18.10.2024
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Dokument-Nr. 5485

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil05.12.2007

Rücknahme der Einbürgerung bei Verdacht der Unterstützung des "Kalifatstaats" zulässigStrafverfahren arglistig verschwiegen

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg hat die Klage eines ursprünglich türkischen Staats­an­ge­hörigen gegen die Rücknahme seiner Einbürgerung als Deutscher durch das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis abgewiesen.

Der Kläger hält sich seit 1980 mit seiner Familie legal in Deutschland auf und hatte im September 2002 beim Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis seine Einbürgerung als Deutscher beantragt. Dabei hatte er schriftlich erklärt, dass er keine gegen die freiheitliche-demokratische Grundordnung gerichteten Bestrebungen verfolge oder unterstütze. Mit einem Merkblatt hatte ihn die Behörde darauf hingewiesen, er müsse ihr bis zur endgültigen Entscheidung über seinen Antrag auch nachträgliche Veränderungen, insbesondere auch die spätere Einleitung eines straf­recht­lichen Ermitt­lungs­ver­fahrens anzeigen.

Von Anfang 2000 bis Ende 2003 verkehrte er in der „Muslim Gemeinde Blumberg“, einer wegen ihrer Beziehung zu der verbotenen Organisation „Kalifatstaat“ gleichfalls schon seit 2001 verbotenen Vereinigung. Bei einer Wohnungs­durch­suchung im Dezember 2003 wurden bei ihm umfangreiches Propa­gan­da­ma­terial und Publikationen sowie Symbole (Wimpel) des verbotenen „Kalifatstaats“ sichergestellt. Anschließend wurde ein straf­recht­liches Ermitt­lungs­ver­fahren wegen Unterstützung einer verbotenen Vereinigung gegen ihn eingeleitet, was er dem Landratsamt aber nicht mitteilte. Nach seiner Entlassung aus der türkischen Staats­an­ge­hö­rigkeit bürgerte ihn das Landratsamt schließlich im Februar 2005 ein. Das strafrechtliche Ermitt­lungs­ver­fahren wurde im März 2005 eingestellt, weil zwar der Straftatbestand erfüllt war, aber im Hinblick auf das nur geringe Maß der nachweisbaren Aktivitäten wegen Geringfügigkeit der Schuld auf eine Bestrafung verzichtet werden konnte.

Nach Anhörung des Klägers zu seiner Beziehung zum „Kalifatstaat“ nahm das Landratsamt im Januar 2006 die Einbürgerung des Klägers zurück. Dagegen klagte er beim Verwal­tungs­gericht, das seine Klage abwies und dazu im Wesentlichen ausführte:

Der Besitz von Publikationen und Symbolen des verbotenen „Kalifatstaats“ sowie das mindestens dreijährige Verkehren in einer ebenfalls verbotenen Teilor­ga­ni­sation begründe auch ohne formale Mitgliedschaft den einer Einbürgerung entge­gen­ste­henden konkreten Verdacht der Unterstützung von Bestrebungen gegen die freiheitliche-demokratische Grundordnung. Die daher zu Unrecht erteilte Einbürgerung habe das Landratsamt zu Recht zurückgenommen. Es sei zwar dem Kläger nicht nachzuweisen, dass er im Einbür­ge­rungs­ver­fahren unwahre Angaben gemacht habe, zumal er nicht zum „Kalifatstaat“ befragt worden sei. Auch dass es sich bei der im September 2002 abgegebenen Loyali­täts­er­klärung um ein bewusstes bloßes Lippen­be­kenntnis gehandelt habe, sei nicht nachzuweisen. Seine Angabe, es liege kein Ermitt­lungs­ver­fahren gegen ihn vor, sei damals im September 2002 auch noch zutreffend gewesen.

Der Kläger habe aber der Behörde vor Aushändigung der Einbür­ge­rungs­urkunde arglistig verschwiegen, dass im Dezember 2003 gegen ihn ein straf­recht­liches Ermitt­lungs­ver­fahren eingeleitet worden sei. Spätstens seit der Wohnungs­durch­suchung und dem Ermitt­lungs­ver­fahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer verbotenen Vereinigung sei ihm bewusst gewesen, dass dies für das noch laufende Einbür­ge­rungs­ver­fahren relevant und anzei­ge­pflichtig sei. Dass das Ermitt­lungs­ver­fahren wegen geringer Schuld eingestellt worden sei, sei unerheblich, weil dies erst nach der Einbürgerung geschehen sei. Die behauptete Arglosigkeit des Klägers sei ihm nicht abzunehmen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 23.01.2008

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