03.12.2024
03.12.2024  
Sie sehen einen Schreibtisch mit verschiedenen Schreibutensilien, sowie einen Holzstempel auf einem Stempelkissen.

Dokument-Nr. 31688

Drucken
Urteil21.04.2022Verwaltungsgericht Göttingen10 LC 247/20
Vorausgegangene Verfahren:
  • Disziplinarverfahren: LG Göttingen, Urteil vom 06.05.2015 (6 Ks 4/13)
  • Strafverfahren: BGH, Urteil vom 28.06.2017 (5 StR 20/16)
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Göttingen Urteil21.04.2022

Universitäts­professor verliert Ruhegehalt im sog. Göttinger Organ­spen­des­kandalVG Göttingen erkennt Ruhegehalt wegen schwerem Dienstvergehen ab

Das Verwal­tungs­gericht Göttingen hat entschieden, dass einem früheren verbeamteten Professor und Chefarzt der Göttinger Univer­si­täts­medizin das Ruhegehalt aberkannt wird.

Der Beklagte war bis zu einem von der Klägerin im Juli 2012 ausgesprochenen Amtsfüh­rungs­verbot als Leiter der Abteilung für Gastro­en­te­rologie und Endokrinologie im Zentrum für Innere Medizin der Univer­si­täts­medizin Göttingen tätig. Die Klägerin machte im Diszi­pli­na­r­kla­ge­ver­fahren geltend, dass dieser eine der zentralen Figuren des sog. Göttinger Organ­spen­des­kandals und für diverse Manipulationen von Blutwerten verantwortlich gewesen sei. Eine weitere Beschäftigung des Beklagten, der während des Gerichts­ver­fahrens in den Ruhestand trat, habe daher aufgrund eines endgültig eingetretenen Vertrau­ens­verlusts nicht mehr zumutbar erfolgen können.

Chefarzt bestreitet Vorwürfe

Dagegen machte der Beklagte geltend, von etwaigen Blutwert-Manipulationen zur Steigerung der Chancen auf Erhalt eines Spenderorgans nichts gewusst zu haben, da für die entsprechenden Entscheidungen allein der seinerzeit angeklagte Operateur zuständig gewesen sei, der auch persönlich von den gesteigerten Trans­plan­ta­ti­o­ns­zahlen profitiert habe.

VG: Eigenhändiges Handeln nicht nachweisbar - aber Mitarbeiter in konkreten Fällen zu Manipulationen angewiesen

Dem ist das Verwal­tungs­gericht nicht gefolgt. Vielmehr ist es auch angesichts der Aussagen einiger bereits im Ermitt­lungs­ver­fahren gegen den Beklagten vernommener Zeugen zu der Überzeugung gelangt, dass der Beklagte im Zeitraum der Jahre 2009 bis einschließlich 2011 in mindestens elf Fällen für die Manipulation von Laborwerten verantwortlich gewesen sei, um den von seinen Patienten erreichten MELD-Score und damit die Chancen auf Zuteilung eines Spenderorgangs zu erhöhen. Auch wenn ihm kein eigenhändiges Handeln nachzuweisen sei, habe er jedenfalls seine Mitarbeiter in konkreten Fällen angewiesen, Manipulationen vorzunehmen und damit seine Führungs­po­sition missbraucht. Überdies habe der Beklagte für die Behandlung eines Trans­plan­ta­ti­o­ns­pa­tienten einen Geldbetrag in Höhe von 30.000 Euro ohne Berechtigung vereinnahmt, verschwiegen und erst auf späteren Vorhalt an die Klägerin abgeführt.

Endgültiger Vertrau­ens­verlust führt zur Aberkennung

Die Schwere des vorliegenden Dienstvergehens führe zu einem endgültigen Vertrau­ens­verlust, der bei Beamten im Ruhestand nach § 14 Abs. 2 Satz 2 NDiszG die Aberkennung des Ruhegehalts gebiete. Die Kammer teile die Bewertung der Klägerin, wonach das vorsätzliche Erschleichen von unberechtigten Organ­zu­wei­sungen die Grundlagen des ärztlichen Berufs erschüttere.

Fall bereits Gegenstand umfassender straf­recht­licher Ermittlungen

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die zugrun­de­lie­genden Umstände bereits Gegenstand umfassender straf­recht­licher Ermittlungen waren, die zunächst zur Aussetzung des gegen den Beklagten geführten Diszi­pli­na­r­ver­fahrens geführt hatten. Nach dem durch Urteil des Landgerichts Göttingen vom 06.05.2015 (6 Ks 4/13) erfolgten Freispruch des seinerzeit zunächst allein angeklagten Operateurs, bestätigt durch den Bundes­ge­richtshof mit Urteil vom 28.06.2017 (5 StR 20/16), waren auch die übrigen Strafverfahren eingestellt und das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wieder­auf­ge­nommen worden.

Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, ra-online (pm/cc)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil31688

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI