14.11.2024
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Dokument-Nr. 4766

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Beschluss27.08.2007Verwaltungsgericht Kassel1 G 1005/07
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Verwaltungsgericht Kassel Beschluss27.08.2007

Kein Sonderurlaub für LandratGewährung nur bei Zwangslage

Das Verwal­tungs­gericht Kassel hat einen Eilantrag des Kreis­aus­schusses des Landkreises Waldeck-Frankenberg, der sich gegen eine Beanstan­dungs­ver­fügung des Regie­rungs­prä­sidiums Kassel richtete, abgelehnt. Mit dieser Verfügung hatte das Regie­rungs­prä­sidium als Aufsichts­behörde über die Landkreise beanstandet, dass der Kreisausschuss des Landkreises Waldeck-Frankenberg seinem Landrat Eichenlaub einen zwanzig­mo­natigen Sonderurlaub gewährt hatte und unter Androhung der Ersatzvornahme verlangt, dass die Urlaubs­ge­währung zurückgenommen werden müsse.

Das Verwal­tungs­gericht gab dem Regie­rungs­prä­sidium Recht. Die für die Urlaubs­ge­währung ins Feld geführten Gründe seinen nicht geeignet, die Entscheidung zu rechtfertigen. Urlaub sei bereits begrifflich nur die vorübergehende Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit und diene grundsätzlich nicht dazu, den Übergang in eine andere berufliche Tätigkeit zu ermöglichen. Gleiches gelte für Krank­heits­gründe oder Gründe der politischen Pattsituation. Der Gesetzgeber habe hierfür mit den beamten­recht­lichen Versor­gungs­re­ge­lungen und Abwahlverfahren spezielle Regelungen getroffen, die in solchen Situationen vorrangig zur Anwendung kommen sollten.

Sonderurlaub komme für solche Situationen nur höchst ausnahmsweise in Betracht, nämlich dann, wenn es sich um eine besondere Zwangslage handele. Eine besondere Zwangslage, die sich von anderen vor dem Ende ihrer Amtszeit stehenden kommunalen Wahlbeamten unterscheide, sei im Falle des Landrats Eichenlaub nicht zu erkennen. Es sei insbesondere nicht zu erkennen, inwieweit die beabsichtigte Tätigkeit des Landrats für die Wirtschaft­kammer im öster­rei­chischen Burgenland eine solche Ausnah­me­si­tuation rechtfertigen könne, zumal diese Tätigkeit unentgeltlich und weder zeitlich noch inhaltlich hinreichend konkretisiert ausgeübt werden solle. An der Übernahme einer solchen Tätigkeit bestehe auch keine erkennbares öffentliches Interesse des Landkreises Waldeck-Frankenberg. Es sei nicht ersichtlich, weshalb es dem Interesse des Landkreises besser dienen sollte, wenn der Landrat als Konsulent der Wirtschaft­kammer Burgenland anstatt als amtierender Landrat des Landkreises Waldeck-Frankenberg auftreten würde.

Der Umstand, dass dem Landkreis durch die Gewährung von Sonderurlaub kein finanzieller Schaden entstehe, sei ebenfalls ohne Bedeutung. Der Landrat werde von den Kreis­an­ge­hörigen auf 6 Jahre gewählt. Dass seine Aufgaben nach Gewährung eines zwanzig­mo­natigen Sonderurlaubs und damit bereits nach weniger als ¾ der Wahlzeit vom Ersten Kreis­bei­ge­ordneten wahrgenommen werden sollen, sei ersichtlich vom Gesetzgeber nicht gewollt. Dies wäre zwar billiger. Der Erste Kreis­bei­ge­ordnete dürfe den Landrat aber nur bei dessen unvermeidbarer Verhinderung vertreten, was hier nicht der Fall sei.

Einen den Sonderurlaub recht­fer­ti­genden Belang stelle auch nicht die Tatsache dar, dass der Landrat für seine politischen Vorhaben keine Mehrheiten im Landkreis finden könne. Für solche Fälle sehe das Gesetz das Abwahlverfahren vor, an das sehr hohe Anforderungen geknüpft seien. Daraus werde der Wille des Gesetzgebers ersichtlich, dass parla­men­ta­rische Schwierigkeiten eines Landrates nicht durch die Gewährung von Sonderurlaub gelöst werden könnten.

Auch eine Gesamt­be­trachtung der Situation des Landrates rechtfertige die Gewährung von Sonderurlaub nicht. Eine Anzahl im Einzelnen nicht schützenswerter Belange könnten auch in ihrer Summe nicht schützenswert sein. Außerdem wäre in eine solche Gesamt­be­trachtung auch das Interesse der kreis­an­ge­hörigen Wahlbürger einzubeziehen, die den Landrat für die Dauer der Wahlperiode von 6 Jahren gewählt hätten. Stelle man diesen Wählerwillen und damit demokratischen Grundsätze in die Gesamt­be­trachtung mit ein, verlören die für die Sonder­ur­laub­ge­währung herangezogenen Gründe noch weiter an Bedeutung.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 12/07 des VG Kassel vom 29.08.2007

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