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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil29.07.2008
Klage dreier Frankfurter Bürger gegen die Ausstellungshalle "Portikus" auf der Maininsel abgewiesenNachbarn steht kein Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben zu
Die beklagte Stadt Frankfurt am Main erteilte der beigeladenen Grundstücksgesellschaft „Portikus“ GbR die Baugenehmigung für den Neubau einer Ausstellungshalle „Portikus“ auf der Maininsel bei der Alten Brücke in Frankfurt am Main. Das Grundstück liegt auf dem westlichen Teil der Maininsel direkt an der Alten Brücke. Die Kläger sind Mieter auf Grundstücken der Beklagten und wohnen nördlich und südlich des Mains in der Löherstraße und der Fahrgasse. Sie legten gegen die oben genannten Baugenehmigungen Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheiden vom 18. und 22.11.2005 wies das Regierungspräsidium Darmstadt diese Widersprüche zurück. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass die Mieter als nur obligatorisch Berechtigte nicht in eigenen Rechten verletzt seien. Am 23.12.2005 haben die Kläger Klage erhoben.
Sie sind der Ansicht, dass das Bauvorhaben der gültigen Beschlusslage des Stadtparlaments widerspreche, es widerspreche zudem der Festlegung im Flächennutzungsplan und liege im nicht bebaubaren Überschwemmungsgebiet. Es kollidiere mit der ökologischen Funktion der Maininsel als Zugvogel- und Wasservogel-Refugium. Der „Portikus-Ersatzbau“ sei auf Initiative einer anonym gebliebenen „Gruppe von Kulturschaffenden“ errichtet. Die Maininsel sei auch für das Bauvorhaben ungeeignet, da sie Überschwemmungsgebiet und noch dazu strukturell instabil sei.
Es sei unter wasserrechtlichen Gesichtspunkten nicht genehmigbar und widerspreche § 35 Abs. 3 BauGB. Auch fehle die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung, weil eine wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seines Ufers vorliege.
Außerdem liege eine Verletzung des Rechts der Kläger auf Gesundheit vor, weil aufgrund der nicht realisierten PKW-Abstellplätze sowie des erhöhten Verkehrsaufkommens ihre Wohnruhe gestört sei. Auch lägen Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften und gegen das UmweltRechtsbehelfsgesetz vor.
Die für baurechtliche Verfahren aus der Stadt Frankfurt am Main zuständige 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Klage sei zwar entgegen der Auffassung der beklagten Stadt Frankfurt am Main zulässig, da vorliegend nicht ausgeschlossen werden könne, dass insbesondere das Grundrecht der Kläger auf Gesundheit verletzt sein könnte. Die Klage sei aber unbegründet, denn den Klägern stehe kein Abwehrrecht gegen das Bauvorhaben zu. Soweit ein Verstoß gegen den Flächennutzungsplan gerügt werde, könnten sich die Kläger hierauf nicht berufen, weil die einschlägige Vorschrift des § 35 Abs. 3 BauGB zweifelsohne keinen nachbarschützenden Charakter aufweise. Soweit sich die Kläger durch die verschärfte Verkehrssituation in ihrem Grundrecht auf Gesundheit beeinträchtigt fühlten, hätten sie dieses Vorbringen nicht mit Tatsachen untermauern können. Das streitgegenständliche Ausstellungshaus „Portikus“ sei im Mai 2006 eröffnet worden.
Es hätte deshalb nicht nur nahegelegen, sondern wäre zwingend erforderlich gewesen, dass die Kläger ihre 2-jährigen Erfahrungen mit dem Ausstellungsbetrieb und den etwaig daraus resultierenden Verkehrsbelastungen in das Klageverfahren eingebracht hätten. Dies sei aber nicht geschehen. Dem Erfolg der Klage stünde weiterhin entgegen, dass die Kläger keine dinglich Berechtigten, sondern nur Mieter seien und dass im Hinblick auf die Grundstücksbezogenheit baurechtlicher Regelungen davon auszugehen sei, dass der Begriff des Nachbarn nur den Grundstückseigentümer oder die Inhaber eigentumsähnlicher Rechtspositionen wie Erbbauberechtigte und Nießbrauchsberechtigte umfasse. Insbesondere Mieter und Pächter hätten in Bezug auf die einer anderen Person erteilte Baugenehmigung keine Abwehrrechte. Dies sei etwa bezüglich des Vorbringens der Kläger: Widerspruch gegen die gültige Beschlusslage des Stadtparlaments, Verstöße gegen naturschutzrechtliche Vorschriften und die Vorschriften des Hessischen Wassergesetzes festzustellen. Soweit die Kläger rügen, dass das Gericht nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden sei und von daher objektive Verstöße zu ahnden seien, gelte, dass diese Verfassungsbestimmung durch Gesetze und deren Auslegung durch Gerichte konkretisiert werde. Die Konkretisierung bestünde vorliegend darin, dass im Baurechtsnachbarstreit nur Normen mit drittschützendem Charakter vom Gericht zu überprüfen seien.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/08 des VG Frankfurt am Main vom 29.07.2008
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