15.11.2024
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Dokument-Nr. 6960

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Beschluss05.11.2008Verwaltungsgericht Kassel2 L 1545/08. KS
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Verwaltungsgericht Kassel Beschluss05.11.2008

Auflagen für die Demonstration der NPD am 08.11.2008 in Fulda größtenteils rechtmäßig

Das Verwal­tungs­gericht Kassel erklärt die vom Oberbür­ger­meister der Stadt Fulda der NPD gemachten Auflagen für die Demonstration am 08.11.2008 nur zum Teil für rechtwidrig.

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hat einem Eilantrag des Landes­or­ga­ni­sa­ti­o­ns­leiters der NPD-Hessen auf Wieder­her­stellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen für sofort vollziehbar erklärte Auflagen des Oberbür­ger­meisters der Stadt Fulda hinsichtlich der Durchführung der am 08.11.2008 geplanten Demonstration nur zum Teil stattgegeben. Nachdem die Stadt Fulda mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss der 2. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts zur Rechts­wid­rigkeit eines vollständigen Demon­s­tra­ti­o­ns­verbotes vor dem Hess. Verwal­tungs­ge­richtshof gescheitert war, wurden die von ihr nunmehr mit Verfügung vom 03.11.2008 erteilten Auflagen für die 08.11.2008 in Fulda vorgesehene Demonstration zum Thema "Endlich auferstehen aus den Ruinen - Deutschlands Zukunft liegt in unserer Hand" im Wesentlichen vom Verwal­tungs­gericht bestätigt.

Für rechtswidrig erachtete das Gericht die Anordnungen, dass das Versamm­lungsende auf 16.00 Uhr festgesetzt, das Tragen von Sonnenbrillen, Baseballkappen und Kapuzen und das Mitführen von schwarz-weiß-roten Fahnen sowie das Marschieren im Gleichschritt untersagt wird. Rechtswidrig sei auch die Auflage, dass der Landes­or­ga­ni­sa­ti­o­ns­leiter der NPD-Hessen Herr Mario Matthes als vorgesehener Redner lediglich für das Verlesen der Auflagen zugelassen werde.

Die Rechtmäßig- bzw. Rechts­wid­rigkeit dieser Auflagen habe sich an der elementaren Bedeutung der Versammlungs- und Meinungs­freiheit und am Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit messen zu lassen. In diesem Sinne verhältnismäßig sei es, wenn mit Auflagen verhindert werden solle, dass Rechtsextreme an einem speziell der Erinnerung an das Unrecht des Natio­nal­so­zi­a­lismus und den Holocaust dienenden Feiertag einen Aufzug mit Provo­ka­ti­o­ns­wirkung veranstalteten oder ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der natio­nal­so­zi­a­lis­tischen Gewalt­herr­schaft identifiziere und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regime andere Bürger einschüchterten. Auflagen in diesem Sinne seien zulässig, wenn sie dazu dienten, dem geplanten Aufmarsch im Wesentlichen die Ähnlichkeit zu Aufmärschen der Nazischergen im sog. Dritten Reich zu nehmen. An diesen Vorgaben gemessen erwiesen sich die Auflagen, mit denen das Versamm­lungsende auf 16.00 Uhr festgesetzt worden sei, das Tragen von Sonnenbrillen, Baseballkappen oder Kapuzen und das Mitführen von schwarz-weiß-roten Fahnen und das Marschieren im Gleichschritt untersagt worden sei, als ebenso rechtswidrig, wie ein vorgesehener Redebeitrag auf das Verlesen von Auflagen reduziert worden sei.

Soweit die Stadt Fulda hingegen z.B. das Tragen bestimmter Kleidungsstücke, bestimmter Symbole oder das Mitführen von Fackeln oder Trommeln untersagt habe, sei dies ebenfalls rechtmäßig. Gleiches gelte für das Verbot einer Glorifizierung des Naziregimes und das Verbot einer Verhöhnung der durch die Verbrechen des Naziregimes geschädigten Opfer. Zulässig sei auch, die Anzahl der erlaubten Fahnen auf 10 bis 15 zu beschränken, was den Eindruck der militanten Geschlossenheit ebenfalls entschärfe. Abgeschwächt werde eine mögliche Provo­ka­ti­o­ns­wirkung auch durch die räumliche Trennung der verschiedenen Veranstaltungen. Das Marschieren im Gleichschritt könne allerdings nicht verboten werden. Ein derartiges Verhalten gefährde weder die öffentliche Sicherheit noch die öffentliche Ordnung unmittelbar und sei daher nicht geeignet, eine Auflage im Sinne des § 15 Abs. 1 Versamm­lungs­gesetz zu rechtfertigen. Das geschlossene Marschieren in Blöcken, Zügen und das Marschieren im Gleichschritt gehörten zu den Eigenarten großer Demonstrationen und Umzüge. Es sei strafrechtlich nicht verwehrt und werde durch die Beklei­dungs­auflage und das Verbot der Benutzung von Trommeln weitestgehend entschärft.

Auch insoweit das Mitführen von schwarz-weiß-roten Fahnen untersagt werde, halte diese Anordnung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Selbst­ver­ständlich sei das Mitführen einer Reichs­kriegs­flagge in der nach 1935 verwendeten Fassung strafbar und versamm­lungs­rechtlich verboten. Doch gelte dies nicht generell für schwarz-weiß-rote Fahnen, da mit diesen ein ausschließ­licher Bezug zum verbre­che­rischen Naziregime des sog. Dritten Reiches nicht zwingend einhergehe. Generelle Redeverbote dürften auch nicht ausgesprochen werden, denn dies stelle nicht nur einen Eingriff in die Versammlungs-, sondern noch vielmehr einen Eingriff in die Meinungs­freiheit dar. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass es bei der vorgesehen Ansprache zu Straftaten kommen könnte.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 11/08 des VG Kassel vom 05.11.2008

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