15.11.2024
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Dokument-Nr. 15821

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil03.05.2013

Universität Freiburg verweigert "Café Palestine" zu Unrecht die Nutzung eines HörsaalsMögliche einseitig propa­läs­ti­nen­sischen Meinung­s­äu­ße­rungen des Redners genügen nicht für Verweigerung einer Saalvergabe

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg hat entschieden, dass die Universität Freiburg dem Verein "Café Palestine" zu Unrecht die Nutzung eines Hörsaals für den Vortrag von Prof. Christophe Oberlin, Paris, zum Thema "Plastische Chirurgie in Gaza" verweigert hat.

Das Verwal­tungs­gericht entschied, dass das Ermessen, das der Universität bei Ausübung ihres Hausrechts zustehe, durch den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz und das Recht der Meinungsfreiheit beschränkt werde. Allerdings werde nicht jede Meinung geschützt. Das Recht der Meinungs­freiheit greife nicht ein, wenn "Verdrehungen" und "Verzeichnungen" von Tatsachen vorliegen oder allgemeine Gesetze oder das Recht der persönlichen Ehre verletzt werden.

Prognose einer voraussichtlich unzulässigen Meinung­s­äu­ßerung darf nicht nur auf Vermutungen beruhen

Wenn es sich nicht um die Bewertung einer bereits geäußerten Meinung, sondern um die Kontrolle einer erst beabsichtigten Meinung­s­äu­ßerung handle, also der Sache nach eine Vorzensur ausgeübt werde, seien an die Progno­se­be­ur­teilung und deren Begründung strenge Anforderungen zu stellen. Die Prognose einer voraussichtlich unzulässigen Meinung­s­äu­ßerung dürfe sich daher nicht lediglich auf Vermutungen stützen, sondern müsse auf nachprüfbaren Tatsachen gründen.

Gründe für Verweigerung des Hörsaals entspreche nicht Verwal­tungs­vor­schriften des Wissen­schafts­mi­nis­teriums

Diesen Maßstäben genüge die Entscheidung der Universität nicht. Die von ihr für die Verweigerung des Hörsaals genannte Begründung entspreche schon nicht den Verwal­tungs­vor­schriften des Wissen­schafts­mi­nis­teriums und ihren eigenen Verga­be­richt­linien. Danach dürften Univer­si­tätsräume nur für Veranstaltungen vergeben werden, bei denen kein konkreter Anlass für die Annahme bestehe, sie dienten rechtswidrigen oder verfas­sungs­widrigen Zielen oder es werde in ihrem Verlauf zu Verfassungs- oder Rechtsbruch aufgerufen werden. Im vorliegenden Fall habe die Universität aber angeführt, es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass "ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen" werden könne.

Anhaltspunkte für ein Abzielen auf Stimmungsmache und Hetze bei Veranstaltung nicht erkennbar

Es fehlten zudem nachprüfbare Tatsachen für die Annahme, es werde bei der Veranstaltung zu Verfassungs- oder Rechtsbruch aufgerufen und somit das Grundrecht auf Meinungs­freiheit missbraucht werden. Die Universität habe nur vorgebracht, der vorgesehene Vortragsredner sei Inter­ne­tein­trägen zufolge umstritten, stelle wohl die Situation im Gazastreifen in Schwarz-Weiß-Manier dar und habe dazu ein franzö­sisch­spra­chiges Buch verfasst, das der Universität aber nicht vorliege. Ersichtlich hätten der Universität auch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass die Veranstaltung auf Stimmungsmache und Hetze abziele. Eine zunächst erwogene Anfrage bei der Polizei­di­rektion, ob gegen den Vortragsredner etwas vorliege, habe die Universität dann doch nicht gestellt. Dass zu erwarten gewesen sei, dass es zu "unausgewogenen", einseitig propa­läs­ti­nen­sischen Meinung­s­äu­ße­rungen des Redners kommen werde, genüge schließlich nicht für eine Verweigerung einer Saalvergabe. Denn anders als etwa ein Rundfunkrat einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt habe die Universität bei privaten Veranstaltungen in ihren Räumen nicht die Pflicht, eine "Ausgewogenheit" der Meinung­s­äu­ße­rungen sicherzustellen. Vielmehr stelle eine Universität schon nach ihrem Selbst­ver­ständnis eine Stätte der geistigen Ausein­an­der­setzung und somit auch ein Forum für kritische und parteiliche Stellungnahmen dar.

In mündlicher Verhandlung vorgetragene weitere Gründe für Verweigerung des Hörsaals werden nicht berücksichtigt

Soweit die Universität in der mündlichen Verhandlung weitere Gründe für die Verweigerung des Hörsaals vorgetragen habe, könnten diese nicht berücksichtigt werden. Denn im Rahmen einer gerichtlichen Feststellung, ob die Entscheidung der Universität im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig war, könnten auch nur Gründe relevant sein, die sie bereits damals angeführt habe.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg/ra-online

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