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Verwaltungsgericht Gießen Urteil07.04.2022

Oberbür­ger­meis­terwahl der Stadt Marburg 2021: Wahlmin­de­stalter von 18 Jahren rechtmäßigKlage des 17-Jährigen Klägers abgewiesen

Mit einem dieser Tage den Beteiligten zugestellten Urteil hat die 8. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Gießen die Klage eines am Wahltag noch minderjährigen Klägers gegen die Gültigkeit der Oberbür­ger­meis­terwahl der Stadt Marburg vom 14. und 28. März 2021 abgewiesen.

Der zum Zeitpunkt der Wahl 17-jährige Kläger hatte sich gegen die Gültigkeit der Wahl mit der Begründung gewandt, zu Unrecht aufgrund seines Alters von unter 18 Jahren hiervon ausgeschlossen worden zu sein. Da grundsätzlich alle Grundrechte auch Kindern und Jugendlichen zustünden, gelte dies auch für das aktive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen in Hessen, und zwar unabhängig vom Alter. Mit der Festsetzung des Wahlmin­de­st­alters von 18 Jahren entziehe der hessische Gesetzgeber Kindern und Jugendlichen das aktive Wahlrecht bei den Kommunalwahlen. Dieser Eingriff in die Allgemeinheit der Wahl erfolge rechtswidrig, da er verfas­sungs­rechtlich nicht zu rechtfertigen sei. Das im Grundgesetz verordnete Wahlmin­de­stalter von 18 Jahren beziehe sich nur auf Bundes­tags­wahlen und enthalte keine Vorgaben für Kommunalwahlen. Auch die Hessische Verfassung enthalte keine unmittelbare Schranke, da sie kein Wahlmin­de­stalter auf kommunaler Ebene vorschreibe. In anderen Ländern wie Thüringen und Baden-Württemberg sei die Absenkung des kommunalen Wahlmin­de­st­alters auf 16 Jahre durch den einfachen Gesetzgeber zugelassen worden.

Typisierte Betrachtung der Wahlreife ab 18 Jahren bewegt sich innerhalb des gesetz­ge­be­rischen Bewer­tungs­spielraums

Das Verwal­tungs­gericht ist der Argumentation des Klägers nicht gefolgt. Die hessische Regelung zum Wahlalter bei Kommunalwahlen verstößt nach Auffassung des Gerichts nicht gegen Verfas­sungsrecht. Es sei originäre Entscheidung des Gesetzgebers über die Wahlreife zu entscheiden und dessen Wertung, dass beim Vorliegen der Volljährigkeit allgemein die Gesellschaft den Menschen für reif genug halte, seine Lebens­ver­hältnisse eigen­ver­ant­wortlich und frei zu regeln, stelle auch für das Wahlrecht eine zulässige und typisierende Betrachtung dar. Auch wenn die Einschätzung zur Wahlreife nicht zwingend sei, bewege sich der Gesetzgeber hier in dem ihm zukommenden gesetz­ge­be­rischen Spielraum. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber seinen Bewer­tungs­spielraum verletzt haben könnte, bestünden nicht.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können binnen eines Monats nach Zustellung einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof in Kassel entscheidet.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen, ra-online (pm/cc)

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