15.11.2024
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Dokument-Nr. 6094

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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil18.04.2008

Dienstherr hat Fürsorgepflicht: Dienstherr muss unzureichende Beihilfe für stationären Heimaufenthalt aufstockenBeamte und ihre Familien fallen nicht in Sozialhilfe

Das Verwal­tungs­gericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass ein Beamter und seine Familien­an­ge­hörigen einen Anspruch auf Bewilligung weiterer Beihil­fe­leis­tungen gegenüber dem Dienstherrn haben, soweit die Bezüge - hier die Versor­gungs­bezüge - und die Leistungen der gesetzlichen Pflege­ver­si­cherung für einen stationären Pflege­heim­auf­enthalt einschließlich eines Minimums an Lebenskomfort nicht mehr ausreichen.

Die 90jährige Klägerin ist die Witwe eines 1968 verstorbenen Beamten der Besoldungsstufe A 13. Nach Eintritt ihrer Pflege­be­dürf­tigkeit (Pflegestufe II) im Jahre 2004 und der Aufnahme in einer stationären Pflege­ein­richtung reichten die von der Stadt Essen gezahlten Witwenbezüge und die nach Maßgabe der Beihil­fe­ver­ordnung gewährten Beihil­fe­leis­tungen zur Deckung der Kosten für das Pflegeheim nicht mehr aus. Die beklagte Stadt lehnte unter Hinweis auf die entsprechenden Regelungen in der Beihil­fe­ver­ordnung des Landes Nordrhein-Westfalen weitere Beihil­fe­leis­tungen ab.

Gericht: Ablehnung der begehrten Leistungen ist gravierende Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn

Das Gericht hat in der Entscheidung einen weitergehenden Anspruch der Klägerin auf Beihil­fe­leis­tungen gegenüber dem Dienstherrn bejaht und zur Begründung ausgeführt, dass die Ablehnung der begehrten Leistungen eine gravierende Verletzung des Wesenskerns der Fürsorgepflicht des Dienstherrn darstelle.

Dienstherr darf nicht auf Sozialhilfe verweisen

Dieser müsse im Rahmen des Fürsor­ge­er­messens, ggf. auch über eine Erhöhung des Beihil­fe­be­mes­sungs­satzes für Wohl und Wehe seiner Beamten einschließlich der Hinterbliebenen sorgen sowie Schaden abwenden, soweit der Beamte wie im Falle der Klägerin ohne Verschulden in eine unzumutbare Notsituation geraten sei. Die Kammer vertrete ebenso wie der 1. Senat des Oberver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nordrhein-Westfalen die Auffassung, dass der Beamte unter Berück­sich­tigung der verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben aus Art. 33 Abs. 5 des Grundgesetzes auch nicht auf die Inanspruchnahme von Sozialhilfe - hier in der Gestalt von Hilfe zur Pflege - verwiesen werden könne. Ebenso sei es nicht rechtens, den Beamten darauf zu verweisen, vorrangig sein Vermögen einzusetzen oder unter­halts­pflichtige Kinder in Anspruch zu nehmen. Maßstab sei vielmehr ein amtsan­ge­messener Unterhalt unter Berück­sich­tigung eines Minimums an Lebenskomfort und nicht ein Existenzminimum im Sinne der Sozialhilfe.

Im Hinblick auf den vorgegebenen Gestal­tungs­spielraum des Dienstherrn könne die beklagte Stadt allerdings nur dazu verpflichtet werden, den Beihilfeantrag der Klägerin unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Gelsenkirchen vom 06.05.2008

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