Dokument-Nr. 2603
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Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss01.06.2006
Keine Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnis nach FüherscheinentzugNach alkoholbedingtem Entzug der Fahrerlaubnis kein Ersatz durch im Ausland erworbenen Führerschein
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Fahrerlaubnisentzug durch das Landratsamt Rottweil abgelehnt.
Das Landratsamt hatte dem deutschen Antragsteller seine in Polen erworbene Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen und die Vorlage des Führerscheins zwecks Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit im Inland angeordnet. Seine deutsche Fahrerlaubnis war ihm zuvor Anfang 2005 vom Amtsgericht Rottweil wegen Fahrens mit 2,32 Promille Blutalkoholgehalt entzogen worden. Nach Ablauf der verhängten Wiedererteilungssperre hatte er im Oktober 2005 in Polen eine Fahrerlaubnis erworben, ohne dort eine neue medizinische Eignungsüberprüfung zu absolvieren und ohne dort je seinen Wohnsitz zu haben. Ein daher wegen Zweifeln an der Fahreignung gefordertes Medizinisch-Psychologisches Eignungsgutachten hatte er dem Landratsamt nicht vorgelegt. Vielmehr hatte er sich auf den Standpunkt gestellt, Eignungszweifel dürfe das Landratsamt nicht geltend machen, denn nach der EU-Führerscheinrichtlinie sei seine polnische Fahrerlaubnis vorbehaltlos anzuerkennen.
Das Verwaltungsgericht entschied, nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Führerscheinrichtlinie gelte zwar der Grundsatz der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen; Eignungszweifel dürften danach von deutschen Behörden nur aufgrund von Umständen geäußert werden, die nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis entstanden seien. Diese Entscheidung zwinge aber die deutschen Verkehrsbehörden nicht dazu, auch in offenkundigen Missbrauchsfällen von alkoholgefährdeten Führerscheintouristen durch Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis sehenden Auges schwere Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer hinzunehmen. Bei Unkenntnis der ausländischen Verkehrsbehörde vom Alkoholproblem und vom früheren Fahrerlaubnisentzug enthalte die Fahrerlaubniserteilung gerade nicht die Aussage, der Inhaber sei „trotz des früheren Eignungsmangels jetzt wieder fahrtauglich“. Das Prinzip der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen solle auch nur die Niederlassungsfreiheit erleichtern, nicht aber Fälle privilegieren, in denen eine Wohnsitznahme im anderen EU-Staat gar nie stattgefunden habe. Alkoholbedingte Fahruntauglichkeit wirke zudem typischerweise auch nach Ablauf einer Wiedererteilungssperre fort und begründe daher bei fehlender Therapie weiterhin Eignungszweifel.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 31.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 20.06.2006
der Leitsatz
Art. 8 Abs.2 der Richtlinie 91/439/EWG ist trotz des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen (Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG) nicht so eng auszulegen, dass es der nationalen Fahrerlaubnisbehörde verwehrt wird, dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis diese wegen Nichtbeibringung einer MPU zu entziehen, wenn sich dieser offensichtlich rechtsmissbräuchlich auf eine durch diese Fahrerlaubnis angeblich dokumentierte Fahreignung beruft, obwohl er offenkundig keinen ordentlichen Wohnsitz im Ausland hatte (Führerscheintourismus) und ihm die ausländische Fahrerlaubnisbehörde offenkundig in Unkenntnis seiner massiven Alkoholproblematik und des deshalb vorangegangenen Entzugs seiner deutschen Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis ohne eigene medizinisch psychologische Fahreignungsprüfung erteilt hat.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Halbritter (Beschluss vom 06. April 2006 - C 227/05) ist nicht so zu verstehen, dass die Richtlinie auch in einem solchen Fall der nationalen Fahrerlaubnisbehörde ein solches Vorgehen zum Schutz vor eklatanten Verkehrsgefahren verwehrt.
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