15.11.2024
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Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss01.06.2006

Keine Anerkennung ausländischer Fahrerlaubnis nach Füher­schei­n­entzugNach alkohol­be­dingtem Entzug der Fahrerlaubnis kein Ersatz durch im Ausland erworbenen Führerschein

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg hat einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Fahrer­laub­nis­entzug durch das Landratsamt Rottweil abgelehnt.

Das Landratsamt hatte dem deutschen Antragsteller seine in Polen erworbene Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung entzogen und die Vorlage des Führerscheins zwecks Eintrag eines Vermerks über die Ungültigkeit im Inland angeordnet. Seine deutsche Fahrerlaubnis war ihm zuvor Anfang 2005 vom Amtsgericht Rottweil wegen Fahrens mit 2,32 Promille Bluta­l­ko­hol­gehalt entzogen worden. Nach Ablauf der verhängten Wieder­er­tei­lungs­sperre hatte er im Oktober 2005 in Polen eine Fahrerlaubnis erworben, ohne dort eine neue medizinische Eignungs­über­prüfung zu absolvieren und ohne dort je seinen Wohnsitz zu haben. Ein daher wegen Zweifeln an der Fahreignung gefordertes Medizinisch-Psychologisches Eignungs­gut­achten hatte er dem Landratsamt nicht vorgelegt. Vielmehr hatte er sich auf den Standpunkt gestellt, Eignungszweifel dürfe das Landratsamt nicht geltend machen, denn nach der EU-Führer­schein­richtlinie sei seine polnische Fahrerlaubnis vorbehaltlos anzuerkennen.

Das Verwal­tungs­gericht entschied, nach der jüngsten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur EU-Führer­schein­richtlinie gelte zwar der Grundsatz der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen; Eignungszweifel dürften danach von deutschen Behörden nur aufgrund von Umständen geäußert werden, die nach der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis entstanden seien. Diese Entscheidung zwinge aber die deutschen Verkehrs­be­hörden nicht dazu, auch in offenkundigen Missbrauchs­fällen von alkohol­ge­fährdeten Führer­schein­tou­risten durch Anerkennung der ausländischen Fahrerlaubnis sehenden Auges schwere Gefahren für Leib und Leben der Verkehrs­teil­nehmer hinzunehmen. Bei Unkenntnis der ausländischen Verkehrsbehörde vom Alkoholproblem und vom früheren Fahrerlaubnisentzug enthalte die Fahrer­laub­ni­s­er­teilung gerade nicht die Aussage, der Inhaber sei „trotz des früheren Eignungsmangels jetzt wieder fahrtauglich“. Das Prinzip der wechselseitigen Anerkennung von Führerscheinen solle auch nur die Nieder­las­sungs­freiheit erleichtern, nicht aber Fälle privilegieren, in denen eine Wohnsitznahme im anderen EU-Staat gar nie stattgefunden habe. Alkoholbedingte Fahrun­taug­lichkeit wirke zudem typischerweise auch nach Ablauf einer Wieder­er­tei­lungs­sperre fort und begründe daher bei fehlender Therapie weiterhin Eignungszweifel.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 20.06.2006

der Leitsatz

Art. 8 Abs.2 der Richtlinie 91/439/EWG ist trotz des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung von Fahrer­laub­nissen (Art. 1 Abs. 2 Richtlinie 91/439/EWG) nicht so eng auszulegen, dass es der nationalen Fahrer­laub­nis­behörde verwehrt wird, dem Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis diese wegen Nicht­bei­bringung einer MPU zu entziehen, wenn sich dieser offensichtlich rechts­miss­bräuchlich auf eine durch diese Fahrerlaubnis angeblich dokumentierte Fahreignung beruft, obwohl er offenkundig keinen ordentlichen Wohnsitz im Ausland hatte (Führer­schein­tou­rismus) und ihm die ausländische Fahrer­laub­nis­behörde offenkundig in Unkenntnis seiner massiven Alkohol­pro­blematik und des deshalb vorangegangenen Entzugs seiner deutschen Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnis ohne eigene medizinisch psychologische Fahreig­nungs­prüfung erteilt hat.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Halbritter (Beschluss vom 06. April 2006 - C 227/05) ist nicht so zu verstehen, dass die Richtlinie auch in einem solchen Fall der nationalen Fahrer­laub­nis­behörde ein solches Vorgehen zum Schutz vor eklatanten Verkehrs­ge­fahren verwehrt.

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