Verwaltungsgericht Köln Urteil27.11.2025
Jagdrechtliche Schonzeitverkürzung ohne vorangegangene sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung ist rechtswidrigJagdrechtliche Schonzeitverkürzung im April 2025 im Rhein-Sieg-Kreis war rechtswidrig
Die vom Rhein-Sieg-Kreis verfügte Verkürzung der Schonzeit für Rehwild (Schmalrehe und Böcke) betreffend den Monat April 2025 war rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und damit der Klage eines Umweltverbands stattgegeben.
Zur Förderung der Waldverjüngung in Jagdbezirken mit hohen Waldschäden hatte der beklagte Kreis wie bereits in den vorhergehenden Jahren die Schonzeit für Rehwild, dessen Bejagung sonst erst ab Mai gesetzlich erlaubt ist, für den Monat April 2025 aufgehoben. Die Prüfung einer solchen Maßnahme war den zuständigen Behörden in einem Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen nahegelegt worden. Die Schonzeitaufhebung betraf die als Hauptschadensgebiete näher gekennzeichneten Waldflächen in den Kommunen Eitorf, Lohmar, Much, Ruppichteroth, Siegburg und Windeck. Ein Umweltverband erhob Klage gegen die Schonzeitverkürzung unter Hinweis darauf, dass dadurch nach der europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) besonders geschützte sog. Natura-2000-Gebiete ohne vorherige Verträglichkeitsprüfung gefährdet würden.
Das Gericht gab der Klage statt. Zur Begründung führt es aus: Die Schonzeitverkürzung ohne vorangegangene sog. FFH-Verträglichkeitsprüfung war rechtswidrig. Alle betroffenen sechs Kommunen verfügen über ausgewiesene Natura-2000-Schutzgebiete. Negative Auswirkungen auf die jeweiligen Natura-2000-Schutzziele durch die Schonzeitverkürzung sind nicht offensichtlich auszuschließen gewesen. Auch wenn einzelne betroffene Natura-2000-Schutzgebiete eine jagdliche Regulierung des Schalenwildbestandes als eine FFH-Verträglichkeitsprüfung entfallen lassende sog. Gebietsverwaltungsmaßnahme vorsehen, fällt die Schonzeitverkürzung als jagdliche Ausnahmemaßnahme nicht hierunter. Denn die Ausnahme von der Verträglichkeitsprüfung für Gebietsverwaltungsmaßnahmen soll unnötige Doppelprüfungen vermeiden. Es ist aber nicht erkennbar, dass Schonzeitverkürzungen für Rehwild bei der Festlegung der Erhaltungsmaßnahmen seinerzeit "mitgedacht" worden wären und daher ohne erneute Prüfung eine Gefährdung der Schutzziele für die betroffenen Gebiete nicht zu befürchten steht.
Gegen den Beschluss können die Beteiligten Berufung einlegen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheiden würde.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.12.2025
Quelle: Verwaltungsgericht Köln, ra-online (pm/pt)