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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil11.11.2008
Waldwege in Wehr müssen zurückgebaut werdenStadt muss 8000 Tonnen Aufschüttungsmaterial abtransportieren
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat im Streit zwischen der Klägerin, einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, die Eigentümerin mehrerer Waldgrundstücke auf der Gemarkung Öflingen/Stadt Wehr ist, und der Stadt Wehr (Beklagte) entschieden.
Hintergrund des Verfahrens ist, dass unter Beteiligung des Forstbediensteten der Stadt Wehr ungefähr ab Mitte 2003 auf der Gemarkung Öflingen ein Ausbau des Waldwegenetzes im Privatwald mit Abbruchmaterial durch ein privates Entsorgungsunternehmen erfolgte. Es waren auch Grundstücke der Klägerin betroffen. Im Sommer 2004 wurden die Baumaßnahmen - unter anderem nach Beschwerden von Bürgern - gestoppt. Die Klägerin will erreichen, dass das auf ihre Grundstücke aufgebrachte Abbruchmaterial wieder entfernt wird. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichem ausgeführt:
Die Klage sei nicht wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Selbst wenn (teilweise) die Bereitschaft des Entsorgungsunternehmens zur Entfernung des Abbruchmaterials bestehen sollte, entfalle dadurch nicht das Rechtsschutzinteresse der gegen die Beklagte gerichteten Klage. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Beklagte selbst den mit der Klage geltend gemachten Anspruch anerkennen sowie zusagen würde, dass sie für die Beseitigung des zum Wegebau aufgebrachten Materials sorgen wird, etwa indem sie - was auch aus Sicht des Gerichts gerade im Hinblick auf das Verursacherprinzip zumutbar erscheine - das Entsorgungsunternehmen mit den erforderlichen Arbeiten beauftrage. An einer solchen Zusage fehle es jedoch.
Die Klage sei auch begründet. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Beseitigungsanspruch zu. Der Anspruch richte sich gegen die Beklagte. Diese habe am 30.07.1999 mit dem - zum Rechtsstreit beigeladenen - Land Baden-Württemberg einen „Vertrag zur Übernahme von Aufgaben im Privatwald nach § 49 LWaldG“ geschlossen und ihren Forstbediensteten für die Beratung und Betreuung, die Mitwirkung bei der Forstaufsicht und Ausübung des Forstschutzes im Privatwald zur Verfügung gestellt. Ihr Forstbediensteter habe als Amtsträger der Beklagten damit zwar „auftragsweise“ Aufgaben des Landes wahrzunehmen, handele aber als Organ der Beklagten. Damit seien seine Handlungen auch der Beklagten zuzurechnen. Er habe die Wegebaumaßnahmen veranlasst. Dies folge sowohl aus dem Gesamtinhalt der vorliegenden Akten als auch aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Jedenfalls hinsichtlich der von der Klage betroffenen Grundstücke sei für einen Auftrag der Waldbesitzer an die Privatfirma nichts ersichtlich. Durch den Waldwegebau sei in das Eigentumsrecht der Klägerin eingegriffen worden. Sie könne den auf diesem Eingriff beruhenden Beseitigungsanspruch auch hinsichtlich der Grundstücke geltend machen, deren Eigentümerin sie erst nach den Baumaßnahmen geworden sei. Durch den Bau der Waldwege auf den Grundstücken der Klägerin sei ein rechtswidriger Zustand verursacht worden, der bis heute andauere. Die Baumaßnahmen seien nicht durch eine Einwilligung der Klägerin bzw. ihrer Rechtsvorgänger gedeckt. Auch lägen keine Verwaltungsakte vor, die die Grundstückseigentümer zur Duldung des Waldwegebaus hätten verpflichten können und eine Rechtsgrundlage für die hoheitliche Maßnahme darstellen könnten. Der Anspruch auf Folgenbeseitigung entfalle auch nicht etwa deshalb, weil die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes für die Beklagte unzumutbar wäre. Diese lege nicht konkret dar, dass die Beseitigung des Abbruchmaterials und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden seien. Das Interesse der Klägerin an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sei unabhängig davon, ob Schadstoffgrenzwerte eingehalten seien, anzuerkennen, weil der auf ihren Grundstücken erfolgte Waldwegebau nicht sachgerecht erfolgt sei. Der sich aus dem Landeswaldgesetz ergebenden Verpflichtung, Waldwege so anzulegen, dass unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte das Landschaftsbild, der Waldboden und der Naturhaushalt möglichst geschont werden, sei erkennbar nicht entsprochen worden. Das verwendete Abbruchmaterial sei jedenfalls zum Teil völlig unsortiert gewesen. So seien u.a. massive Betonplatten sowie nichtmineralische Stoffe wie z.B. Kunststofffolien, Elektrokabel, Transformatoren und Eisenschrott vorgefunden worden. An Metallen seien Aluminium, Zinkbleche, verchromtes Sanitärzubehör sowie mit Blei ummantelte Elektrorohre (sog. Panzerrohre) festgestellt worden. Darüber hinaus seien bei den Untersuchungen Schadstoffmengen festgestellt worden, die die allgemein anerkannten Grenzwerte überschritten. Sei nach alledem festzustellen, dass für den Wegebau Abbruchmaterial verwendet worden sei, welches zumindest zum Teil im Hinblick auf Zusammensetzung und Schadstoffhaltigkeit für den Waldwegebau zweifellos ungeeignet gewesen sei, sei von einer abstrakten Gefahr für Umwelt und Mensch auszugehen. So bestehe etwa eine Verletzungsgefahr, wenn herausragende Eisenteile z.B. durch Regen frei gespült würden. Auch die Befürchtung der Klägerin, es könnten Schadstoffe ins Grundwasser geleitet werden, sei nicht von der Hand zu weisen. Schließlich sei eine zuverlässige Abschätzung der Gefahren nicht möglich, da das verwendete Material nicht vollständig untersucht werden könne und die bislang durchgeführten Untersuchungen unterschiedliche Ergebnisse erbracht hätten. Vor diesem Hintergrund erscheine das Interesse der Klägerin an der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes nachvollziehbar. Bei der Umsetzung des klägerischen Anspruchs werde allerdings darauf zu achten sein, dass durch den Rückbau nicht die Zufahrten zu anderen Grundstücken unterbrochen würden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.12.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 21.11.2008
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