15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen einen Müllwagen beim Abholden der Mülltonnen.

Dokument-Nr. 9903

Drucken
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Kassel Urteil23.06.2010

Volumen kleiner Abfallmengen auf Kompos­tie­rungs­anlagen darf geschätzt werdenKosten für Einrichtung geeichter Messanlagen für Klein­an­lie­fe­rungen stehen in keinem angemessenen Verhältnis zu den zu erwartenden Einnahmen

Mitarbeiter einer Kompos­tie­rungs­anlage sind dazu berechtigt und verpflichtet, die Abfallmengen für die Erhebung einer Abgabe zu schätzen, wenn die genaue Ermittlung der relevanten Daten tatsächlich unmöglich ist oder nur unter unzumutbarem Ermitt­lungs­aufwand erreicht werden kann. In der Regel ist die Einrichtung geeichter Messanlagen auch für Klein­an­lie­fe­rungen mit erheblichen Kosten verbunden und steht in einem unangemessenen Verhältnis zur den geringen zu erwartenden Abgabegebühren. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Kassel.

Im zugrunde liegenden Streitfall lieferte der Kläger am 17. März 2008 in seinem Pkw VW Passat Kombi Grünschnitt auf der Kompos­tie­rungs­anlage Homberg (Efze) an, die vom beklagten Abfall­zweck­verband betrieben wird. Ein Mitarbeiter der Kompos­tie­rungs­anlage schätzte die Menge des angelieferten Grünschnitts auf den Umfang eines doppelten Kofferraums (mehr als ,2 m³ bis ,5 m³) und setzte mit dem angegriffenen Bescheid die dafür in der Abfall­ge­büh­ren­satzung vorgesehene Gebühr in Höhe von 2,- Euro fest.

Kläger verlangt geeignete Messeinrichtung statt pauscha­lie­render Schät­zungs­be­fugnis des Mitarbeiters

Der Kläger wandte sich gegen die Gebüh­ren­for­derung, soweit mehr als 1,- Euro festgesetzt worden war. Zur Begründung trug er vor, dass er den von ihm angelieferten Grünschnitt zuvor in den Kofferraum des Stufenheck-Pkw seines Nachbarn verladen habe, um sicher zu gehen, dass er die Menge von ,2 m³ nicht überschreite. Statt einer pauscha­lie­renden Schät­zungs­be­fugnis durch den Mitarbeiter vor Ort solle eine geeignete Messeinrichtung vorgesehen werden.

Genaues Wiegen oder Vermessen würde laufenden Geschäfts­betrieb behindern und reibungslosen und zügigen Betrieb der Anlage unmöglich machen

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hielt dagegen die in der Satzung vorgesehene Befugnis der Mitarbeiter des Anlagen­be­treibers, bei Klein­an­lie­fe­rungen das Volumen der angelieferten Abfälle zu schätzen, für rechtmäßig. Nach den Regelungen des Kommu­na­l­ab­ga­ben­ge­setzes und der Abgabenordung seien Behörden berechtigt und verpflichtet, die Grundlagen für die Erhebung einer Abgabe zu schätzen, wenn die genaue Ermittlung der relevanten Daten tatsächlich unmöglich sei oder nur unter unzumutbarem Ermitt­lungs­aufwand erreicht werden könne. Hier habe der beklagte Abfall­zweck­verband nachvollziehbar vorgetragen, dass die Einrichtung geeichter Messanlagen auch für Klein­an­lie­fe­rungen mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Das stünde nach Auffassung des Gerichts in einem unangemessenen Verhältnis zur nur geringen Höhe der zu erwartenden Gebühren oder würde dazu führen, dass die erhöhten Kosten auf den jeweiligen Messvorgang umgelegt würden und daher die Gebühren stark erhöht werden müssten. Zudem würde damit auch in organi­sa­to­rischer Hinsicht ein unver­hält­nis­mäßiger Aufwand erforderlich, da jede einzelne Klein­an­lie­ferung genau verwogen oder vermessen werden müsste. Das würde angesichts der Zahl von durch­schnittlich 163 täglichen Klein­an­lie­fe­rungen den laufenden Geschäfts­betrieb so stark behindern, dass ein reibungsloser und zügiger Betrieb der Anlage nicht mehr gewährleistet wäre.

Schät­zungs­be­fugnis ordnungsgemäß ausgeübt

Der zuständige Mitarbeiter habe im konkreten Fall die Schät­zungs­be­fugnis auch ordnungsgemäß ausgeübt. Schätzungen müssten in sich schlüssig sein, wobei alle bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen sind. Dabei dürfe insbesondere nicht gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze und anerkannte Schät­zungs­grundsätze verstoßen werden. Der Verwaltung sei mit der Schät­zungs­be­fugnis ein nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Einschät­zungs­spielraum übertragen. Sofern sich nicht aus den konkreten Umständen des Einzelfalls ergebe, dass die Abgaben­grundlage – hier die angelieferte Abfallmenge – offensichtlich willkürlich festgesetzt wurde oder diese Festsetzung offensichtlich außer Verhältnis zu einer nach dem Vortrag der Beteiligten vernünf­ti­gerweise möglichen Abfallmenge steht, habe das Gericht die Einschätzung des betreffenden Mitarbeiters hinzunehmen.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Kassel

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil9903

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI