21.11.2024
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Dokument-Nr. 30512

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil24.06.2021

Bundesanstalt für Finanz­dienstleistungs­aufsicht durfte Negativzinsen nicht untersagenGenerelle Klärung durch die BaFin geboten

Das VG Frankfurt hat eine Untersagungs­verfügung der BaFin aufgehoben.

Die BaFin hatte gestützt auf § 4 Abs. 1 a S. 2 des Finanz­dienst­leis­tungs­auf­sichts­ge­setzes (FinDAG) der Klägerin –einer Bank, deren geschäftlicher Schwerpunkt auf der Vermittlung von Wertpa­pier­ge­schäften als „online- Broker“ liegt, untersagt, Negativzinsen auf „Cash-Konten“ bei ihren Bestandkunden zu erheben. Die Geschäfte werden so abgewickelt, dass die Kunden zunächst auf für sie von der Klägerin eingerichteten Geld- bzw. „Cash“ Konten Gelder zu dem Zweck der Wertpapierkäufe einzahlen. Im Fall von Wertpa­pier­ver­käufen wird der Erlös durch die Klägerin auf das Cash-Konto gebucht. Anderweitiger Zahlungsverkehr findet über diese Konten nicht statt. Die Klägerin teilte im März 2017 ihren etwa 180.000 Bestandskunden mit, dass sie sich gezwungen sehe, ab dem 15.03.2017 Negativzinsen von derzeit ,4 % p.a. zu berechnen.

BaFin erließ Unter­sa­gungs­ver­fügung

Daraufhin erließ die Beklagte die hier angefochtene Verfügung. Sie stützt diese auf die Vorschrift des § 4 Abs. 1 a S. 2 FinDAG. Danach wird sie ermächtigt, Anordnungen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um verbrau­cher­schutz­re­levante Missstände zu beseitigen, wenn eine generelle Klärung im Interesse des Verbrau­cher­schutzes geboten erscheint.

VG: Generelle Klärung durch BaFin war nicht geboten

Die gegen diese Verfügung erhobene Klage war nun erfolgreich. Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Das Gericht hat zu dem durch Art. 1 Nr. 1 des Klein­an­le­ger­schutz­ge­setzes vom 03.07.2015 ins Gesetz aufgenommenen § 4 Abs. 1 a FinDAG festgestellt, dass diese Norm der BaFin eine eigenständige Befugnis gebe, um Belange des Verbrau­cher­schutzes aufsichts­rechtlich durchzusetzen. Die Kammer hat jedoch die zwingende gesetzliche Voraussetzung für ein aufsichts­be­hörd­liches Einschreiten, dass nämlich eine generelle Klärung durch sie im Sinne des Verbrau­cher­schutzes geboten erscheinen muss, verneint. Die den Handlungs­bereich der BaFin einschränkende Regelung des § 4 Abs. 1a S.2 FinDAG werde nicht allein durch die Feststellung eines Missstandes erfüllt.

Bereits mehrere Verfahren bei Gerichten gegen Negativzinsen anhängig

Das Gericht geht davon aus, dass verbrau­cher­schutz­re­levante Fragen traditionsgemäß vorrangig vor den Zivilgerichten im ordentlichen Rechtsweg abgehandelt werden, und die Beklagte nur dann aufsichts­rechtlich agieren darf, wenn gerade eine generelle Klärung durch die BaFin geboten erscheine. Dies sei nur dann anzunehmen, wenn nicht schon im ordentlichen Rechtsweg den Belangen des Verbrau­cher­schutzes in hinreichender Weise genüge getan werde. Da im vorliegenden Fall bereits mehrere Verfahren im Hinblick auf die Erhebung von Negativzinsen und die Änderungen der Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen (AGB) der Banken und Sparkassen vor den Obergerichten und dem Bundes­ge­richtshof anhängig waren und sich der Bundes­ge­richtshof darüber hinaus im April 2021 in mehreren Entscheidungen zur Wirksamkeit der Änderungen der AGB der Banken und Sparkassen geäußert hat, sei ein aufsichts­be­hörd­liches Handeln der Beklagte nicht mehr geboten gewesen.

Einschreiten der BaFin nur subsidiär

Der Gesetzgeber habe in der Begründung zu § 4 Abs. 1 a FinDAG zum Ausdruck gebracht, dass verbrau­cher­schutz­re­levante Umstände zunächst vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit aufgrund ihrer Sachnähe abzuhandeln seien und ein Einschreiten der Beklagten nur subsidiär sei. Erst dann, wenn aufgrund vorangegangener höchst­rich­ter­licher Entscheidungen zur Frage der Wirksamkeit vertraglicher Änderungen bei der Festlegung von Negativzinsen auf der Grundlage der AGB der Banken und Sparkassen die einzelnen Banken den Handlungs­pflichten nicht nachkämen, könne darin ein Missstand im Sinne des § 4 Abs. 1 a S. 2, S. 3 FinDAG vorliegen, der eine generelle Klärung durch die BaFin geboten erscheinen lasse. Dies konnte im vorliegenden Fall jedoch nicht angenommen werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)

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