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Verwaltungsgericht Gießen Urteil05.09.2008
Veränderungssperre, die Verhinderungsplanung dient, ist rechtswidrigStreit um Baugenehmigung zur Errichtung von Windenergieanlagen über 50 Meter
Das Verwaltungsgericht Gießen hat einer Klage teilweise stattgegeben, mit der die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung von Windenergieanlagen erstreiten wollte.
Die Klägerin möchte im Stadtteil Bruchenbrücken der Stadt Friedberg fünf Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 100 m, was einer Gesamthöhe mit Rotorblättern von 138 m entspricht, errichten. Die hierfür erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung beantragte sie im Dezember 2004. Die ins Auge gefasste Fläche ist derzeit noch als landwirtschaftliche Fläche im Flächennutzungsplan der Stadt Friedberg ausgewiesen. Nachdem zunächst vorgesehen war, den Flächennutzungsplan zu ändern und eine Vorrangzone für Windenergieanlagen dort auszuweisen, beschloss die Stadtverordnetenversammlung 2005 schließlich die Aufstellung eines Bebauungsplanes, der für diese Fläche ein Sondergebiet für Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe nur bis 50 m ausweisen soll. Gleichzeitig wurde eine Veränderungssperre beschlossen und mittlerweile auch verlängert. Eine Änderung des Flächennutzungsplans unterblieb.
Das Regierungspräsidium Darmstadt lehnte die beantragte Genehmigung ab, weil die Stadt Friedberg ihr Einvernehmen zu diesem Vorhaben versagt habe und zudem die beschlossene Veränderungssperre einer Genehmigung entgegenstehe.
Die Klägerin hält die Veränderungssperre für unwirksam, weil diese einer so genannten Verhinderungsplanung diene; Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 50 m seien wirtschaftlich nicht mehr zu betreiben.
Nach der ersten mündlichen Verhandlung am 21.12.2007 hatte das Verwaltungsgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 50 m am geplanten Standort wirtschaftlich betrieben werden können. Dieses Gutachten hat nun die Auffassung der Klägerin bestätigt, dass derartige Windenergieanlagen im Bereich des in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplanes wirtschaftlich nicht betrieben werden können. Das Gericht hat daher die Bauaufsichtsbehörde verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Baugenehmigung zu entscheiden. Diese dürfe jedenfalls nicht wegen fehlenden Einvernehmens der beigeladenen Stadt Friedberg oder dem Hinweis auf die Veränderungssperre versagt werden.
Denn letztere sei unwirksam, weil sie einer so genannten Verhinderungsplanung diene. Das Gericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Bebauungsplan nur dazu diene, das Vorhaben der Klägerin zu verhindern und nicht der Sicherung einer positiven Planung. Damit sei auch die Versagung des Einvernehmens rechtswidrig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.09.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Gießen vom 05.09.2008
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