessiert wäre, die Leichenhalle zu betreiben. Auch sei der wirtschaftliche Wert der Konzession nicht so gering, dass ein Interesse ausländischer Unternehmen von vornherein zu verneinen wäre. Demnach gelte hier insbesondere das vom Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften aus dem EG-Vertrag hergeleitete Gebot zur Transparenz. Danach hätten öffentliche Stellen, die einen Vertrag über eine Dienstleistungskonzession abzuschließen beabsichtigen, allen potenziell Interessierten den Zugang zu angemessenen Informationen über die Konzession zu ermöglichen, um diese in die Lage zu versetzen, gegebenenfalls ihr Interesse an der Erteilung der Konzession bekunden zu können. Dieses Gebot sei hier dadurch verletzt worden, dass der Antragsteller zwar über das Vorhaben der Stadt an sich informiert worden sei, die Informationen ihn aber nicht ausreichend in die Lage versetzt hätten, ein konkretes Angebot abgeben zu können. Dem Antragsteller seien der beabsichtigte Beginn und die Laufzeit des Pachtvertrags ebenso wenig mitgeteilt worden wie Art und Umfang der voraussichtlichen jeweiligen Rechte und Pflichten der Vertragspartner. Das Recht, die Einhaltung des europarechtlichen Transparenzgebots zu verlangen, stehe auch nicht nur ausländischen Interessenten zu. Da die Pflicht zur Transparenz darauf abziele, die Dienstleistungskonzession dem Wettbewerb zu öffnen, müssten auch inländische Interessenten die Möglichkeit haben, gegen Verstöße vorzugehen. Der Antragsteller könne verlangen, dass die Stadt Coesfeld vor der Verpachtung der Leichenhalle ein Vergabeverfahren durchführe, das den hierfür geltenden gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen entspreche. Dies erfordere nicht notwendigerweise eine förmliche Ausschreibung. Vielmehr reiche auch eine andere Art der Bekanntmachung aus, die aber die für ein eventuelles Vertragsangebot eines Interessenten wesentlichen Informationen über den beabsichtigten Pachtvertrag und eine Zeitangabe für die Abgabe eines Angebots umfassen müsse.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 09.03.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Münster vom 09.03.2007
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