21.11.2024
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Dokument-Nr. 5399

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Urteil15.11.2007Verwaltungsgericht Freiburg1 K 361/07, 1 K 988/07, 1 K 1146/07, 1 K 1154/07
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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil15.11.2007

Baden-Württemberg: Studien­ge­büh­ren­be­freiung für Hochbegabte: Universität muss neu entscheiden

Mit vier Urteilen hat das Verwal­tungs­gericht Freiburg Klagen von Studierenden gegen die Universität Freiburg stattgegeben. Umstritten war die Auslegung einer Vorschrift des Landes­hoch­schul­ge­büh­ren­ge­setzes, wonach die Hochschulen Studierende, die „weit überdurch­schnittlich begabt“ sind oder „herausragende Leistungen im Studium“ erbringen, von der Studien­ge­büh­ren­pflicht befreien „können“.

Die Universität meinte, diese Vorschrift stelle es in ihr rein hochschul­po­li­tisches, rechtlich völlig ungebundenes Ermessen, Studierende unter diesen Voraussetzungen zu befreien oder eben nicht zu befreien. Soweit sie in ihrer Praxis von dieser Befrei­ungs­mög­lichkeit Gebrauch mache, stehe ihr außerdem eine Wahlfreiheit zu, nur im Falle „weit überdurch­schnitt­licher Begabung“ eine Befreiung zu gewähren, hingegen im Fall „herausragender Leistungen im Studium“ keine Befreiung zu gewähren, da dieser Befrei­ung­s­tat­bestand für sie nur mit unvertretbarem Verwal­tungs­aufwand feststellbar sei. Nach ihren Kriterien konnte ein Studierender eine „weit überdurch­schnittliche Begabung“ nur durch den Bezug eines Stipendiums eines anerkannten Förde­rungs­werkes oder aber durch die Vorlage eines Intel­li­genz­tes­t­er­geb­nisses von 130 oder mehr Punkten nachweisen. Die Anträge der Kläger auf Befreiung von der Studiengebühr lehnte sie ab, da diese eine „weit überdurch­schnittliche Begabung“ weder durch ein Stipendium noch durch einen Intelligenztest nachgewiesen hätten. Die Kläger beriefen sich demgegenüber mit ihren Klagen unter anderem auf ein 1,-Abitur bzw. auf ein 1,-Vordiplom in Physik bzw. auf besondere Leistungen in der ersten juristischen Staatsprüfung (Univer­si­täts­prüfung im Schwerpunktfach mit 14,5 Punkten bzw. Staatsexamen mit Platzziffer 18 von 329).

In einem Fall verpflichtete das Verwal­tungs­gericht die Universität, dem Kläger aus Gründen der Gleich­be­handlung eine Studien­ge­büh­ren­be­freiung zu gewähren. Dieser sei noch nach Beginn des Sommersmesters 2007 von der Studienstiftung des deutschen Volkes als Stipendiat aufgenommen worden und habe damit die von der Universität selbst aufgestellte Voraussetzung nachgewiesen, unter der sie andere Studierende in ihrer Verwal­tung­s­praxis von der Gebühr befreit habe (1 K 1154/07).

In den anderen drei Fällen verpflichtete das Gericht die Universität, über die bisher abgelehnten Anträge der Kläger auf Studien­ge­büh­ren­be­freiung für das Sommersemester 2007 erneut zu entscheiden und dabei die Rechts­auf­fassung des Gerichts zu beachten (1 K 361/07, 1 K 988/07, 1 K 1146/07, 1 K 1154/07).

Das Gericht führte dazu aus: Das Landes­hoch­schul­ge­büh­ren­gesetz eröffnet den Hochschulen hinsichtlich der Gebüh­ren­be­freiung kein reines hochschul­po­li­tisches, rechtlich völlig ungebundenes Ermessen. Vielmehr hat die Universität im Grundsatz Studien­ge­büh­ren­be­freiungen zu gewähren, wenn „herausragende Leistungen im Studium“ vorliegen oder - wenn zu Beginn des Studiums solche herausragenden Leistungen naturgemäß noch nicht feststellbar vorliegen können - bei Vorliegen einer „weit überdurch­schnitt­lichen Begabung“ des Studierenden. Nur diese Auslegung vermeidet das sinnlose Ergebnis, dass ein Studierender durch eine Studien­ge­büh­ren­be­freiung auch noch in höheren Semestern gefördert wird, der zwar zu Beginn des Studiums etwa durch schulische Leistungen oder eventuell auch einen IQ-Test eine „weit überdurch­schnittliche Begabung“ vorweisen, diese Begabung aber nicht im weiteren Verlauf des Studiums mit herausragenden Studien­leis­tungen umsetzen konnte.

Die Ablehnung der Befrei­ungs­anträge der in höheren Semestern studierenden Kläger mit der Begründung, sie hätten keine „weit überdurch­schnittliche Begabung“ durch ein Stipendium eines anerkannten Förderungswerks oder einen IQ-Test nachgewiesen, ist daher rechtswidrig. Die Universität hat über die Befrei­ungs­anträge der Kläger erneut zu entscheiden und die bislang rechtswidrig unterlassene Prüfung anzustellen, ob sie wegen „herausragender Leistungen im Studium“ von der Studiengebühr zu befreien sind.

Dabei steht ihr hinsichtlich der Festlegung der Kriterien für die Erfüllung dieses unbestimmten Tatbe­stands­merkmals ein sehr weiter, gerichtlich nur eingeschränkt kontrol­lierbarer Beurtei­lungs­spielraum zu, der seine Grenze allerdings in der Beachtung des Gleich­heits­grund­satzes aus Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes findet. Es kann offenbleiben, ob der Nachweis „herausragender Leistungen im Studium“ durch Verweis auf den Bezug eines Stipendiums eines anerkannten Förde­rungs­werkes erbracht werden kann. Jedenfalls würde es den Gleichheitssatz verletzen, einzig diesen Nachweis zuzulassen und damit Studierende von einer Studien­ge­büh­ren­be­freiung auszuschließen, die zwar kein Stipendium vorweisen, aber ihre herausragenden Leistungen im Studium anderweit nachweisen können. Es darf nämlich einem Studierendem nicht zum Nachteil gereichen, wenn er eine Förderung durch ein sozial, konfessionell oder parteipolitisch orientiertes Förderungswerk aus grundsätzlichen Erwägungen oder mangels Angewiesenheit darauf gar nicht erst beantragt hat oder wenn er die von diesen Förde­rungs­werken zusätzlich geforderten musischen, sozialen oder kulturellen Zusatz­qua­li­fi­ka­tionen nicht aufweist oder gar nicht erst für eine Förderung vorgeschlagen worden ist.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 07.01.2008

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