15.11.2024
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Sie sehen eine Figur, die einen Mann darstellt, der mit einem Fernglas in der Hecke sitzt.

Dokument-Nr. 3840

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Verwaltungsgericht Koblenz Beschluss20.02.2007

Sperr­zeit­re­gelung ist rechtswidrig

Eine Sperr­zeit­re­gelung für eine Diskothek ist rechtswidrig, wenn zwingende Gründe für eine Rücknahme oder einen Widerruf der erteilten Gaststät­te­n­er­laubnis vorliegen. In diesem Fall fehlt der Regelung nämlich die Eignung rechtmäßige Zustände herzustellen. Dies folgt aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Koblenz.

Die Diskothek wurde 1979 baurechtlich genehmigt. Sie befindet sich im Keller eines Geschäfts­ge­bäudes. In der Umgebung sind sowohl Wohn- als auch weitere Geschäfts­gebäude anzutreffen. Nach zahlreichen Nachba­r­be­schwerden setzte die zuständige Verbands­ge­meinde die Sperrzeiten in den Nächten zum Montag bis zum Freitag von 01.00 Uhr bis 06.00 Uhr sowie zum Samstag und Sonntag von 02.00 Uhr bis 06.00 Uhr fest. Gleichzeitig ordnete sie die sofortige Vollziehung des Bescheides an, um den Schutz der Nachtruhe der benachbarten Wohnhäuser zu gewährleisten. Hiergegen legte die Betreiberin der Diskothek, eine GmbH, Widerspruch ein und trug vor, dass der überwiegende Zustrom der Gäste erst in der Zeit von 24.00 Uhr bis 01.30 Uhr stattfinde, so dass der Betrieb der Diskothek bei Beachtung der Sperrzeiten aus wirtschaft­lichen Gründen eingestellt werden müsse. Der Widerspruch blieb erfolglos. Bereits zuvor hatte die Betreiberin beim Verwal­tungs­gericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt, um die festgesetzten Sperrzeiten derzeit nicht beachten zu müssen.

Dieser Antrag hatte Erfolg. Die notwendige Abwägung der wider­strei­tenden Interessen, so das Gericht, falle zu Gunsten der Betreiberin aus, da die Anfechtung der Sperr­zeit­re­gelung voraussichtlich erfolgreich sein werde. Diese Verfügung sei nämlich rechtswidrig. Zwar dürften nach den gesetzlichen Bestimmungen Sperrzeiten festgelegt werden, wenn hierfür ein öffentliches Bedürfnis vorliege oder wenn besondere örtliche Verhältnisse bestünden. Der Erlass einer derartigen Regelung scheide jedoch u.a. dann aus, wenn Gründe vorlägen, die zwingend eine Rücknahme oder einen Widerruf der erteilten gaststät­ten­recht­lichen Erlaubnis verlangten. Ein solcher Fall sei hier gegeben, da die Geschäftsführer der Betreiberin im gaststät­ten­recht­lichen Sinne unzuverlässig seien. Seit dem Jahr 2003 komme es durch Besucher der Diskothek regelmäßig zu nächtlichen Ruhestörungen und Straftaten, deren Bandbreite von Sachbe­schä­di­gungen und Diebstählen, über Verstöße gegen das Betäu­bungs­mit­tel­gesetz und Trunken­heits­fahrten bis hin zu gefährlichen Körper­ver­let­zungen, verhinderten Massen­schlä­gereien und zuletzt einer versuchten Vergewaltigung reichten. Die Straftaten würden häufig durch alkoholbedingte Exzesse ausgelöst. Nach den vorliegenden polizeilichen Erkenntnissen trügen hierzu insbesondere die von der Antragstellerin massiv beworbenen sog. „50-cent-partys” bei, bei denen u.a. Wodka und Flaschenbier für diesen Preis abgegeben würden. Mit der Werbung, für einen geringen Betrag Alkohol in unbegrenztem Umfang konsumieren zu können, würden gezielt Gäste angesprochen, die im alkoholisierten Zustand zu Gewalt und Störungen der öffentlichen Ordnung neigten. Ein ernsthaftes Bemühen der Betreiberin, durch geeignete betriebliche Maßnahmen zur Behebung der daraus resultierenden Probleme beizutragen, sei nicht erkennbar. Vielmehr verlagere die Betreiberin diese Probleme auf die Allgemeinheit und nehme Verletzungen wichtiger Rechtsgüter wie Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Eigentum in Kauf. Dies führe zur Unzuver­läs­sigkeit der hierfür verant­wort­lichen Geschäftsführer. Ferner sei die Sperr­zeit­re­gelung auch nicht geeignet, eine Einhaltung der zulässigen Immissionswerte und damit rechtmäßige Zustände hinsichtlich der Lärmproblematik herbeizuführen. Mithin sei die Regelung auch aus diesem Grund ermes­sens­feh­lerhaft.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 9/2007 des VG Koblenz vom 23.02.2007

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